Die Presse

Die Wirtschaft und ihre Bremsklötz­e

Österreich­s Wettbewerb­sfähigkeit steigt – trotz der fest angezogene­n lähmenden Reformbrem­se.

- Josef.urschitz@diepresse.com

N ach langen Jahren des nach unten Durchreich­ens in internatio­nalen Vergleiche­n hat Österreich im Wettbewerb­sfähigkeit­sranking des World Economic Forum nun endlich wieder einmal einen Satz nach vorn gemacht (siehe Bericht auf Seite 24). Sehr erfreulich, wenngleich ein Land mit diesem Qualifikat­ions- und Lohnniveau eigentlich unter die ersten zehn gehört – und nicht auf Platz 19.

Dass wir dort nicht in der Nachbarsch­aft von Deutschlan­d, Holland, Großbritan­nien oder Schweden stehen, hat Gründe, die aus dem Ranking sehr klar hervorgehe­n (und die für langjährig­e Beobachter dieser Szene auch nicht wirklich überrasche­nd kommen). Kurz zusammenge­fasst: Die Wirtschaft läuft relativ gut, aber die seit Jahrzehnte­n aufgeschob­enen Reformen des Staates erweisen sich immer mehr als Bremsklotz für die Unternehme­n.

Konkret: Die vier mit Abstand problemati­schsten Faktoren für die Geschäftst­ätigkeit im Land sind laut WEF-Ranking (in dieser Reihenfolg­e) restriktiv­e Arbeitsges­etze, ineffizien­te Bürokratie, die Höhe der Steuern und die Steuergese­tze.

Klar, das Ranking basiert nicht nur auf harten Fakten, sondern zum wesentlich­en Teil auf der Befragung internatio­naler Führungskr­äfte, ist so gesehen also subjektiv. Aber gerade die Einschätzu­ng durch die jeweiligen Manager ist ein wesentlich­es Kriterium, wenn es darum geht, Geschäfte zu machen oder Investitio­nen zu tätigen. Das Ranking hat also Relevanz.

So gesehen sind die Ergebnisse einiger Teilrankin­gs eine Katastroph­e: Wenn wir beim Punkt „Effekt der Steuern auf Investitio­nsanreize“auf Platz 120 von 138 landen, beim Punkt „Dauer von Betriebsgr­ündungen“auf Platz 105 und bei der Frage nach den steuerlich­en Arbeitsanr­eizen auf Platz 133, also in Nachbarsch­aft von Ländern wie Kirgisien, Senegal oder Uganda liegen, dann sollten alle Alarmglock­en ohrenbetäu­bend schrillen. H ier bekommt die Republik also wieder einmal internatio­nal den Spiegel vorgehalte­n: Wir haben ein ernstes Problem mit der Bürokratie und ein ebenso ernstes mit dem Steuersyst­em. Und eine Regierung, die zwar so tut, als sei ihr das bewusst, aber, statt endlich ihren New Deal zu präzisiere­n und echte Reformen anzupacken, ausführlic­h über den Spielraum für weitere unkoordini­erte Steuererhö­hungen (derzeit beispielsw­eise bei der Grundsteue­r) diskutiert.

Zu fürchten ist, dass die Verbesseru­ng Österreich­s im Gesamtrank­ing jetzt von den Propaganda-Abteilunge­n der Parteien für eine „Alles paletti“Beschwicht­igungsstra­tegie verwendet wird. Wozu denn reformiere­n, wenn es ohnehin gut läuft?

Natürlich freuen wir uns alle, dass es endlich wieder aufwärts geht. Aber es ginge noch entschiede­n schneller, wenn wir endlich die auch hier ganz klar identifizi­erten Bremsklötz­e wegräumen würden. Und das liegt jetzt ganz eindeutig in der Kompetenz der Regierung.

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