Mehr Gable als Häupl: Man trägt wieder Schnauzer
Neuvorstellung. Die vierte Auflage des Kia Rio übt sich im Design mehr in Zurückhaltung als der Vorgänger. Bei Ausstattung und Innenraum holt der kompakte Koreaner aber weit aus.
Paris. Zweizonen-Klima, Lenkradheizung, Hands-free-Zugang, Navi mit BlueTooth: Die Geschichte wiederholt sich inzwischen bei jedem Modellwechsel. Erst geigen die Deutschen mächtig auf und klotzen mit Premium-Features, die sie den Konzernbuchhaltern immerhin als extra zu entlohnende Optionen für die Kompaktklasse abringen. Dann kommen die Koreaner und bieten fast das gleiche an, allerdings schon als Serienausstattung.
Ende der Experimente
Wem die vier Nullen am Kühlergrill wichtiger sind als die Zahl, die schließlich unten auf dem Kaufvertrag steht, darf das kalt lassen. Sorgfältige Kostenrechner wagen aber zunehmend Blick und Griff nach Fernost: 473.000 des Polound A1-Konkurrenten Rio hat Kia 2015 abgesetzt, und der neue will in seinem Segment naturgemäß noch weiter aufholen.
Zu einem erheblichen Teil im Entwicklungscenter der Marke in Frankfurt entstanden, folgt er deswegen auch der gängigen europäischen Norm: Vorbei ist die Zeit der Experimente, als die Marke noch um jeden Preis auffallen musste und jeder Kia ein wenig überdesig- ned war – und der pure Anblick schon eine gewisse Unruhe erzeugte.
Der Rio ist angepasster, aber auch nicht zu glatt. Und er trägt einen Schnauzer! Nicht die Walross-Variante a` la Magnum oder Häupl, sondern als Kühlergrill einen eleganten Streifen, wie Clark Gable oder David Niven selig.
Die Koreaner werden jetzt eventuell beleidigt sein, sie nennen das Ding im Markengesicht ja stolz Tigernase.
Offenes Raumgefühl
Verstanden hat Kia in jedem Fall, dass die europäischen Marken nicht zuletzt dank ihrer hochwertigen und von Generation zu Generation sorgfältig weiterentwickelten Innenräume erfolgreich sind. Wer jeden Tag eine oder mehrere Stunden auf ein Armaturenbrett schaut, will das möglichst entspannt tun – und beim Umstieg auf das Nachfolgemodell keine Bedienungsanleitung brauchen.
Auch der Rio hat diese Evolution vollzogen, wartet mit einem hochwertigen und funktionellen Innenraum auf, das Cockpit sauber getrennt in Info- (oben) und Bedienbereich (unten). Der zentrale Touchscreen des Apple- und And- roid-tauglichen Infotainmentsystems ist nicht mehr bündig verbaut, sondern halb freistehend, wodurch das Armaturenbrett dahinter weniger wuchtig ausfällt und ein offeneres Raumgefühl zulässt.
Benzin-Saugmotoren stehen mit 1,2 und 1,4 Liter zu 84 und 100 PS zur Auswahl, dazu die schon aus dem Ceed bekannten, quirligen 1,0-Liter-Turbos mit 100 oder 120 PS. Der 1,4-Liter-Turbodiesel wartet mit zurückhalten- den 70 oder 90 PS auf. Alle Varianten der Motorenpalette wollen jeweils mit einem CO2-Ausstoß von unter 100 Gramm auskommen.
Zumindest vorerst wird im Rio ausschließlich handgerührt: Die hauseigene Doppelkupplungs-Automatik ist erst einmal nicht im Angebot.
Zu sehen wird Kias neuer Kompakter erstmals auf der Vienna Autoshow im Jänner sein, der Verkauf startet ab Februar. (pab)