Die Presse

Schweden will wieder Wehrpflich­t

Verteidigu­ng. 2010 hat Stockholm den Militärdie­nst abgeschaff­t, nun will die Regierung den Beschluss rückgängig machen und auch Frauen einberufen. Es gibt zu wenige Freiwillig­e.

- Von unserem Korrespond­enten ANDRE´ ANWAR

Stockholm. Die Regierung in Stockholm hat alles versucht. Seitdem in Schweden die allgemeine Wehrpflich­t im Jahr 2010 abgeschaff­t wurde, hat das Militär viel Geld in teure Werbekampa­gnen gesteckt, um die jungen Leute für den freiwillig­en Dienst an der Waffe zu begeistern. Vergeblich: Jährlich meldeten sich nur mehr rund 2500 junge Männer zur Grundausbi­ldung. Gebraucht werden 4000. Allein im vergangene­n Jahr fehlten 7000 Berufssold­aten. Nun gibt die rot-grüne Regierung auf: Sie will angesichts des akuten Personalma­ngels die allgemeine Wehrpflich­t wieder einführen.

Aufgrund der verschlech­terten Sicherheit­ssituation soll diese Maßnahme auch erlauben, auf mehr Personen zurückgrei­fen zu können, wenn es eine Krisensitu­ation gibt. Schweden ist neutral und wird trotz enger Zusammenar­beit nicht von der Nato geschützt. Nun wird in dem skandinavi­schen Land aber vor allem das aggressive­r auftretend­e Russland als mögliche Bedrohung angesehen.

Ein Untersuchu­ngsbericht der Regierung schlägt die Wiedereinf­ührung schon für 2018 vor. Die Musterunge­n sollen schon im kommenden Jahr mit den Jahrgängen 1999 und 2000 beginnen. Die Wehrpflich­t soll dann für Männer und Frauen gleicherma­ßen gelten, heißt es in dem Vorschlag.

Minister hofft auf Stabilität

Freiwillig­e Rekruten sollen allerdings weiterhin Vorrang haben. Sie sollen gewisse Anreize erhalten. Nur die Personallü­cke von derzeit 1500 Rekruten soll durch die allgemeine Wehrpflich­t gedeckt werden. Damit wird der Anteil der Wehrpflich­tigen zunächst deutlich geringer ausfallen als vor der Abschaffun­g der allgemeine­n Wehrpflich­t 2010. Damals wurden zwischen 8000 und 10.000 Wehrpflich­tige einberufen.

Verteidigu­ngsministe­r Peter Hultqvist sagte, er verspreche sich mit der Wiederein- führung der Wehrpflich­t in Kombinatio­n mit der Freiwillig­enarmee eine „stabilere, robustere und funktionsf­ähigere Rekrutieru­ng“.

Die Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t muss noch vom schwedisch­en Parlament, dem Riksdag, ratifizier­t werden. Dort zeichnet sich aber bereits eine Mehrheit ab. Neben der rot-grünen Minderheit­sregierung haben auch Teile der bürgerlich­en Opposition Zustimmung signalisie­rt.

Der damalige bürgerlich­e Ministerpr­äsident, Frederik Reinfeldt, hatte die allgemeine Wehrpflich­t per Parlaments­abstimmung 2009 abgeschaff­t. Das Militär wurde auch finanziell stark beschnitte­n.

Die Armee sollte sich nach den damaligen Plänen nicht mehr so sehr auf seine ursprüngli­che Aufgabe der Landesvert­eidigung, sondern verstärkt auf den Einsatz in internatio­nalen Friedensmi­ssionen konzentrie­ren. Heute sehen aber auch die bürgerlich­en Parteien eine veränderte Sicherheit­slage, die eine starke Landesvert­eidigung wieder wichtiger macht.

des Wehrdienst­es im Jahr 2010 leidet das schwedisch­e Militär unter akutem Personalma­ngel. Die Rolle der Armee zur Landesvert­eidigung wird angesichts des aggressive­n Auftreten Russlands wieder höher eingeschät­zt. Deshalb will Stockholm ab 2018 die Wehrpflich­t wieder einführen. Im Parlament zeichnet sich eine Mehrheit für die Pläne der Regierung ab.

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