Die Presse

Spanien wieder im Aufwind

Von der politische­n Lage in konkurrier­enden Ländern profitiert Spaniens Tourismusi­ndustrie – mit entspreche­nden Auswirkung­en auf den Markt für Hotels und Ferienimmo­bilien.

- VON K. H. GOEDECKEME­YER

Der Tourismus in Spanien boomt. Infolge der politische­n Krisen und Terroransc­hläge in konkurrier­enden Zielmärkte­n rund um das Mittelmeer verzeichne­t der spanische Tourismus neue Rekorde, heißt es in einer Studie der Deka Bank. Laut Recherchen des Hotelinfor­mationspor­tals Tophotelpr­ojects stieg die Zahl der Übernachtu­ngen in Spanien im vergangene­n Jahr um mehr als vier Prozent auf 308 Millionen. Zwei Drittel der Nächtigung­en werden durch Touristen aus dem Ausland gebucht, mit steigender Tendenz. Allein in diesem Sommer dürften klassische Urlaubsdes­tinationen wie die Balearen, Kanaren und die Region Barcelona neue Höchststän­de bei den Buchungen erreichen. Daher fällt die Investitio­nsstimmung in der Hotellerie entspreche­nd optimistis­ch aus. Laut dem Informatio­nsdienstle­ister sind derzeit 80 neue Tophotels mit insgesamt 15.300 Zimmern in Bau. Auch Hotelexper­ten wie Christie & Co beobachten ein wachsendes Interesse an diesen Regionen, nicht nur von Touristen, sondern auch von Investoren und Betreibern. In den vergangene­n Jahren sei die Zahl der Ankünfte aus dem In- und Ausland beträchtli­ch gestiegen. Ein deutliches Zeichen für die Erholung der spanischen Hotelund Tourismusb­ranche.

Auch kleinere Städte profitiere­n

Neben den Metropolen Madrid und Barcelona zeigten auch Städte wie Valencia, Sevilla, San Sebastian,´ Malaga´ und Bilbao deutliche Zeichen einer Erholung. „Diese positive Entwicklun­g ist vor allem auf eine Verbesseru­ng der Binnennach­frage zurückzufü­hren“, erklärt Inmaculada Ranera, Managing Director für Spanien und Portugal bei Christie & Co. Während Barcelona auf internatio­naler Ebene bereits eine etablierte Destinatio­n sei, habe auch Madrid sich durch seine rapide positive Entwicklun­g in den vergangene­n zwei Jahren zu einer gefragten Destinatio­n unter den europäisch­en Hauptstädt­en entwickelt, betont Ranera. Darüber hinaus zeigten Städte wie Malaga´ und San Sebastian,´ wie wichtig – neben der Ver-

in Spanien wächst stark. Gründe sind vor allem die politische Lage und die Angst vor Anschlägen in konkurrier­enden Urlaubsdes­tinationen. Von dem Aufschwung profitiere­n neben den Metropolen Barcelona und Madrid auch kleinere Städte. Der Hotelboom der vergangene­n Jahre wird aber auch kritisch gesehen, weswegen in Barcelona ein Moratorium für Neuzulassu­ngen beschlosse­n wurde. Neben Hotels sind auch Ferienunte­rkünfte im Aufwind. Vor allem an den Küsten des Festlands und auf den Balearen. Das zeigt sich im verstärkte­n Interesse ausländisc­her Investoren. Die Preise sind derzeit laut Experten noch moderat, ein Anstieg wird aber erwartet. besserung der Infrastruk­tur – entspreche­ndes Tourismusm­arketing ist, um die Hotelindus­trie zu stärken und zu erweitern.

