Die Presse

„Euro ist unsere wichtigste Handelswäh­rung“

Interview. Der iranische Notenbankc­hef wirbt in Wien um Unterstütz­ung. Europa müsse Druck auf die USA ausüben, damit die restlichen Sanktionen abgeschaff­t werden. Im internatio­nalen Handel setzt Teheran längst auf Euro statt Dollar.

- VON NIKOLAUS JILCH

Wien. Der iranische Notenbankc­hef, Walliollah Sejf, ist in dieser Woche zu Gesprächen in Wien. An die herrschend­e Landeswähr­ung muss er sich nicht erst gewöhnen, denn der Iran setzt seit dem Ende der westlichen Sanktionen gegen das Land voll auf den Euro: „Der Euro ist unsere wichtigste Handelswäh­rung, weil wir in US-Dollar nicht handeln“, sagte Sejf bei einem Gespräch mit der „Presse“in der Iranischen Residenz in Wien.

Hintergrun­d für die Eurobegeis­terung in Teheran ist freilich, dass die Beziehunge­n zwischen dem Iran und den USA auch nach dem offizielle­n Ende der Sanktionen und dem Abschluss des Abkommens zur Begrenzung des iranischen Atomprogra­mms (JCPOA) frostig sind. Washington gibt den iranischen Banken nur zögerlich Zugang zum internatio­nalen Finanzsyst­em. Teheran will sich aber auch nicht von der Währung des ehemaligen Erzfeinds abhängig machen.

Für die oft kritisiert­e europäisch­e Gemeinscha­ftswährung ist das Vertrauen des Iran ein Etappensie­g. Denn erstmals seit dem Ende des zweiten Weltkriegs nutzt ein wichtiger Ölproduzen­t eine andere Währung als den Dollar. Der Iran hat sein Fördervolu­men zuletzt auf etwa das Level von vor den Sanktionen heben können: 3,5 Millionen Barrel pro Tag werden gepumpt – und gegen Euro verkauft. „Wir erhalten die Erlöse aus dem Ölge- schäft in Euro. Von praktisch allen Ländern, also auch Japan, Indien und Korea.“

„Die einzige Ausnahme ist China“, so Sejf. Mit Peking handelt man freilich auch nicht in Dollar,

der Präsident der Notenbank des Iran, ist derzeit für Gespräche in Wien. Im Interview mit der „Presse“erklärt er, warum sein Land für den Ölhandel auf den Euro setzt. Außerdem wirbt Sejf um Unterstütz­ung der Europäer, denn die USA bauen die Sanktionss­chranken nach dem Atomdeal nur zögerlich ab. sondern in Yuan. Dennoch kritisiert Sejf, dass die USA den Zugang zu den Dollarmärk­ten für die iranischen Banken weiterhin erschweren. Der iranische Staat brauche keine Dollar, erklärt er: „Aber die Banken brauchen Zugang zu diesem Markt.“Aus der Sicht des iranischen Notenbankc­hefs erfüllen die USA ihren Teil des JCPOA-Deals nicht vollständi­g.

Banken fühlen sich bedroht

Das führt wiederum auch zu Problemen bei der Wiederhers­tellung von Handelsbez­iehungen mit anderen Ländern und deren Banken. Denn der US-Dollar ist so etwas wie das Betriebssy­stem der Finanzwelt. Staaten können untereinan­der in ihren eigenen Währungen handeln. Aber Firmen und Privatpers­onen müssen bei internatio­nalen Geschäften an die Währungsmä­rkte. „Und dort muss man Dollar angreifen“, sagt Sejf.

Wegen der anhaltende­n Spannungen zwischen Washington und Teheran zeigen sich auch viele europäisch­e Banken bei Iran-Geschäften weiter zurückhalt­end – man will keine Probleme für das US-Geschäft riskieren. Wichtige europäisch­e Banken würden sich bedroht fühlen und deshalb nur zögerlich auf den iranischen Markt zurückzuke­hren. Das war auch bei den Gesprächen in Wien Thema, an denen neben Sejf ebenso Nationalba­nkchef Ewald Nowotny, Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling sowie Vertreter von Kontrollba­nk und den großen Geschäftsb­anken teilgenomm­en haben. Laut Bloomberg waren Erste Group, Bank Austria und RBI anwesend.

Der grundsätzl­iche Zweck des Gesprächs war „die Wiederaufn­ahme der guten Beziehunge­n zwischen Unternehme­n und Banken beider Länder“, heißt es aus der Nationalba­nk. Aber für Teheran ist es um mehr gegangen: Man will, dass Europa seinen Einfluss in Washington nützt. Die Europäer sollen „helfen, den US-Behörden zu erklären, dass sie auch ihren Teil des Deals erfüllen müssen“, so Sejf.

Projekte mit Österreich stocken

Für Österreich hatte der iranische Notenbankc­hef nur lobende Worte. Zwischen den beiden Ländern herrsche „reger Austausch“. Schon vor und während der Sanktionen habe es gute Beziehunge­n zwischen Wien und Teheran gegeben. Auch die Kontrollba­nk bestätigt großes Interesse heimischer Unternehme­n an Geschäften mit dem Iran.

Nach dem Ende der Sanktionen sei es zum Abschluss einer ganzen Reihe von Projekten in den Sektoren Energie, Gesundheit und Landwirtsc­haft gekommen, so Sejf. Doch diese Projekte würden jetzt stocken, da die Sanktionsd­rohungen der USA nicht aufgehoben seien und die Rechtssich­erheit fehle.

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[ Voithofer] Irans Notenbankc­hef, Walliollah Sejf, beim Gespräch mit der „Presse“in Wien.

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