Sind die Alternativen riskoreich?
Auch wenn erst das Alternativfinanzierungsgesetz 2015 für bestimmte Transaktionsarten greifbare Erleichterungen brachte (Paradebeispiel ist die Anhebung der Bagatellgrenze für die Prospektpflicht im KMG), hatte die Behördenpraxis der FMA schon zuvor bestimmte „Leitplanken“für das Auftreten von insbesondere KMU auf dem Kapitalmarkt festgelegt. Dabei wurden unter anderem seit mehreren Jahren in Informationen und Rundschreiben Rechtsansichten zu Finanzierungsstrukturen veröffentlicht, die nicht als konzessionspflichtiges Bankgeschäft in der Form des Einlagengeschäfts gesehen wurden.
Dabei hat sich insbesondere das qualifizierte Nachrangdarlehen als beliebte Finanzierungsform erwiesen. Dieses hat zwar für den Investor den Nachteil, nicht nur bei der Insolvenz oder Liquidation in aller Regel leer auszugehen – Zinsen und Kapital fließen schon dann nicht zurück, wenn die bevorstehende Zahlung die Insolvenz erst herbeiführen würde. Allerdings war diese Struktur insofern aufsichtsrechtlich sicher, weil wegen der etablierten Behördenpraxis Unsicherheiten planbar vermieden werden konnten. Weniger klar ist die zivilrechtliche Beurteilung des qualifizierten Nachrangdarlehens. Ähnlich klassischen Kapitalmarktinstrumenten wie Anleihen oder Genussscheinen dient es oftmals dem Einsammeln relativ kleiner Geldbeträge von einer Vielzahl von Personen – daher ist der zugrunde liegende Darlehensvertrag in aller Regel als „Allgemeine Geschäftsbedingungen“einzuordnen.
Daraus ergibt sich aber die Anwendbarkeit zweier scharfer Schwerter der AGB-Prüfung: Einerseits kann man sich fragen, ob eine qualifizierte Nachrangklausel so unüblich, benachteiligend und überraschend ist, dass sie gar nicht Vertragsinhalt wird (Geltungskontrolle). Diese Klippe sollte bei entsprechender Gestaltung der Dokumentation zu umschiffen sein, kann man doch aufgrund der gesetzlichen Anerkennung des Nachrangdarlehens (AltFG) vermutlich bereits dessen Üblichkeit unterstellen. Andererseits könnte die Klausel gröblich benachteiligend und daher nichtig sein (Inhaltskontrolle). Nachdem diese Bestimmung nur für Klauseln gilt, die nicht „eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt“, spricht einiges dagegen, den qualifizierten Nachrang überhaupt der Inhaltskontrolle zu unterwerfen.
Genau das hat kürzlich aber ein erstinstanzliches Gericht getan und eine üblich ausgestaltete qualifi- zierte Nachrangklausel als nichtig angesehen. Wesentlich begründet wurde dies mit der signifikanten Abweichung der Regelung vom dispositiven Recht, was im Hinblick auf einschlägige bestehende Normen des Insolvenzrechts und des AltFG doch einigermaßen überrascht.
Es bleibt abzuwarten, ob diese Ansicht im Instanzenzug revidiert wird. Es könnte sich sonst nämlich für Kreditgeber und Investoren folgende Zwickmühle ergeben: Halten die Zivilgerichte an der Unwirksamkeit qualifizierter Nachrangklauseln fest, führt dies zumindest nach der aktuellen Ansicht der FMA dazu, dass die Voraussetzung für eine Ausnahme vom Bankkonzessionstatbestand des Einlagengeschäfts entfällt. Es droht daher unmittelbar der verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Verstoß gegen Bankaufsichtsrecht.
Typischerweise enthalten AGB keine so weitreichenden Änderungsvorbehalte, die eine Sanierung der Darlehensbedingungen erlauben, um den aufsichtsrechtlichen Erfordernissen Genüge zu tun; auch (Sonder-)Kündigungsrechte für vergleichbare Situationen werden im Regelfall fehlen.
Es zeigt sich also, dass alternative Finanzierungsmodelle nach wie vor mit Risken für Emittenten wie auch Investoren verbunden sind, sodass vielfach die erforderliche Transaktions- und Rechtssicherheit wohl am besten nur durch den Einsatz klassischer bankbegleiteter Finanzierungsformen zu erreichen ist.