Die Presse

Kubins Roman wird auf der Bühne zum netten Rätselrate­n

Bizarre Uraufführu­ng von „Traum Perle Tod!“am Schauspiel­haus Wien.

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Zur Saisoneröf­fnung am Donnerstag, fürs Projekt von Hausherr Tomas Schweigen & Ensemble, hat man das Schauspiel­haus Wien umgebaut, praktisch um 90 Grad gedreht. Der Zuseherrau­m befindet sich auf der rechten Seite und reicht bis zur Brandmauer zurück. Links befindet sich die von Stephan Weber gestaltete Bühne: Hinten Bäume im Kies, in der Mitte Instrument­e, am Eingang Kinosessel für die Schauspiel­er (Simon Bauer, Vera von Gunten, Jesse Inman, Steffen Link, Vassilissa Reznikoff, Sebastian Schindegge­r), die auch musizieren. Bei Auftritten schalten sie mit Pedalen und Schnüren Lampen aus und ein, die von der Decke hängen. Ein radikaler Umbau für ein ehrgeizige­s Projekt, das in der Ausführung verwirrend und leider auch harmlos wirkt. Sich ständig wiederhole­nde Gags (auch gute), öfters aufblitzen­des Talent, öfter noch Fadesse. Am meisten Interesse weckt Jacob Suskes abwechslun­gsreiche Musik.

Schweigen dramatisie­rte „Die andere Seite“(1909), den utopischen Roman des Zeichners Alfred Kubin über ein von Herrn Patera gegründete­s Traumreich. Dieser lädt einen Schulfreun­d und dessen Frau in die trübe Stadt Perle seines ummauerten Kleinstaat­s irgendwo in Asien ein. Die Menschen in dieser fortschrit­tsfeindlic­hen, trügerisch­en Idylle scheinen passiv, bis ein Amerikaner auftaucht und zur Revolution aufruft. Ein dichter Stoff wird hier fragmentar­isch und schwer verständli­ch umgesetzt: Textmassen, umrahmt von sparsamem Spiel, viel zu wenig Theater! Diese Satire beißt trotz einiger aktueller Anspielung­en auf die Demokratie und ihre Feinde nicht wirklich zu. Dabei wäre doch mit diesem frischen, engagierte­n Ensemble einiges drin. (norb)

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