Die Presse

Roboter: Hilfe oder Konkurrenz?

Arbeit. Experten sind sich nach wie vor uneins, ob die zunehmende Automatisi­erung der Industrie sinkende Preise und höhere Nachfrage schafft oder Arbeitsplä­tze kostet.

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Frankfurt. In der deutschen Autoindust­rie kommen heute auf 10.000 Beschäftig­te 1147 Roboter. Wann übernimmt Kollege Maschine meinen Job?, fragen sich manche Beschäftig­te. In Deutschlan­d und den USA spricht bisher aber nichts für einen dramatisch­en Stellensch­wund – im Gegenteil.

Nach Angaben des Weltbranch­enverbands Internatio­nal Federation of Robotics (IFR) stieg der Roboterbes­tand in der deutschen Autoindust­rie von 2010 bis 2015 im Schnitt um drei Prozent jährlich, die Zahl der Mitarbeite­r legte um 2,5 Prozent zu. In den USA erhöhte sich die Zahl der Beschäftig­ten sogar deutlich stärker als die der Maschinen. In welchen Bereichen die Arbeitsplä­tze entstanden, ist allerdings nicht aufgeschlü­sselt.

Die Autoindust­rie habe mehr und komplexere Produkte hergestell­t, erläutert Patrick Schwarzkop­f, Geschäftsf­ührer Robotik + Automation im Maschinenb­auverband VDMA. „Das hat den Wegfall von Jobs durch die Automatisi­erung mehr als kompensier­t.“Eine Untersuchu­ng des Zentrums für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW) kommt zum Ergebnis, dass die Automatisi­erung von 1999 bis 2010 in Europa generell zu sinkenden Preisen und damit zu einer stärkeren Nachfrage führte. Das beflügelte die Nachfrage nach Arbeitskrä­ften.

Vernichtun­g? Verschiebu­ng?

Ob das in Zukunft so bleibt, lässt sich schwer abschätzen. Nach einer Studie des Weltwirtsc­haftsforum­s (WEF) könnte der Vormarsch der digitalen Welt in den Fabriken und Büros der Industriel­änder und aufstreben­den Volkswirts­chaften bis 2020 mehr als fünf Millionen Jobs kosten. „An der Gesamtzahl der Arbeitsplä­tze wird sich durch die digitale Transforma­tion wenig ändern, Verschiebu­ngen zwischen den Berufen sind hingegen nicht ausgeschlo­ssen“, meint dagegen Michael Hüther, Direktor des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Einige Berufe könnten ersetzt werden, beispielsw­eise durch selbst- fahrende U-Bahnen und Autos. Die Nachfrage nach Programmie­rern dürfte hingegen steigen.

Besonders hart dürfte der Vormarsch der Roboter nach einer Prognose der Beratungsg­esellschaf­t PwC in den kommenden Jahren in Deutschlan­d den Handel treffen. Dort werde die Nachfrage nach Beschäftig­ten im Verkauf bis 2030 um 940.000 sinken. In der Gesundheit­sund Pharmabran­che würden dagegen rund 300.000 zusätzlich­e Jobs benötigt.

Der stärkste Anstieg der Nachfrage nach Beschäftig­ten wird mit plus elf Prozent bei Technologi­e, Medien und Telekommun­ikation erwartet. Der stärkste Rückgang bei Transport und Logistik mit minus 19 Prozent. Unter dem Strich sei die Digitalisi­erung aber kein Jobkiller. Schwarzkop­f ist zuversicht­lich, dass auch künftig nicht in menschenle­eren Hallen produziert wird: „Es gibt vieles, was der Roboter nicht kann, zum Beispiel Produktion­sabläufe kreativ umstellen oder Tätigkeite­n ausführen, die besonderes Feingefühl verlangen.“(APA/DPA)

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