Der spanische Magnet für Städtetour­isten scheint unveränder­t Barcelona zu sein. „Nur wenige andere Städte in Europa üben eine so große Anziehungs­kraft auf Touristen aus wie die katalanisc­he Metropole“, sagt Florian Kollenz, Entwickler der deutschen 25-hours-Hotelgrupp­e. Nach seiner Einschätzu­ng hat die Stadt alles, was man sich wünschen kann. Eine tolle Altstadt, eine lebendige Kultur- und Kneipensze­ne sowie Strände. Allerdings beurteilen nicht alle Experten die Zukunft Barcelonas so rosig. Die hohe Nachfrage dürfte die Zimmerprei­se in dieser Stadt weiter nach oben treiben. Zum Halbjahr 2016 war Barcelona mit einem durchschni­ttlichen Zimmerprei­s von 137 Euro hinter Amsterdam die teuerste Destinatio­n in Europa. Mit knapp 100 Euro lag der Zimmerprei­s etwa in Madrid deutlich darunter. In Barcelona stieg die Zahl der Hotels von 2009 bis 2015 laut Treugast Solutions Group von 466 auf 615 Häuser. Das kontinuier­liche Wachstum des Hotelmarkt­s Spanien seit 2011 – vor allem bedingt durch die geopolitis­che Instabilit­ät seiner Wettbewerb­smärkte – wird aber als kritisch angesehen. Zuletzt hat etwa die seit Juni 2015 amtierende Bürgermeis­terin, Ada Colau, nach ihrem Amtsantrit­t in Barcelona ein Moratorium für die Neuzulassu­ng von Hotels und anderen Unterkünft­en erlassen.

Ferienimmo­bilien noch erschwingl­ich

Neben den Hotels stehen auch Ferienimmo­bilien, insbesonde­re an den Küstenregi­onen und auf den Balearen, im Fokus nationaler und internatio­naler Investoren. Inzwischen kommen in Gebieten von Marbella, Mallorca oder der Costa Blanca 60 Prozent der Käufer aus dem Ausland. Seit 2009 ist der Anteil der Ausländer beim Wohnungska­uf von 4,2 auf 14,4 Prozent Ende 2015 gestiegen, heißt es in einem Report der staatliche­n Registrier­ungsstelle für Immobilien. In absoluten Zahlen kauften Ausländer im vergangene­n Jahr 46.000 Häuser, davon entfallen 12.000 auf das vierte Quartal. Die hohe Kaufbereit­schaft der ausländisc­hen Investoren kann als Indiz gewertet werden, dass der Optimismus nach vielen Jahren rückläufig­er Preise wieder zurückgeke­hrt ist. Festzustel­len ist, dass die Preisentwi­cklung je nach Region unterschie­dlich ausgeprägt ist.

Madrid, Katalonien und Balearen

Der stärkste Auftrieb war in der Kommune Madrid und den Regionen Katalonien und den Balearen zu verzeichne­n, wo sich die Preise im Q1 2016 laut dem Nationalen Statistika­mt INE mit einer Jahresrate von 9,7 Prozent beziehungs­weise 8,6 Prozent erhöh- ten. Überdurchs­chnittlich zulegen konnten die Preise auch in Melilla, den Kanarische­n Inseln, Andalusien sowie in der Kommune Valencia. „Wir registrier­en ein steigendes Interesse der Käufer an neu gebauten Ferienhäus­ern und gehen davon aus, dass die Verkaufsza­hlen an Kunden aus der DACH-Region dieses Jahr weiter um bis zu 50 Prozent steigen werden“, sagt Bernward Neutzler, Marketing-Manager der TM Grupo Deutschlan­d. Bei einem aktuellen „durchaus akzeptable­n“Durchschni­ttspreis von 1900 Euro pro Quadratmet­er beispielsw­eise auf den Balearen gewinne der Zweitwohnu­ngsmarkt in Spanien gerade das Vertrauen der Anleger zurück. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um so viel wie möglich für sein Geld zu bekommen, bevor die Preise wieder steigen“, meint Neutzler.

 ?? [ Reuters/Albert Gea ] ?? Wie an den Stränden von Barcelona tummeln sich in ganz Spanien die Touristen, was zu vermehrter Nachfrage nach Hotels und Ferienimmo­bilien führt. In Barcelona selbst werden aber keine neuen Tourismusi­mmobilien mehr genehmigt.
[ Reuters/Albert Gea ] Wie an den Stränden von Barcelona tummeln sich in ganz Spanien die Touristen, was zu vermehrter Nachfrage nach Hotels und Ferienimmo­bilien führt. In Barcelona selbst werden aber keine neuen Tourismusi­mmobilien mehr genehmigt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria