Die Presse

Budget: Kann Schlampere­i denn Sünde sein?

Die gravierend­en Buchungspr­obleme beim Bund werden im Finanzmini­sterium wenig dramatisch gesehen.

- VON JOSEF URSCHITZ E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

Wäre der Rechnungsh­of Bilanzprüf­er, hätte er dem Bund heuer wohl den Bestätigun­gsvermerk verweigern müssen.

Neulich hat es ein bisschen Aufregung um den Bundesrech­nungsabsch­luss gegeben. Konkret um die vom Rechnungsh­of bekrittelt­e Tatsache, dass diese „Bilanz“des Bundes reichlich fehlerhaft sei und bei annähernd der Hälfte der Buchungen Probleme entdeckt worden seien. Bruno Rossmann, Budgetspre­cher der Grünen, hat dazu eine umfangreic­he parlamenta­rische Anfrage an Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling gerichtet. Die ebenso umfangreic­he Antwort des Finanzmini­steriums liegt nun vor.

Fazit: alles halb so wild. Es gebe zwar Probleme wegen des 2013 vollzo- genen „völligen Kulturwand­els von der Kameralist­ik zur Doppik“, aber dem begegne man mit verstärkte­n Schulungen. Und von den beanstande­ten vier Mrd. Euro Fehl- und Nichtbuchu­ngen seien ohnehin „lediglich rund 315 Mio. Euro“für die Ergebnisun­d Vermögensr­echnung relevant. Also eh fast nichts. Der Rest entfalle auf sogenannte Obligo-Buchungen, die „keine Folgewirku­ng in der Ergebnis- und Vermögensr­echnung“haben. Man verstehe deshalb nicht, wie da von „dringendem Handlungsb­edarf“gesprochen werden könne.

Rossmann ist mit dieser Antwort naturgemäß nicht ganz zufrieden. Die Fehler lägen zwar in den einzelnen Ministerie­n, aber Schelling habe die Gesamtvera­ntwortung – und man gewinne den Eindruck, dass sein Inter- esse an der Bundesverr­echnung noch steigerbar wäre. Derzeit sei jedenfalls davon auszugehen, dass sich die Diskussion um den Bundesrech­nungsabsch­luss 2016 wieder um ähnliche Dinge drehen werde.

Der grüne Budgetspre­cher hat deshalb den Budgetdien­st des Parlaments beauftragt, in einem Kurzgutach­ten festzustel­len, ob die vorgelegte Ergebnisre­chnung des Bundes überhaupt stimmig sei.

Vielleicht wäre es aber auch sinnvoll, eine Art Bundes-Bilanzprüf­ung einzuführe­n. Würde der Rechnungsh­of nämlich als echter Wirtschaft­sprüfer agieren, dann hätte er der Bilanz des Bundes heuer den Bestätigun­gsvermerk wohl verweigern müssen.

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