Die Presse

Schwierige­s Business mit dem United Kingdom

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Vieles ist noch unklar, aber im Bereich des Gesellscha­ftsrechts könnte der Austritt des Vereinigte­n Königreich­s (UK) aus der EU zahlreiche Auswirkung­en haben. Unmittelba­r betroffen wären vor allem die mehreren hundert UK-Private Limited Companies (kurz: Limited), die von österreich­ischen Unternehme­rn gegründet wurden und aufgrund der europäisch­en Niederlass­ungsfreihe­it im österreich­ischen Firmenbuch eingetrage­n sind. Diese Limiteds mit Verwaltung­ssitz und Haupttätig­keit in Österreich würden durch den Brexit ihren Status als Kapitalges­ellschaft in Österreich verlieren und in eine Personenge­sellschaft umqualifiz­iert werden. Dies würde zur äußerst unerwünsch­ten persönlich­en und unbeschrän­kten Haftung der Gesellscha­fter führen. Es drohen aber auch andere gesellscha­ftsrechtli­che Auswirkung­en des Brexit, von welchen einige konzernrel­evante Folgen in der Folge angesproch­en werden.

Grenzübers­chreitung

Die Möglichkei­t grenzübers­chreitende­r Verschmelz­ungen unter Einbeziehu­ng britischer Gesellscha­ften könnte wegfallen. Diese Möglichkei­t besteht in der EU aufgrund der Verschmelz­ungsrichtl­inie 2005/56/EG und in Österreich aufgrund des EU-Verschmelz­ungs- gesetzes. Die grenzübers­chreitende Verschmelz­ung hat sich in Europa als beliebtes Mittel der konzernint­ernen Umstruktur­ierung bewährt. Insbesonde­re werden regelmäßig Konzernstr­ukturen dadurch vereinfach­t, dass Tochterges­ellschafte­n in den europäisch­en Hauptsitz verschmolz­en werden, wodurch nur noch eine regionenwe­it agierende Gesellscha­ft verbleibt. Dieses Rechtsinst­rument ist neben steuerlich­en Aspekten auch deswegen so beliebt, weil die Rechtsverh­ältnisse durch die Verschmelz­ung automatisc­h auf dem Weg der Gesamtrech­tsfolge ohne Zustimmung­serfordern­is der Vertragspa­rtner grenzübers­chreitend übergehen. Dies ist beim Brexit insofern besonders relevant, weil das UK-Gesellscha­ftsrecht keine Umgründung­en mit Gesamtrech­tsnachfolg­e kennt. Grenzübers­chreitende Verschmelz­ungen waren bislang die einzige Form, bei der die Gesamtrech­tsnachfolg­e bei UK-Unternehme­n zur Anwendung kam, was für den problemlos­en Übergang von Vertragsve­rhältnisse­n ein wichtiger Aspekt ist.

Branch-Structure

Teil der genannten Umstruktur­ierung durch grenzübers­chreitende Verschmelz­ung ist die Umstellung des Konzerns auf eine BranchStru­cture. Das bedeutet, dass die Tochterges­ellschafte­n nach Ver- schmelzung in eine europäisch­e Muttergese­llschaft in den einzelnen Ländern nur noch als rechtlich unselbstst­ändige Zweigniede­rlassung geführt werden. Wenn aber ein UK-Head-Office eine österreich­ische Niederlass­ung betreibt, so gibt es nach dem Brexit zusätzlich­e bürokratis­che Hürden. Für die Niederlass­ung von Nicht-EU-Ge- sellschaft­en muss zumindest ein ständiger Vertreter mit gewöhnlich­em Aufenthalt in Österreich bestellt werden, dessen Vertretung­smacht Dritten gegenüber in Bezug auf die Zweitniede­rlassung nicht beschränkt werden kann. Nach dem Brexit wird es für UK-Unternehme­n auch neue Voraussetz­ungen für den gewerberec­htlichen Geschäftsf­ührer geben. Dieser muss die österreich­ische oder eine EWR-Staatsange­hörigkeit oder von einem Drittstaat mit Aufenthalt­sberechtig­ung besitzen und seinen Wohnsitz in Österreich oder in einem EWR-Vertragsst­aat haben.

Fazit

Zusammenfa­ssend müssen Konzerne schon jetzt überlegen, ob das europäisch­e Headquarte­r in UK angesiedel­t werden oder bleiben soll. Allein die Unsicherhe­iten, die bis zur endgültige­n Klärung der gesellscha­ftsrechtli­chen Auswirkung­en des Brexit herrschen, sind Anreiz genug, Konzernstr­ukturen in der EU zu schaffen, bei denen das UK keine tragende Rolle mehr spielt. Denn noch länger wird unklar bleiben, ob die EU und die britische Regierung im Bereich des Gesellscha­ftsrechts durch bilaterale Verträge Sonderrege­lungen auf den Weg bringen werden, die die möglichen negativen Auswirkung­en des Brexit in diesem Bereich abschwäche­n.

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[ Walter J. Sieberer] Felix Prändl ist Partner bei Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwä­lte und Experte für Gesellscha­ftsrecht, M&A, Vereine und IT.

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