Wehe, wenn die Königin zürnt
Staatsoper. Violeta Urmana wechselt in Verdis ägyptischem Drama die Rollen und gibt nun die Amneris – ein vulkanöses Opernereignis.
Die „Aida“mit Violeta Urmana – das gehörte über Jahre zu den Höhepunkten im internationalen Opernleben. Dass die Diva aus dem Mezzo-Fach kam, haben die Musikfreunde über deren intensiven Interpretationen von Sopranrollen (wie der Titelpartie in dieser Verdi-Oper) verdrängt. In der laufenden Serie ist Urmana an der Staatsoper erstmals als Amneris zu hören, wechselt damit also zurück in ihr angestammtes Register. Und das ist ein Ereignis.
Der Komponist verlangt von der ägyptischen Königstochter ja kaum weniger Höhensicherheit als von deren Dienerin – nur, dass die Amneris weitaus dramatischer zu akzentuieren hat. Das liegt der Urmana, man weiß es etwa von ihrer Eboli (im „Don Carlos“). So gipfelte die erste „Aida“-Vorstellung dieser Spielzeit folgerichtig in der Gerichtsszene. Marco Armiliato befeuerte das Orchester (wie zuvor auch den Chor) aufs intensivste – und Marcello Giordani hielt (von der etwas kraftlosen Tiefe abgesehen) als Radames durchaus mit.
Der Tenor hatte die undankbare Aufgabe, für den früh verstorbenen Johan Botha einzuspringen. Für den tapferen Feldherrn bringt er jedenfalls die nötigen Kraftreserven und bombensichere Höhen mit. Das genügte früher ja für allgemeine Anerkennung. In jüngster Zeit besinnen sich Verdi-Kenner freilich gern darauf, dass der Komponist auch dem Radames gefühlvolle Töne abverlangt, ihn nicht nur als Kämpfernatur, sondern auch als zart besaiteten Liebhaber zeichnet.
Ein Abend der kraftvollen Töne
Allzu feinsinnige Pianissimo-Phrasen sind von Giordani freilich nicht zu erwarten, immerhin aber genügend Stilbewusstsein, dass er die heiklen Passagen im Duett mit Aida im Nilakt dezent, wenn auch vielleicht nicht besonders schön klingend zurücknimmt. Kristin Lewis, die bewährte Titelheldin, hat in diesem Mittelakt ihren anfangs behäbig ansprechenden Sopran auch längst gebändigt. Die große Arie singt sie – bis hinauf zum hohen C – mit beachtlicher Phrasierungskultur. Ambrogio Maestri, mitten in den Proben für den neuen Wiener „Falstaff“, ist der Amonasro, jeder Zoll ein Haudegen, der sich nicht unterkriegen lässt: „Du bist die Sklavin der Pharaonen“schleudert er der zwischen Kindespflicht und Liebesneigung zerrissenen Tochter mit Urgewalt entgegen. Es ist ein Abend der kraftvollen Töne – die Sorin Coliban als Ramphis und Ayk Martirossian als König noch anreichern. Das Publikum ästimiert Verdi dieserart hörbar.