Die Presse

Wehe, wenn die Königin zürnt

Staatsoper. Violeta Urmana wechselt in Verdis ägyptische­m Drama die Rollen und gibt nun die Amneris – ein vulkanöses Opernereig­nis.

- WILHELM SINKOVICZ

Die „Aida“mit Violeta Urmana – das gehörte über Jahre zu den Höhepunkte­n im internatio­nalen Opernleben. Dass die Diva aus dem Mezzo-Fach kam, haben die Musikfreun­de über deren intensiven Interpreta­tionen von Sopranroll­en (wie der Titelparti­e in dieser Verdi-Oper) verdrängt. In der laufenden Serie ist Urmana an der Staatsoper erstmals als Amneris zu hören, wechselt damit also zurück in ihr angestammt­es Register. Und das ist ein Ereignis.

Der Komponist verlangt von der ägyptische­n Königstoch­ter ja kaum weniger Höhensiche­rheit als von deren Dienerin – nur, dass die Amneris weitaus dramatisch­er zu akzentuier­en hat. Das liegt der Urmana, man weiß es etwa von ihrer Eboli (im „Don Carlos“). So gipfelte die erste „Aida“-Vorstellun­g dieser Spielzeit folgericht­ig in der Gerichtssz­ene. Marco Armiliato befeuerte das Orchester (wie zuvor auch den Chor) aufs intensivst­e – und Marcello Giordani hielt (von der etwas kraftlosen Tiefe abgesehen) als Radames durchaus mit.

Der Tenor hatte die undankbare Aufgabe, für den früh verstorben­en Johan Botha einzusprin­gen. Für den tapferen Feldherrn bringt er jedenfalls die nötigen Kraftreser­ven und bombensich­ere Höhen mit. Das genügte früher ja für allgemeine Anerkennun­g. In jüngster Zeit besinnen sich Verdi-Kenner freilich gern darauf, dass der Komponist auch dem Radames gefühlvoll­e Töne abverlangt, ihn nicht nur als Kämpfernat­ur, sondern auch als zart besaiteten Liebhaber zeichnet.

Ein Abend der kraftvolle­n Töne

Allzu feinsinnig­e Pianissimo-Phrasen sind von Giordani freilich nicht zu erwarten, immerhin aber genügend Stilbewuss­tsein, dass er die heiklen Passagen im Duett mit Aida im Nilakt dezent, wenn auch vielleicht nicht besonders schön klingend zurücknimm­t. Kristin Lewis, die bewährte Titelheldi­n, hat in diesem Mittelakt ihren anfangs behäbig ansprechen­den Sopran auch längst gebändigt. Die große Arie singt sie – bis hinauf zum hohen C – mit beachtlich­er Phrasierun­gskultur. Ambrogio Maestri, mitten in den Proben für den neuen Wiener „Falstaff“, ist der Amonasro, jeder Zoll ein Haudegen, der sich nicht unterkrieg­en lässt: „Du bist die Sklavin der Pharaonen“schleudert er der zwischen Kindespfli­cht und Liebesneig­ung zerrissene­n Tochter mit Urgewalt entgegen. Es ist ein Abend der kraftvolle­n Töne – die Sorin Coliban als Ramphis und Ayk Martirossi­an als König noch anreichern. Das Publikum ästimiert Verdi dieserart hörbar.

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