Der heiße Streit um die kalte Progression
Die Inflationssteuer gehört ohne Wenn und Aber abgeschafft.
Wie schafft man die sogenannte kalte Progression, die dem Finanzminister Hunderte Millionen Euro Körberlgeld im Jahr verschafft, am besten ab? Indem man den Steuertarif automatisch mit der Inflation erhöht, sagt der Finanzminister. Ungerecht, sagt etwa die Arbeiterkammer: Niedrige Einkommen müssten stärker entlastet werden.
Letztere bekommt jetzt Unterstützung von einer Studie der WU Wien (siehe Seite 17), die die Verteilungseffekte einer Abschaffung der kalten Progression untersucht hat. Fazit: Eine Anpassung mithilfe des Verbraucherpreisindex würde hohe Einkommen begünstigen, weil Niedrigein kommens bezieher wegen ihres Verbrauch sprofils stärker von Inflation geplagt würden. Das wäre dann „Umverteilung von unten nach oben“.
Letzteres ist natürlich ein hanebüchen unsinniges politisches Argument. Das gesamte progressive Einkommensteuersystem ist eine gewaltige Umverteilung von oben nach unten. Das ist auch gut so. Aber wenn sich die Relation hier mikroskopisch verschiebt, dann dreht sich damit noch nicht die Umverteilungswirkung um. G rundsätzlich ist die kalte Progression die Besteuerung von Inflation. Der Steuerpflichtige zahlt also Steuer auf ein Einkommen, das er real gar nicht hat. Egal, ob er viel oder wenig verdient. Der Effekt: Bei jeder noch so kleinen Lohnerhöhung steigt der persönliche Durchschnittssteuersatz, auch wenn das Realeinkommen inflationsbedingt nicht zunimmt. Der Staat trägt damit viel dazu bei, dass die Realeinkommen trotz jährlicher Lohnsteigerungen stagnieren bis sinken.
Das gehört flott repariert. Da mit einkommensgestaffelt unterschiedlichen Inflationsraten zu hantieren, könnte aber schnell zum Eigentor werden: Wenn man nämlich bei der kalten Progression einen Niedrigverdienerindex ansetzt, dann gibt es natürlich keinen Grund, beispielsweise bei Pensionserhöhungen nicht den höheren Pensionistenindex heranzuziehen.
Die kalte Progression, da sind sich hoffentlich alle einig, gehört beseitigt. Da gibt es mit dem Schelling-Vorschlag eine effiziente Lösung, die man nicht unbedingt administrativ unnötig verkomplizieren muss.