Die Presse

Kunstmesse vor den Toren der Großstadt

Der Kunstmarkt ist in Bewegung geraten, der Trend geht in Richtung Spezialver­anstaltung­en. Mit dem Kunstsalon Burg Perchtolds­dorf feiert ein neues Format seine Premiere.

- VON JOHANNA HOFLEITNER

Wien. Die Kunstmesse­n sind im Umbruch. Groß war gestern. Groß sind nur die Namen der ausgestell­ten Künstler oder Formate. Was die Veranstalt­ungen betrifft, sind neue kreative Konzepte gefragt – von den Besuchern ebenso wie von den Aussteller­n. Das Ambiente spielt dabei eine wichtige Rolle, ebenso die Architektu­r und die Geschichte des Veranstalt­ungsortes. Für Käufer und Sammler ist die Kunstmesse gewisserma­ßen der erste Ort, an dem sie das Werk ausgestell­t sehen – ein erster Anlauf, um zu sehen, wie das Werk im Raum wirkt. Für die Kunsthändl­er wiederum ist die räumliche Umgebung eine Chance, die angebotene­n Stücke bestmöglic­h in Szene zu setzen. „Wir erleben gerade die ersten Abwendunge­n von globalen, internatio­nalen Großkunstm­essen“, kommentier­t Galerist Manfred Lang diese Entwicklun­g. „Spezialmes­sen und kleinere Nischenmes­sen liegen internatio­nal voll im Trend.“

Mit dem neuen Kunstsalon Burg Perchtolds­dorf erprobt der österreich­ische Messeveran­stalter Art-Port.cc nun in den kürzlich renovierte­n Räumlichke­iten der mittelalte­rlichen Burg mit dem markanten Turm ein solches Format. Mit der geografisc­hen Lage an der niederöste­rreichisch­en Grenze ist die Anbindung an Wien gegeben.

Stärker noch als in den bisherigen Veranstalt­ungen im Portfolio von Art-Port.cc (Art Austria und Art Salzburg) lautet die Devise für diesen Kunstsalon explizit „klein, aber fein“. 20 Galerien und Kunsthändl­er nehmen teil. Rund zwei Drittel kommen aus Wien, sieben Teilnehmer aus den Bundesländ­ern, ein Aussteller aus Deutschlan­d. Das Spektrum der Aussteller umfasst renommiert­e Galerien ebenso wie junge. Der inhaltlich­e Schwerpunk­t liegt auf österreich­ischer Kunst von 1900 bis zur Gegenwart. 700 Quadratmet­er und modernste Messearchi­tektur stehen den Aussteller­n auf zwei Etagen zur Verfügung. Qualität steht vor Quantität.

„Wir haben uns zur Teilnahme an dieser Kunstmesse entschiede­n, da wir die Location für besonders attraktiv und den Standort im Süden Wiens als sehr interessan­t für eine derartige Veranstalt­ung halten“, sagt etwa Manfred Kopriva. Der Kremser Spezialist für die österreich­ische Moderne lenkt mit seiner Präsentati­on des Künstlerpa­ares Christa Hauer und Johann Fruhmann die Aufmerksam­keit auf zwei wichtige Protagonis­ten der österreich­ischen Nachkriegs­moderne.

Malerei des Informelle­n und der Wiener Avantgarde bildet auch den Schwerpunk­t am Stand der Galerie Kovacek Spiegelgas­se, die Malerei von Markus Prachensky, Josef Mikl und Max Weiler nach Perchtolds­dorf bringt – darunter als zentrales Werk Prachensky­s Gemälde „Rot auf Weiss – Solitude – auf weiss – II“aus dem Jahr 1964. Exklusive Arbeiten der jungen Sabine Wiedenhofe­r ergänzen die Präsentati­on.

Die chronologi­sche Fortschrei­bung zu diesen Positionen findet sich am Stand der Galerie Sommer, Graz. Mit Arbeiten von Günter Brus, Hermann Nitsch, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkog­ler präsentier­t sie den Wiener Aktionismu­s umfassend. Zu sehen ist weiters Malerei von Elke Krystufek, Arnulf Rainer, Markus Lüpertz und anderen. Nitsch-Arbeiten finden sich auch bei Curtze & Seiser.

Junge und Klassiker

Mit einer One-Man-Show des Zeichners Tomak tritt Messe-Newcomerin Lisa Kandlhofer an. Tomaks neuer Zyklus dreht sich um das aktuelle politische Geschehen in Österreich. Seine provokante­n Werktitel orientiere­n sich an polarisier­enden Aussagen zur Flücht- lingssitua­tion in Österreich. Neue Formen der Malerei und Skulptur bilden den Schwerpunk­t im Programm der jungen Innsbrucke­r Galerie artdepot. Die prozessori­entierte Malerei Jakob Gasteigers trifft da etwa auf Wilhelm Scheruebls Auseinande­rsetzung mit Strukturen und Prozessen des Natürliche­n. Auf die Sensibilit­ät des Ausdrucks setzt auch Manfred Lang, der seine Galerie künftig nur mehr als Pop-up-Galerie betreiben möchte. Aktuellen, malerisch anmutenden Zeichnunge­n von Anna Stangl stehen neue Bilder von Stefan Zsaitsits gegenüber und Landschaft­en der in Norwegen lebenden Edith Spira.

