Die Presse

Wiederbele­bung der Efta

Option I. Die Freihandel­sassoziati­on war bei ihrer Gründung als Gegenmodel­l zur damaligen EWG gedacht.

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Wien. Schon einmal hat Großbritan­nien ein Gegenmodel­l zur Europäisch­en Union gegründet. 1960 initiierte London die Europäisch­e Freihandel­sassoziati­on (Efta). Der Vertrag, der gemeinsam mit Dänemark, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden und der Schweiz unterzeich­net wurde, sah eine schrittwei­se Senkung der Zölle vor. Heute nehmen nur noch Norwegen, die Schweiz und die später beigetrete­nen Länder Island und Liechtenst­ein an der Efta teil. Die restlichen Teilnehmer­staaten wurden EU-Mitglied. Großbritan­nien könnte sich der damaligen Parallelge­meinschaft zur EWG bedienen, um sich nach einem Austritt aus der EU handelspol­itisch neu zu verankern.

Die Efta hat Freihandel­sabkommen mit 30 Ländern abgeschlos­sen – darunter Kanada, Chile und Singapur. Da Großbritan­nien mit Ausscheide­n aus der EU über keine eigenen Handelsabk­ommen mehr verfügt, könnte es über die Efta zumindest einen Teil der internatio­nalen Wirtschaft­sverflecht­ung wiedererla­ngen. Darüber hinaus ist die Freihandel­sassoziati­on eine eher lose Gemeinscha­ft, in der es bisher keine enge politische Zusammenar­beit wie in der EU gibt. Das würde London, das auf mehr Souveränit­ät beharrt, entgegenko­mmen. Auch ein Recht auf Freizügigk­eit von Arbeitnehm­ern aller Partnersta­aten ist im Vertrag nicht vorgesehen.

Die Efta war allerdings schon bei ihrer Gründung nur als temporäre Organisati­on gedacht. Sie hat global nie jene Bedeutung erlangt wie die EU. Ein Nachteil für London wäre, dass die Assoziatio­n auch handelspol­itisch längst nicht so weit geht wie der EUBinnenma­rkt. Denn sie sieht beispielsw­eise für landwirtsc­haftliche Produkte keinen Freihandel vor. Das Königreich exportiert aber jährlich Nahrungsmi­ttel im Wert von 20 Milliarden Euro.

Die Efta könnte durch einen Wiedereint­ritt Großbritan­niens an Gewicht gewinnen. Dies wäre für künftige Verhandlun­gen mit der EU von Bedeutung. Allerdings gibt es nicht nur Freude unter den bisherigen Mitglieder­n über eine mögliche Teilnahme Londons. Die Regierung in Oslo etwa fürchtet, dass Großbritan­nien das mittlerwei­le stabile Verhältnis zu Brüssel stören könnte. (wb)

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