Kunstmesse vor den Toren der Großstadt
Der Kunstmarkt ist in Bewegung geraten, der Trend geht in Richtung Spezialveranstaltungen. Mit dem Kunstsalon Burg Perchtoldsdorf feiert ein neues Format seine Premiere.
Wien. Die Kunstmessen sind im Umbruch. Groß war gestern. Groß sind nur die Namen der ausgestellten Künstler oder Formate. Was die Veranstaltungen betrifft, sind neue kreative Konzepte gefragt – von den Besuchern ebenso wie von den Ausstellern. Das Ambiente spielt dabei eine wichtige Rolle, ebenso die Architektur und die Geschichte des Veranstaltungsortes. Für Käufer und Sammler ist die Kunstmesse gewissermaßen der erste Ort, an dem sie das Werk ausgestellt sehen – ein erster Anlauf, um zu sehen, wie das Werk im Raum wirkt. Für die Kunsthändler wiederum ist die räumliche Umgebung eine Chance, die angebotenen Stücke bestmöglich in Szene zu setzen. „Wir erleben gerade die ersten Abwendungen von globalen, internationalen Großkunstmessen“, kommentiert Galerist Manfred Lang diese Entwicklung. „Spezialmessen und kleinere Nischenmessen liegen international voll im Trend.“
Mit dem neuen Kunstsalon Burg Perchtoldsdorf erprobt der österreichische Messeveranstalter Art-Port.cc nun in den kürzlich renovierten Räumlichkeiten der mittelalterlichen Burg mit dem markanten Turm ein solches Format. Mit der geografischen Lage an der niederösterreichischen Grenze ist die Anbindung an Wien gegeben.
Stärker noch als in den bisherigen Veranstaltungen im Portfolio von Art-Port.cc (Art Austria und Art Salzburg) lautet die Devise für diesen Kunstsalon explizit „klein, aber fein“. 20 Galerien und Kunsthändler nehmen teil. Rund zwei Drittel kommen aus Wien, sieben Teilnehmer aus den Bundesländern, ein Aussteller aus Deutschland. Das Spektrum der Aussteller umfasst renommierte Galerien ebenso wie junge. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf österreichischer Kunst von 1900 bis zur Gegenwart. 700 Quadratmeter und modernste Messearchitektur stehen den Ausstellern auf zwei Etagen zur Verfügung. Qualität steht vor Quantität.
„Wir haben uns zur Teilnahme an dieser Kunstmesse entschieden, da wir die Location für besonders attraktiv und den Standort im Süden Wiens als sehr interessant für eine derartige Veranstaltung halten“, sagt etwa Manfred Kopriva. Der Kremser Spezialist für die österreichische Moderne lenkt mit seiner Präsentation des Künstlerpaares Christa Hauer und Johann Fruhmann die Aufmerksamkeit auf zwei wichtige Protagonisten der österreichischen Nachkriegsmoderne.
Malerei des Informellen und der Wiener Avantgarde bildet auch den Schwerpunkt am Stand der Galerie Kovacek Spiegelgasse, die Malerei von Markus Prachensky, Josef Mikl und Max Weiler nach Perchtoldsdorf bringt – darunter als zentrales Werk Prachenskys Gemälde „Rot auf Weiss – Solitude – auf weiss – II“aus dem Jahr 1964. Exklusive Arbeiten der jungen Sabine Wiedenhofer ergänzen die Präsentation.
Die chronologische Fortschreibung zu diesen Positionen findet sich am Stand der Galerie Sommer, Graz. Mit Arbeiten von Günter Brus, Hermann Nitsch, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkogler präsentiert sie den Wiener Aktionismus umfassend. Zu sehen ist weiters Malerei von Elke Krystufek, Arnulf Rainer, Markus Lüpertz und anderen. Nitsch-Arbeiten finden sich auch bei Curtze & Seiser.
Junge und Klassiker
Mit einer One-Man-Show des Zeichners Tomak tritt Messe-Newcomerin Lisa Kandlhofer an. Tomaks neuer Zyklus dreht sich um das aktuelle politische Geschehen in Österreich. Seine provokanten Werktitel orientieren sich an polarisierenden Aussagen zur Flücht- lingssituation in Österreich. Neue Formen der Malerei und Skulptur bilden den Schwerpunkt im Programm der jungen Innsbrucker Galerie artdepot. Die prozessorientierte Malerei Jakob Gasteigers trifft da etwa auf Wilhelm Scheruebls Auseinandersetzung mit Strukturen und Prozessen des Natürlichen. Auf die Sensibilität des Ausdrucks setzt auch Manfred Lang, der seine Galerie künftig nur mehr als Pop-up-Galerie betreiben möchte. Aktuellen, malerisch anmutenden Zeichnungen von Anna Stangl stehen neue Bilder von Stefan Zsaitsits gegenüber und Landschaften der in Norwegen lebenden Edith Spira.