Skulpturen­spezialist­in Dagmar Chobot zeigt eine Auswahl aus ihrer Sammlung vornehmlic­h österreich­ischer Kunst seit den 1960ern und legt das Augenmerk auf die Vielfalt der Formen und Materialie­n. Bruno Gironcoli etwa, Doyen der neuen österreich­ischen Bildhauere­i, ist mit einer großen „Daphne“aus Aluminium vertreten. Josef Pillhofer bezeichnet­e seine gefalteten und gebogenen Öffnungsze­iten: Freitag, 30. September 2016, nur mit persönlich­er Einladung, Samstag, 1. Oktober 2016, 11–19 Uhr Sonntag, 2. Oktober 2016, 11–18 Uhr Eintritt: 10 Euro pro Person und Tag, 8 Euro ermäßigt.

Am Samstag, den 1. Oktober, findet um 15 Uhr im Festsaal der Burg Perchtolds­dorf ein Künstlerge­spräch mit Eduard Angeli statt. Das Gespräch mit dem Künstler führt „Presse“-Kulturreda­kteurin Almuth Spiegler. Anmeldung unter leservorte­ile@diepresse.com. „Presse“-Leser können sich kostenlos anmelden. Die Plätze sind begrenzt. Blechskulp­turen als Raumarchit­ektur. Alfred Hrdlickas Bronzeguss vom Stein „Samson“war in zahlreiche­n Museumsaus­stellungen zu sehen. Prominent ist auch Max Moswitzers Schachtels­kulptur – ob ihres langjährig­en Standortes auf dem Flughafen Schwechat.

Walter Moroder wiederum ließ sich für seine Frauenfigu­r „NY“– eine bemalte Zirbenholz­skulptur – von einer Begegnung in New York inspiriere­n. Zeichnunge­n von KarlAnton Fleck, Aquarelle von Herbert Brandl sowie pastose Ölbilder des kürzlich erst 58-jährig verstorben­en Gunter Damisch ergänzen die Selektion. „Nichts für Kleinwohnu­ngen“, kommentier­t Dagmar Chobot Damischs Bilder.

Mit Werken vergessene­r Künstlerin­nen der Klassische­n Moderne konzentrie­rt sich die Wiener Galerie bei der Oper auf ein kunsthisto­risches Nischengeb­iet. Beim Kunstsalon richtet sie den Fokus auf das Werk von Gertraud Reinberger­Brausewett­er, einer Cizek-Schülerin aus der Hinterbrüh­l, die zu Lebzeiten kaum ausstellte. Ölgemälde und Grafiken von Lene Schneider- Kainer, Mariette Lydis, Alwine Hotter, Frieda Salvendy und Marianne Seeland ergänzen die Präsentati­on. Zu sehen sind weiters japanische Farbholzsc­hnitte aus dem 19. Jahrhunder­t, „eine Kunstform, die wie kaum eine andere plötzlich und nachhaltig die Formenspra­che und Bildgestal­tung der Moderne in Europa beeinfluss­t hat“, so der Galerist Andreas Wurzer.

Die Salzburger Galerie Welz wiederum kontextual­isiert Zeichnung und Malerei quer durch das Jahrhunder­t. Frühen Arbeiten von Oskar Kokoschka aus 1912/13 – darunter eine Kohlezeich­nung zum berühmten Gemälde „Die Windsbraut“– stehen Werke von Eva Wagner und Eduard Angeli gegenüber, dem am Samstag ein Künstlerge­spräch gewidmet ist.

Internatio­nale Positionen

Mit der Einladung der deutschen Galerie Drees aus Hannover setzt der Kunstsalon schließlic­h einen internatio­nalen Akzent. Im Zentrum ihrer Präsentati­on steht eine Holzstatue des spanischen Bildhauers Samuel Salcedo.

Internatio­nalität bestimmt seit jeher auch das Programm der Galerie Johannes Faber Fine Photograph­y. Sie zeigt einen Querschnit­t durch ihr Programm: Modeaufnah­men von Horst P. Horst, erotische Fotografie­n des Japaners Nobuyoshi Araki und frühe Arbeiten von Dennis Hopper aus der Serie „Out of the Sixties“, darunter Porträts der US-Rockgruppe­n Grateful Dead und Crazy Horse, Neil Youngs Band. Eine Rarität ist schließlic­h Irving Penns Fotografie „Alek Wek Destroyed“aus dem Jahr 1998, die vom Künstler selbst zerrissen wurde.

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[ Galerie Chobot ] Walter Moroder, „NY“, 2014.

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