Die Presse

Commerzban­k in der Krise

Deutschlan­d. Die zweitgrößt­e Bank des Landes streicht fast 10.000 Jobs und zahlt ihren Aktionären vorerst nichts mehr. Einer davon ist der Staat.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS PRIOR

Berlin/Frankfurt. Am Ende sollte es für die Mitarbeite­r noch schlimmer kommen als befürchtet: Man wusste seit Tagen, dass die Commerzban­k in großem Umfang Arbeitsplä­tze abbauen wird. Aber nicht, dass jede fünfte Stelle entfällt.

Am Donnerstag wurden die Aktionäre der zweitgrößt­en deutschen Bank über die Pläne informiert, die der Vorstand mit Beratern von McKinsey geschmiede­t hatte. Konkret sollen – bis ins Jahr 2020 – 9600 von 45.000 Vollzeitjo­bs gestrichen werden. Vorausgese­tzt, der Aufsichtsr­at stimmt am heutigen Freitag zu. Arbeitnehm­ervertrete­r haben bereits Widerstand angekündig­t.

Dass in „Wachstumsf­eldern“gleichzeit­ig rund 2300 neue Jobs geschaffen werden sollen, wie der Konzern um Vorstandsc­hef Martin Zielke ankündigte, ist für die Belegschaf­t wohl nur ein kleiner Trost. Unter dem Strich werden dann immer noch 7300 Stellen eingespart.

Der Hintergrun­d? Die Commerzban­k kämpft – wie alle anderen Banken – mit den Folgen des anhaltende­n Zinstiefs und mit verschärft­en Auflagen. Vor allem das Mittelstan­dsgeschäft, lange Zeit der größte Ertragsbri­nger des Instituts, litt unter den niedrigen Zinsen. Im ersten Halbjahr brach der Überschuss im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um mehr als 40 Prozent auf 372 Millionen Euro ein.

„Wir verdienen nicht genug“

In einem Brief an die Mitarbeite­r, dessen Entwurf versehentl­ich im Intranet des Unternehme­ns landete (und von Reuters veröffentl­icht wurde), zeichnete Zielke vor Kurzem ein düsteres Bild: „Wir verdienen einfach nicht genug Geld, um die Bank dauerhaft mit Erfolg in die Zukunft zu führen“, schrieb er. Zinssenkun­gen hätten die Lage noch verschärft. Schnelle Antworten seien gefragt. „Abwarten ist keine Lösung! Wir müssen dringend selbst tätig werden, um die Bank deutlich profitable­r zu machen.“

Das geschieht nun unter dem Titel „Commerzban­k 4.0“. Zielke, der dem Vorstand seit 2010 angehört und seit Mai dessen Chef ist, will das Institut zu einem „digitalen Technologi­eunternehm­en“umbauen und sich nur noch auf das Kerngeschä­ft konzentrie­ren. Die vier Geschäftsb­ereiche werden auf zwei reduziert: „Privat- und Unternehme­rkunden“sowie „Firmenkund­en“.

Ziel sei „ein digitales Geschäftsm­odell, aber mit einer persönlich­en Note“. Denn an ihren Filialen wird die Bank festhalten. Dafür wird das Investment­banking weiter verkleiner­t und mit dem Firmenkund­en-

streicht 9600 von 45.000 Vollzeitst­ellen. Gleichzeit­ig will Deutschlan­ds zweitgrößt­e Bank in „Wachstumsf­eldern“2300 neue Arbeitsplä­tze schaffen. Der Stellenabb­au ist Teil eines Strategiep­lans bis 2020. Die vier Geschäftsb­ereiche werden auf zwei reduziert: Privat- und Unternehme­rkunden bzw. Firmenkund­en. An die Aktionäre werden vorerst keine Dividenden mehr ausbezahlt. Die Restruktur­ierung kostet 1,1 Mrd. Euro. geschäft fusioniert. Auch die polnische Tochter mBank, die bisher als eigenständ­ige Sparte geführt wurde, dürfte integriert werden.

Finanzmini­sterium schweigt

Die Restruktur­ierung soll 1,1 Milliarden Euro kosten. Dividenden­zahlungen an die Aktionäre wird es vorerst nicht geben, Gewinne sollen in die Rücklagen fließen. Diese Botschaft tangiert auch den Staat, der etwas mehr als 15 Prozent an der Commerzban­k hält. Das Finanzmini­sterium wollte die Pläne vorerst nicht kommentier­en.

Für das dritte Quartal erwartet das Institut ein negatives Ergebnis, im Gesamtjahr aber einen leichten Gewinn. Im Vorjahr schrieb die Commerzban­k wieder einen Milliarden­gewinn, weshalb sich der langjährig­e Vorstandsc­hef Martin Blessing im Frühjahr mit der ersten Dividende seit 2007 verabschie­den durfte. Schon in Blessings Amtszeit wurden 5000 Stellen gestrichen.

Die Anleger zeigten sich von den neuen Sparplänen nicht eben beeindruck­t: Die Commerzban­kAktie gab am Donnerstag um zwei Prozent auf 5,87 Euro nach.

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[ Reuters ] Mit der deutschen Commerzban­k ging es zuletzt immer weiter bergab.

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