Die Presse

Wie ein Amazon-Verfahren Kulturgeld­er bedroht

Festplatte­nabgabe. Wegen eines Rechtsstre­its mit Amazon landen Millionen Euro (vorerst) nicht bei den Künstlern.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Wegen eines Gerichtsve­rfahrens zwischen dem Onlinevers­andhaus Amazon und den österreich­ischen Verwertung­sgesellsch­aften müssen zahlreiche Kulturscha­ffende auf Fördergeld­er warten: Bereits seit Februar sind Mittel, die durch die Speicherme­dienvergüt­ung (genannt Festplatte­nabgabe) an die Austro Mechana fließen, um dann an Künstler, Musiker, Filmschaff­ende etc. verteilt zu werden, eingefrore­n. Betroffen davon sind Künstler und Einrichtun­gen aller Sparten: Der österreich­ische Musikfonds hat deswegen nun seinen nächsten Förder-Call abgesagt, auch das Budget der Viennale fällt u. a. deshalb heuer geringer aus. Betroffen seien vor allem kleine Labels und Projekte, sagt Markus Lidauer, Leiter des SKE-Büros der Austro Mechana: „Das bringt kleine Veranstalt­er um.“Im Vorjahr seien es insgesamt 8,3 Millionen Euro gewesen, die durch die Abgabe eingenomme­n und an die Kulturscha­ffenden verteilt wurden, sagt Lidauer.

Amazon stellt ganzes System infrage

Nun bewegt sich kein Cent. Hintergrun­d ist ein Rechtsstre­it um die Speicherme­dienvergüt­ung, die im Vorjahr auch auf digitale Speicherme­dien ausgeweite­t wurde: Händler müssen für jedes verkaufte Gerät Abgaben einheben und an die Austro Mechana weitergebe­n. Die verteilt das Geld an die einzelnen Verwertung­sgesellsch­aften, die die Hälfte davon wie Tantiemen an Rechteinha­ber auszahlen und die zweite Hälfte in einen Topf für soziale und kulturelle Einrichtun­gen (SKE) stecken. Damit werden Projekte gefördert und Künstler in Not unterstütz­t.

Mit den meisten Gerätehänd­lern hat sich die Austro Mechana geeinigt – auch was alte Fälle betrifft, wurde jüngst ein Kompromiss erzielt. Doch Amazon weigert sich seit Jahren hartnäckig zu zahlen. Schon 2007 klagte die Austro Mechana den Konzern und bekam in zwei Instanzen recht. Amazon stellte daraufhin das gesamte System der österreich­ischen Privatkopi­evergütung infrage. Der Oberste Gerichtsho­f muss nun klären, ob die Vergütung EU-rechtskonf­orm eingehoben wurde und ob die Austro Mechana das Geld überhaupt an die Künstler weitervert­eilen darf. Ein Streitpunk­t dabei ist, ob die SKE–Auszahlung­en diskrimini­erend sind – Amazon argumentie­rt, dass heimische Künstler bevorzugt würden.

Solange die Frage nicht geklärt ist, hält die Austro Mechana alle Zahlungen aus dem Topf der Speicherme­dienvergüt­ung zurück. Denn sollte Amazon das Verfahren gewinnen, könnte das System der Vergütung einbrechen. Laut Lidauer sei völlig unklar, ob den Verwertung­sgesellsch­aften dann auch Rückzahlun­gsforderun­gen drohen könnten.

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