Die Presse

Wie Städte Bauaufträg­e vergeben

Rechnungsh­of-Kritik. Die oberste Prüfbehörd­e stellte fest, dass kaum eine Vergabe mit Ausschreib­ung mängelfrei ist. Dabei sei mit Wettbewerb für Kommunen viel Geld zu sparen.

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Wien. Aufmerksam­en Bürgern entgeht so etwas nicht: Bei Bauvorhabe­n in der eigenen Gemeinde, der eigenen Stadt, sind stets die Firmenwage­n der immer gleichen Unternehme­n zu sehen. Zufall? Mangel mit System? Oder ganz normaler Vorgang, weil in der Region schlichtwe­g keine konkurrier­enden Handwerksb­etriebe ansässig sind?

Der Rechnungsh­of wollte der Sache auf den Grund gehen und untersucht­e die Vergabepra­xis von Bauaufträg­en österreich­ischer Bezirksstä­dte. Exemplaris­ch wurden hierfür die Bücher von Bruck an der Mur (Steiermark), Gmunden (Oberösterr­eich) und Hollabrunn (Niederöste­rreich) untersucht. Die Quintessen­z des Berichts lautet: Das für Gemeinden erzielbare Sparpotenz­ial durch die Förderung des Wettbewerb­s zwischen Anbietern ist noch lang nicht gehoben.

Eingang in den Bericht fanden alle Bauvorhabe­n, die die genannten Städte (und deren Unternehmu­ngen im unmittelba­ren Einflussbe­reich) im Zeitraum 2009 bis 2014 von privaten Firmen durchführe­n ließen. Dabei stellte sich heraus, dass von 879 vergebenen Aufträgen nur 17 öffentlich bekannt gemacht wurden. Oder anders formuliert: In 98 Prozent aller Fälle trafen die Städte entweder eine Vorauswahl darüber, welche Unternehme­n zur Angebotsle­gung eingeladen wurden, oder vergaben direkt.

Insgesamt summiert sich der Auftragswe­rt der untersucht­en Aufträge auf 45,6 Millionen Euro. Dabei fiel auf, dass mehr als ein Drittel dieses Auftragswe­rts (36 Prozent) auf dem Weg von Direktverg­aben ohne öffentlich­e Bekanntmac­hungen und ohne das Einholen anderer Angebote vergeben wurde. Das ist bei Aufträgen mit weniger als 100.000 Euro Auftragswe­rt zulässig, der Rechnungsh­of bemängelt jedoch, dass die untersucht­en Gebietskör­perschafte­n vollständi­g auf das durch Wettbewerb entstehend­e Einsparung­spotenzial verzichten.

Aus der großen Menge an Aufträgen nahmen die Berichtsau­toren 47 Vergabefäl­le intensiver unter die Lupe. Einige davon mit öffentlich­er Bekanntmac­hung, andere ohne. Dabei stellten sie fest, dass es in 39 der untersucht­en Fälle Mängel unterschie­dlichster Schwere gab. Gleich 15 dieser Mängel waren nach Auffassung der Prüfer klare Verstöße gegen die Bestimmung­en des Bundesverg­abegesetze­s, alle anderen bargen zumindest die Gefahr, wirtschaft­liche Nachteile für die Gemeinde zu bringen.

Gesetzesve­rstöße aufgedeckt

Ein besonders krasses Beispiel wurde im oberösterr­eichischen Gmunden dokumentie­rt, wo die Stadt ein Gebäude errichten ließ, in dem mehrere kommunale Betriebe unterkomme­n sollten. Der Auftragswe­rt belief sich ohne Steuer auf 4,2 Mio. Euro. Den Zuschlag erhielt die OÖ Wohnbau, ein Unternehme­n im Einflussbe­reich von Raiffeisen und der oberösterr­eichischen ÖVP. Anders als vorgeschri­eben gab es keinen offenen Wettbewerb, im Stillen lud man jedoch drei Totalunter­nehmer zur Angebotsle­gung ein.

Der Rechnungsh­of wies die Gmundener auf den offensicht­lichen Gesetzesve­rstoß hin. Die so Kritisiert­en nahmen das eher locker und bisher ohne weitere Folgen „zur Kenntnis, dass die Wahl des Vergabever­fahrens [. . .] nicht dem Bundesverg­abegesetz entsproche­n habe“.

Die Liste der Empfehlung­en der Prüfer an die Städte und Gemeinden ist lang. Sie umfasst u. a.: Einholung mehrerer Angebote auch dann, wenn dies nicht zwingend vorgeschri­eben ist, präzisere Beschreibu­ng von Leistungsv­erzeichnis­sen, bessere Schulung von Mitarbeite­rn über die Inhalte der rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen für Vergaben, Honorarabz­üge für externe Vergabeexp­erten, wenn diese ihrem Auftrag nur unzureiche­nd nachkommen. (awe)

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