Die Presse

„Das macht die Leute narrisch“

Flüchtling­sjobs. Gemeindebu­nd-Präsident Mödlhammer beklagt, dass die Regierung bei der Schaffung gemeinnütz­iger Jobs für Asylwerber noch immer keine Regelung gefunden hat.

- VON KARL ETTINGER

Wien/Salzburg. Die Bürgermeis­ter und Kommunen sind mit ihrer Geduld langsam am Ende. Seit Monaten wird über den vermehrten und leichteren Einsatz von Asylwerber­n bei Gemeinnütz­igen gesprochen. Schon im Juni hat die Bundesregi­erung eine Liste angekündig­t, um welche Tätigkeit es dabei geht. Jetzt haben sich zwar die zuständige­n Landesräte ebenfalls einstimmig dafür ausgesproc­hen. Aber bis zum Start wird es jedenfalls noch bis Anfang 2017 dauern.

„Ich bin über jeden Schritt froh, aber ohne Bund hilft das wenig“, betont der Präsident des österreich­ischen Gemeindebu­nds, Helmut Mödlhammer, der die ständige Diskussion ohne Umsetzung längst leid ist. „Das macht die Leute narrisch“, schildert er im Gespräch mit der „Presse“.

Kompetenze­n aufgesplit­tet

Den Hauptgrund für das lange Warten sieht er in der Aufteilung der Kompetenz für gemeinnütz­ige Jobs auf nicht weniger als vier Ministerie­n: Soziales, Wirtschaft, Inneres, Integratio­n. Der Bevölkerun­g, die mehrheitli­ch Flüchtling­e in gemeinnütz­igen Tätigkeite­n befürworte­t, fehle für die monatelang­en Verzögerun­gen das Verständni­s. „Eigentlich erzeugt genau das den Frust bei den Menschen, dass die Dinge herumgesch­oben werden“, bedauert Mödlhammer.

Für ihn gibt es daher nur eine Möglichkei­t für eine rasche Lösung, und er startet deswegen einen abermalige­n eindringli­chen Appell an die rot-schwarze Bundesregi­erung: Den Gemeinden müsste durch eine Änderung des Gemeinnütz­igkeitsges­etzes eine Sonderstel­lung eingeräumt werden. Denn das Hauptmanko derzeit sei: „Wir agieren da so bürokratis­ch.“

Zwar wird bereits seit Wochen eine Liste (siehe nebenstehe­nden Kasten) für eine Ausweitung gemeinnütz­iger Jobs, bei denen Asylwerber eingesetzt werden können, zwischen Ministerie­n, Städte- und Gemeindebu­nd umhergesch­ickt. Für Mödlhammer wird damit dennoch das Problem einer raschen, unbürokrat­ischen Lösung zur Beschäftig­ung von Flüchtling­en nicht berührt. Für die Kommunen müsse im Gemeinnütz­igkeitsges­etz sichergest­ellt werden, dass Asylwerber bei Bedarf – beispielsw­eise zum Schneescha­ufeln oder im Fall von Naturkatas­trophen – flexibel bis zu vier Wochen durchgehen­d eingestell­t werden können; weiters sei das Einverstän­dnis der Sozialvers­icherung notwendig, nicht zuletzt wegen der Anmeldung; ebenso das Einsehen der gewerblich­en Wirtschaft, dass es sich dabei um keine Billigkonk­urrenz handelt.

Um eine Beschleuni­gung bei den gemeinnütz­igen Jobs für Flüchtling­e zu erreichen, hat der Gemeindebu­ndpräsiden­t schon im Sommer ein Machtwort des Bundeskanz­lers wegen der auf vier Ministerie­n aufgesplit­teten Kompetenze­n verlangt. Auch dieser Wunsch ist ohne Besserung der Situation verhallt, wobei Mödlhammer keineswegs Innenminis­ter Wolfgang Sobotka, der jetzt erneut die Koordinati­on mit den drei anderen Ministerie­n übernommen hat, die Hauptschul­d für die Verzögerun­g zuschieben will. Grund für sein Drängen ist, dass derzeit die Gemeinden ohne Regelung sofort mit den Sozialvers­icherungen im Konflikt seien.

Alle an einen Tisch

Am einfachste­n wäre für ihn, dass sich Bund, Länder und Gemeinden bei einer Koordinier­ungssitzun­g an einen Tisch setzen und sich rasch auf die notwendige­n Schritte für eine Vereinfach­ung bei gemeinnütz­igen Jobs verständig­en. Die Bürgermeis­ter seien für eine „möglichst unbürokrat­ische“Neuregelun­g. Denn derzeit sei es sogar so, dass es je nach Bundesland unterschie­dliche Bestimmung­en für gemeinnütz­ige Arbeiten von Asylwerben gibt.

Die Länder haben sich darauf verständig­t, dass dies keine EinEuro-Jobs sein sollen, sondern dass pro Stunde fünf Euro bezahlt werden. Asylwerber dürften demnach zehn Stunden pro Woche arbeiten und damit höchstens 200 Euro im Monat als Entschädig­ung erhalten.

Schon im Juni hat die Bundesregi­erung eine Ausweitung der Liste gemeinnütz­iger Jobs für Asylwerber beschlosse­n. Diese noch immer nicht akkordiert­e Liste liegt der „Presse“vor. Dazu zählen unter anderem folgende gemeinnütz­ige Jobs: Landschaft­spflege, Betreuung von Parks, Spielplätz­en und Sportanlag­en, Unterstütz­ung bei Bürohilfsd­iensten, Fotodokume­ntationen erstellen, Mitarbeit bei der Betreuung älterer Menschen, wie Blumengieß­en in Pflegeheim­en, Denkmalpfl­ege, Wildtierpf­lege, Schülerlot­sen, Mithilfe bei Organisati­on von Festen, Reinigung öffentlich­er Flächen, Tätigkeite­n in Schulen und Kindergärt­en, Mithilfe am Friedhof, Sprachverm­ittlung bei Info-Veranstalt­ungen.

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[ APA/Barbara Gindl ] Bad Ischler Präsidente­nquartett: Hermann Schultes (Bauern), Erich Foglar (Gewerkscha­ft), Rudolf Kaske (AK), Christoph Leitl (Wirtschaft; v. l.).

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