Skulpturenspezialistin Dagmar Chobot zeigt eine Auswahl aus ihrer Sammlung vornehmlich österreichischer Kunst seit den 1960ern und legt das Augenmerk auf die Vielfalt der Formen und Materialien. Bruno Gironcoli etwa, Doyen der neuen österreichischen Bildhauerei, ist mit einer großen „Daphne“aus Aluminium vertreten. Josef Pillhofer bezeichnete seine gefalteten und gebogenen Öffnungszeiten: Freitag, 30. September 2016, nur mit persönlicher Einladung, Samstag, 1. Oktober 2016, 11–19 Uhr Sonntag, 2. Oktober 2016, 11–18 Uhr Eintritt: 10 Euro pro Person und Tag, 8 Euro ermäßigt.
Am Samstag, den 1. Oktober, findet um 15 Uhr im Festsaal der Burg Perchtoldsdorf ein Künstlergespräch mit Eduard Angeli statt. Das Gespräch mit dem Künstler führt „Presse“-Kulturredakteurin Almuth Spiegler. Anmeldung unter leservorteile@diepresse.com. „Presse“-Leser können sich kostenlos anmelden. Die Plätze sind begrenzt. Blechskulpturen als Raumarchitektur. Alfred Hrdlickas Bronzeguss vom Stein „Samson“war in zahlreichen Museumsausstellungen zu sehen. Prominent ist auch Max Moswitzers Schachtelskulptur – ob ihres langjährigen Standortes auf dem Flughafen Schwechat.
Walter Moroder wiederum ließ sich für seine Frauenfigur „NY“– eine bemalte Zirbenholzskulptur – von einer Begegnung in New York inspirieren. Zeichnungen von KarlAnton Fleck, Aquarelle von Herbert Brandl sowie pastose Ölbilder des kürzlich erst 58-jährig verstorbenen Gunter Damisch ergänzen die Selektion. „Nichts für Kleinwohnungen“, kommentiert Dagmar Chobot Damischs Bilder.
Mit Werken vergessener Künstlerinnen der Klassischen Moderne konzentriert sich die Wiener Galerie bei der Oper auf ein kunsthistorisches Nischengebiet. Beim Kunstsalon richtet sie den Fokus auf das Werk von Gertraud ReinbergerBrausewetter, einer Cizek-Schülerin aus der Hinterbrühl, die zu Lebzeiten kaum ausstellte. Ölgemälde und Grafiken von Lene Schneider- Kainer, Mariette Lydis, Alwine Hotter, Frieda Salvendy und Marianne Seeland ergänzen die Präsentation. Zu sehen sind weiters japanische Farbholzschnitte aus dem 19. Jahrhundert, „eine Kunstform, die wie kaum eine andere plötzlich und nachhaltig die Formensprache und Bildgestaltung der Moderne in Europa beeinflusst hat“, so der Galerist Andreas Wurzer.
Die Salzburger Galerie Welz wiederum kontextualisiert Zeichnung und Malerei quer durch das Jahrhundert. Frühen Arbeiten von Oskar Kokoschka aus 1912/13 – darunter eine Kohlezeichnung zum berühmten Gemälde „Die Windsbraut“– stehen Werke von Eva Wagner und Eduard Angeli gegenüber, dem am Samstag ein Künstlergespräch gewidmet ist.
Internationale Positionen
Mit der Einladung der deutschen Galerie Drees aus Hannover setzt der Kunstsalon schließlich einen internationalen Akzent. Im Zentrum ihrer Präsentation steht eine Holzstatue des spanischen Bildhauers Samuel Salcedo.
Internationalität bestimmt seit jeher auch das Programm der Galerie Johannes Faber Fine Photography. Sie zeigt einen Querschnitt durch ihr Programm: Modeaufnahmen von Horst P. Horst, erotische Fotografien des Japaners Nobuyoshi Araki und frühe Arbeiten von Dennis Hopper aus der Serie „Out of the Sixties“, darunter Porträts der US-Rockgruppen Grateful Dead und Crazy Horse, Neil Youngs Band. Eine Rarität ist schließlich Irving Penns Fotografie „Alek Wek Destroyed“aus dem Jahr 1998, die vom Künstler selbst zerrissen wurde.