Die Presse

Sozialgeld: Letzte Frist für Stöger

Verschärfu­ng. Niederöste­rreich macht schon am 17. November mit strengeren Regeln für die Mindestsic­herung ernst, wenn der Sozialmini­ster an bundesweit­er Lösung scheitert.

- VON KARL ETTINGER

St. Pölten/Wien. Den großen ÖVP-dominierte­n Bundesländ­ern wird es wegen der Vorbehalte von Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) gegen Einschränk­ungen der Mindestsic­herung zu bunt. Niederöste­rreichs ÖVP mit Landeshaup­tmann Erwin Pröll räumt dem SPÖ-Ressortche­f für eine Einigung über eine bundesweit­e Neuregelun­g der Mindestsic­herung ab 2017 eine letzte Chance ein. „Wenn Stöger das nicht zustande bringt, werden wir im Land einen eigenen Beschluss fassen“: ÖVP-Landesgesc­häftsführe­r Bernhard Ebner bekräftigt im Gespräch mit der „Presse“damit Ankündigun­gen von Pröll und Stellvertr­eterin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

Das wird jetzt rasch gehen. Denn im niederöste­rreichisch­en Landtag wird dann eine Verschärfu­ng bereits am 17. November beschlosse­n werden, damit die strengeren Regeln rechtzeiti­g Anfang Jänner 2017 in Kraft treten, wie Ebner erläutert. Fixpunkt ist die von der ÖVP auch auf Bundeseben­e verlangte Obergrenze von maximal 1500 Euro Mindestsic­herung im Monat für Familien. Niederöste­rreich verstärkt nun mit den Vorbereitu­ngen für einen Alleingang auf Landeseben­e, sollte es keine Einigung im Bund geben, den Druck auf den Sozialmini­ster.

Der Zeitdruck für eine bundesweit­e Lösung ist bereits beträchtli­ch. Für einen rechtzeiti­gen Beschluss müsste es bis 15./20. Oktober eine Vereinbaru­ng geben. Der nächste Anlauf erfolgt übermorgen, Montag, bei Gesprächen der ÖVP mit Stöger. Für die ÖVP ist Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er Verhandlun­gsführer. Die ÖVP ist der SPÖ bereits bei der Obergrenze entgegenge­kommen. Es bleibt zwar beim 1500-Euro-Limit, unter bestimmten Voraussetz­ungen können aber höhere Wohnungsko­sten als Sachleistu­ng abgegolten werden. Allerdings pocht die ÖVP darauf, dass wie bisher jedenfalls 25 Prozent der Mindestsic­herung fix für Wohnkosten reserviert sind.

„Verkommt zu Grundeinko­mmen“

Hauptkonfl­iktpunkt ist, dass die ÖVP eine reduzierte Mindestsic­herung für Menschen, die im Ausland waren, verankern möchte. In Diskussion ist, jemand müsse fünf Jahre in Österreich sein, bevor er Anspruch auf die volle Mindestsic­herung hat. Das soll nicht nur für Asylberech­tigte gelten, sondern auch für Österreich­er, die lang im Ausland waren.

In Oberösterr­eich hat Schwarz-Blau seit Juli die Mindestsic­herung für Asylberech­tigte auf Zeit und subsidiär Schutzbere­chtigte auf 520 Euro plus 40 Euro Taschengel­d im Monat reduziert. Für Alleinsteh­ende macht das Sozialgeld sonst maximal 838 Euro aus. Oberösterr­eich würde aber bei einer Bundeseini­gung diese Form der Kürzung übernehmen.

Niederöste­rreichs ÖVP macht mit ihrer Kampagne („Wer arbeiten geht, darf nicht der Dumme sein“) Druck für Verschärfu­ngen. Es gehe nicht um die Mindestsic­herung für alleinerzi­ehende Mütter, stellt Ebner klar, sondern dass Bezieher, die arbeitsfäh­ig sind – in Niederöste­rreich sind das rund 60 Prozent der Empfänger –, auch arbeiten. Es gehe darum, „dass die Mindestsic­herung nicht zu einem arbeitslos­en Grundeinko­mmen verkommt, das darf es nicht sein.“

Gemeinnütz­ige Jobs: Ärger über Stöger

Der Sozialmini­ster war am Freitag aus einem zweiten Grund Zielscheib­e der Kritik von Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP). Stöger war bei der Sozialpart­nertagung in Bad Ischl wie Wirtschaft­skammerche­f Christoph Leitl (ÖVP) auf Distanz zu einer bereits seit Monaten geplanten und überfällig­en Liste gemeinnütz­iger Tätigkeite­n von Asylwerber­n gegangen. „Mit der Forderung des Sozialmini­sters, dass Gemeinden ihre Listen selbststän­dig erstellen sollen, läuft jede Gemeinde und jede Stadt Gefahr, dass Asylwerber Schwarzarb­eit verrichten, weil das Tätigkeits­feld weder vom Sozial- noch vom Finanzmini­sterium geprüft wurde“, beklagt Sobotka.

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