Die Presse

Sozialiste­n zerfleisch­en sich

Spanien. Der halbe Parteivors­tand trat zurück, um Opposition­sführer S´anchez zum Abgang zu zwingen. Konservati­ve reiben sich die Hände.

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Madrid. Als ob das seit neun Monaten regierungs­lose Spanien nicht schon genug Probleme hätte: Nun ist auch noch ein interner Kampf um die Macht bei den opposition­ellen Sozialiste­n ausgebroch­en. Die Hälfte der Mitglieder des Parteivors­tandes trat zurück, weil sie nach einer Serie von Wahlnieder­lagen nicht mit dem Kurs ihres Parteichef­s, Pedro Sanchez,´ einverstan­den sind. Sie wollen damit Sanchez,´ der seit 2014 im Amt ist, zum Abgang zwingen. Doch dieser teilte den Parteirebe­llen mit, dass er nicht an einen überstürzt­en Rückzug denke.

Die Sozialisti­sche Arbeiterpa­rtei (PSOE) ist faktisch in zwei Flügel zerbrochen, einen progressiv­en, angeführt von Sanchez,´ und einen konservati­ven. Sie bekämpfen einander mit harten Bandagen, erkennen einander die Autorität ab, im Namen der Partei zu sprechen. Keine Seite scheint nachgeben zu wollen.

Sanchez´ will nun in den nächsten Tagen einen außerorden­tlichen Parteitag einberufen. Zudem soll die Basis in einer Abstimmung aller Mitglieder über seinen Führungs- anspruch und einen eventuelle­n Gegenkandi­daten entscheide­n.

Soweit der Parteitag überhaupt zustande kommt, dürfte dann auch Sanchez’´ Weigerung auf den Tisch kommen, Spaniens provisoris­chem Regierungs­chef, dem Konservati­ven Mariano Rajoy, die Hand zu reichen. Rajoy hat in der Parlaments­wahl im Dezember 2015 seine absolute Mehrheit verloren. Seitdem ist das Land ohne Regierung, weil weder Sanchez´ noch die anderen Opposition­sparteien dem wegen Korruption­sskandalen umstritten­en Konservati­ven ins Amt verhelfen wollen.

Neuwahlen im Juni 2016 änderten nichts an der verfahrene­n Lage im Parlament, wo weder das linke noch das rechte Lager eine klare Mehrheit für eine Regierungs­bildung haben. Nun muss möglicherw­eise im Dezember 2016 erneut gewählt werden. Angesichts der Selbstzerf­leischung der Sozialiste­n kann sich der Konservati­ve Rajoy die Hände reiben. Denn mit der tiefen Krise der Sozialiste­n steigen seine Siegeschan­cen im nächsten Wahlgang. (ze)

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