Polen bekommt Superminister
Regierung. Die Kabinettsumbildung stärkt Kaczynskis´ Lieblingsminister Morawiecki: Er ist nun sowohl für Wirtschaft als auch Finanzen zuständig.
Warschau. Polens Staatspräsident Andrzej Duda hat am Donnerstag Mateusz Morawiecki als neuen Finanzminister vereidigt. Der Schritt war nötig geworden, nachdem Premierministerin Beata Szydło ihren stillen Widersacher im Kabinett, Finanzminister Paweł Szałamacha, am Vorabend im Rahmen einer lange angedrohten Regierungsumbildung entlassen hatte. Gleichzeitig kündigte sie die Bildung eines Wirtschaftsrats im Ministerkabinett an, dem Morawiecki vorstehen soll.
Der Ex-Banker war nach dem Wahlsieg der rechtsnationalen Kaczyn´ski-Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) als parteiloser Wirtschafts- und Landesentwicklungsminister ins Kabinett von Szydło integriert worden. Seitdem er der PiS beigetreten ist, erlebt seine politische Karriere immer neue Höhenflüge. Ausgestattet mit einem neuen Superministerium soll Morawiecki künftig die bisher getrennten Funktionen Finanz- und Wirtschaftsminister vereinen und sämtliche weiteren Wirtschaftsressorts koordinieren.
Szydło begründete den Schritt mit dem Parteiprogramm und den Wahlversprechen der PiS, die den Polen im Herbst 2015 ein po- pulistisches Feuerwerk sozialpolitischer Versprechen bescherte. Allein die Einführung des Kindergeldes kostet Polen umgerechnet 5,5 Mrd. Euro, eine Riesensumme, vor der Morawieckis Vorgänger, Szałamacha, öffentlich gewarnt hatte. Bei den Begründungen für den Kabinettsumbau erwähnte Szydło auch die Auflösung des Schatzministeriums, dessen Chef kürzlich wegen Nepotismusvorwürfen vorzeitig seinen Hut nehmen musste.
PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczyn´ski, Polens starker Mann, will vor der versprochenen Absenkung des Rentenalters und weiterer kostspieliger Maßnahmen offenbar alle Karten auf den zu seiner Rechtspartei bekehrten Morawiecki setzen. Selbst regierungsnahe Kommentatoren sehen in dem Schritt die Gefahr, dass der im Grunde als moderater Fachmann geltende Morawiecki nun mit Aufgaben überladen wird. Auch gäbe es nach dieser Kompetenzausweitung keine Ausrede mehr für ein Zuwarten bei der Umsetzung weiterer Wahlversprechen, so das rechtsnationale Onlineportal wpolityce.pl. In der liberalen Opposition wird Kaczyn´ski-Liebling Morawiecki bereits als Nachfolger für Szydło gehandelt. (flü)