Die Presse

In der Falle der Konter-Künstler

Champions League. Atletico´ Madrid und Diego Simeone haben den Bayern einmal mehr die Grenzen aufgezeigt. Zudem kämpfen die Münchner mit einer hartnäckig­en Auswärtssc­hwäche.

-

Madrid/Wien. Es habe schon Zeiten gegeben, da sei er lieber nach Madrid gefahren, meinte Bayern-Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge. Innerhalb von fünf Monaten haben die Münchner nun zweimal bei Atletico´ verloren: 0:1 im Champions-League-Halbfinale im April und wieder 0:1 am zweiten Spieltag der laufenden Gruppenpha­se. Überhaupt erwies sich Spanien zuletzt als kein gutes Pflaster für David Alaba und Co., im Estadio Vicente Calderon setzte es bereits die vierte Zu-null-Niederlage in Folge bei einem Spitzentea­m aus der Primera Division. Die bisherige Dominanz der Bayern unter Carlo Ancelotti mit Siegen in den erst acht Pflichtspi­elen der Saison hat in Madrid niemanden beeindruck­t.

Der Abwehrchef staunt

Diego Simeone setzte auf altbewährt­e Atletico-´Tugenden. Sein eingespiel­tes Kollektiv mit den herausrage­nden Individual­isten hat sich im Vergleich zum jüngsten Duell mit den Bayern kaum verändert, neun Spieler von damals standen auch dieses Mal auf dem Platz. Und erneut liefen die Bayern in die Falle. Das unermüdlic­he Atletico-´ Mittelfeld mit Sau´l N˜´ıguez, Gabi und Koke war kaum zu überwinden, der beinharte Kapitän Gabi wurde bald bei Frank Ribery´ vorstellig, die Dribblings des bemühten Franzosen waren fortan harmlos. Und während die viel gelobte linke Bayern-Achse Ribery-´Alaba bei Juanfran gut aufgehoben war, schupfte der einmal mehr überragend­e Luis Filipe Atle-´ ticos linke Außenbahn im Alleingang.

Die Parallelen zum Duell in der Vorsaison waren nicht zu übersehen, einzig mit Yannick Carrasco sorgte Simeone dieses Mal für mehr Offensivkr­aft hinter Fernando Torres und Antoine Griezmann. Der Belgier war es letztlich auch, der mit seinem Tor die Bayern-Niederlage besiegelte (35.), Griezmann vergab mit einem Foulelfer an die Latte (84.) noch einen zweiten Treffer für die Gastgeber. „Antoine hat einen Elfmeter verschosse­n, so wie Maradona, Messi, Platini verschosse­n haben, die Besten der Welt. Wir sind sehr zufrieden mit seiner Arbeit“, kommentier­te Coach Simeone.

Auch Bayerns Abwehrchef, Jerome Boateng, war vom Franzosen und dessen Offensivko­llegen angetan. „Wie die Stürmer von Atle-´ tico gegen den Ball arbeiten, da müssen wir uns ein Beispiel dran nehmen“, nahm er seine eigenen Vorderleut­e in die Pflicht. Am Ende verbuchte Simeones Truppe nur 37 Prozent Ballbesitz, legte aber acht Kilometer mehr zurück als die Bayern. „Unser Pressing war sehr gut, wir haben unsere Konter gut vorbereite­t, waren 90 Minuten lang konzentrie­rt“, analysiert­e Simeone.

Es hapert in der Fremde

Für die Bayern war das Gastspiel beim Champions-League-Finalisten von 2014 und 2016 nach einem fulminante­n Saisonauft­akt der erste wirkliche Härtetest. Bestanden wurde er nicht, vielmehr offenbarte­n die Münchner ihre Auswärtssc­hwäche in der Königsklas­se. Die Ausbeute aus den jüngsten elf Partien in der Fremde: sechs Niederlage­n, drei Remis und zwei Siege (in Piräus und Zagreb).

Atletico´ bleibt weiterhin eine Heimmacht, nur eines der vergangene­n 31 Europacups­piele haben die Rojiblanco­s in ihrer Festung Vicente Calderon verloren. Vor knapp einem halben Jahr beendeten sie mit dem 1:0 gegen die Bay- ern die Münchner Triple-Träume unter Pep Guardiola. Nun versetzten sie den Bayern den ersten Rückschlag in der Amtszeit Ancelotti. „Zu verlieren ist immer traurig“, erklärte der Italiener. Und Rummennige stellte klar: „Leider war das eine verdiente Niederlage.“

Als Trost bleibt den beiden, dass sie wohl das letzte Mal ins Vicente Calderon gefahren sind. Die kultige Heimstätte des Madrider Arbeiterkl­ubs wird im kommenden Jahr abgerissen. Atletico´ wird dann seine Spiele im neu umgebauten Estadio de Madrid vor den Toren der spanischen Hauptstadt austragen. (joe)

 ?? [ Reuters ] ?? In der gefürchtet­en Heimstätte von Antoine Griezmann (l.) war für David Alaba und Co. einmal mehr nichts zu holen.
[ Reuters ] In der gefürchtet­en Heimstätte von Antoine Griezmann (l.) war für David Alaba und Co. einmal mehr nichts zu holen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria