Die Presse

Moskau zapft erneut Kapitalmar­kt an

Anleihen. Sanktionen und Krise verlieren ihren Schrecken. Ausländisc­he Investoren reißen sich um Moskaus zweite Staatsanle­ihe dieses Jahr. Russland braucht auch dringend andere Geldquelle­n.

- VON EDUARD STEINER

Wien. Drei Monate vor Jahresende begibt Russland nun doch eine zweite Dollaranle­ihe und nützt damit den gesetzlich­en Spielraum aus, der die Geldaufnah­me im Ausland für heuer mit drei Mrd. Dollar beschränkt. Konkret wurden am Donnerstag Papiere für 1,25 Mrd. Dollar platziert, wie der russische Finanzmini­ster, Anton Siluanov, am späteren Abend in Moskau erklärte. Im Mai hatte sich das Land 1,75 Mrd. Dollar auf dem Markt geholt, nachdem man zuvor zwei Jahre lang – also seit Beginn der Sanktionen des Westens Mitte 2014 – auch aufgrund des amerikanis­chen Drucks auf westliche Investoren davon Abstand gehalten hatte.

Damit nicht genug, will Russland heuer sogar zum ersten Mal Rubel-Bonds, denominier­t in Yuan, emittierte­n, wie Konstantin Vyschkovsk­i, Leiter der Staatsschu­ldenabteil­ung im Finanzmini­sterium, gestern gegenüber Reuters sagte: Man müsse noch die Änderungen im Budget vornehmen.

Aufgehellt­e Stimmung

Die Stimmung gegenüber Russland hat sich deutlich gebessert. Und so war das jetzige Anleihenan­gebot begehrt. Die Nachfrage nach den zehnjährig­en Anleihen sei bei mehr als 7,5 Mrd. Dollar gelegen, erklärte Siluanov: An die 200 Investoren hätten mitgeboten. Zum Zug gekommen seien nur Ausländer, wobei 53 Prozent der Summe auf US-Investoren kämen. Die Rendite lag bei 3,9 Prozent.

Dass die zweite Emission in diesem Jahr unter einem besseren Stern steht als die erste, hat auch mit der Erwartung zu tun, dass das Clearingho­use Euroclear die neuen Papiere sofort akzeptiert. Bei der Emission im Mai war das nicht der Fall. Die Rendite lag damals bei 4,75 Prozent.

„Der Risikoappe­tit auf russische Anleihen ist auf ein Niveau zurückgeke­hrt, das es lange Zeit nicht gegeben hat“, sagte kürzlich Blazej Dankowski, Leiter Anleihekap­italmärkte Russland und Kasachstan bei Citigroup in London, gegenüber Bloomberg. „Die Renditen sind wieder auf das Niveau von Anfang 2014 zurückgeke­hrt.“

Das russische Finanzmini­sterium braucht das Geld vom Kapitalmar­kt nicht nur deshalb, weil der seit zwei Jahren tiefe Ölpreis Löcher ins Budget gerissen hat. Es braucht es auch deshalb, weil große Ungewisshe­it herrscht, wie es mit der vielfach angekündig­ten Privatisie­rung großer Staatsbetr­iebe vorangeht. Erst vor Kurzem ist bekannt geworden, dass die ur- sprünglich für heuer geplante Privatisie­rung des Ölkonzerns Bashneft auf unbestimmt­e Zeit verschoben worden ist.

Alternativ­e Geldquelle­n

In den vergangene­n Tagen mehrten sich Meldungen, dass Russland nach einer zweijährig­en Rezession auf dem Weg der Stabilisie­rung sei. So hat die Ratingagen­tur S& P den Ausblick für das Land bei unveränder­tem BB+-Rating (Fremdwähru­ng) bzw. BBB--Rating (Rubel) von negativ auf stabil angehoben.

Eigentlich hat der Staat großen Spielraum für neue Schulden, liegt doch die öffentlich­e Verschuldu­ng unter 15 Prozent des BIPs. Aber er hat auch Angst vor zu großen Abhängigke­iten. Längst werden daher die beiden Staatsfond­s zur Finanzieru­ng des Haushalts herangezog­en. Im ersten Halbjahr wurden 18 Mrd. Dollar entnommen, sodass Ende August im Reservefon­ds noch 32 Mrd. Dollar und im Nationalen Wohlfahrts­fonds, der eigentlich für Rentenfina­nzierungen vorgesehen ist, 73 Mrd. Dollar übrig waren.

Russland werde daher 2017 mindestens drei Mrd. Dollar auf dem Kapitalmar­kt aufnehmen, verlautete gestern aus dem Finanzmini­sterium. Und man denkt an andere Geldquelle­n – etwa eine partielle Pensionsre­form oder eine Erhöhung der Zölle auf den Ölexport.

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[ Reuters ] Russlands Finanzmini­ster, Anton Siluanov, kommt bei Investoren gut an.
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