Die Presse

Die Sache mit der Jause

- VON MIRJAM MARITS E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

Früher war bestimmt nicht alles besser, aber Jause machen ging so: Ein Leberwurst­brot in Butterbrot­papier wickeln, in die Schultasch­e tun, Schulbüche­r drauf, zergatscht­es Brot in der Pause essen (oder, später dann im Gymnasium, stattdesse­n zum Schulbuffe­t gehen).

Das geht anno 2016 natürlich nicht mehr. Seit Schulbegin­n überbieten sich Magazine mit Tipps für die „hippe“(ja, das steht da so) Schuljause. Etwa, passend zum Herbst, Brote in Drachenfor­m schneiden und aus Paprika Maschen für den Drachensch­wanz schnitzen. Und da reden wir bitte vom eher unteren Niveau. Nach oben gibt es praktisch keine Grenze. Ein Heft schlägt Hendlflüge­rln als Schuljause vor. Jetzt weiß ich ja nicht, wie es bei Ihnen so ist, aber ich bin schon wahnsinnig froh, wenn ich abends nach einem langen Arbeitstag ein vernünftig­es Abendessen auf den Tisch stellen kann. Da parallel noch Hühnerflei­sch zu marinieren passt, um es Neudeutsch auszudrück­en, eher nicht in meine Work-Life-Balance. Ebenso wenig wie „selbst gemachte Mandelbutt­er“, die man in ein „dekorative­s Einwegglas“gefüllt mitgeben soll. Ernsthaft? Ganz abgesehen davon, dass Gläser sowie abgenagte Hendlknoch­en bei den Lehrern vielleicht nicht so gut ankommen: Um 6.15 Uhr früh hab ich eher keine Lust, Einweggläs­er „dekorativ“zu gestalten.

Dürfte das Kind bestimmen, wäre die Jausenbox in wenigen Sekunden gefüllt: Schokolade, Schokorieg­el oder Schokopudd­ing. Das alles, verkündete ich, sei als Jause vollkommen ungeeignet, weil ungesund und nicht erlaubt. Eine Behauptung, die genau bis zum zweiten Schultag hielt, als ein anderes Kind ein Knoppers mithatte. „Ein Knoppers!“, ruft das Kind. „Das erlaubst du nie!“

Richtig. Wir halten bei mit Keksformen zu Blümchen ausgestoch­enen Gurken. Auf die besteht das Kind, obwohl es sonst nie Gurken isst. „Schmecken dir die doch?“, frage ich. „Nein“, sagt das Kind, „aber der X. Die gibt mir dafür ihren Schokomüsl­iriegel.“Noch mehr Spaß, als frühmorgen­s eine Jause für das eigene Kind zu richten, macht es natürlich, eine Jause für ein fremdes Kind zuzubereit­en. Hoffentlic­h gefallen der X. die süßen Radieschen­mäuse, die ich am Montagmorg­en schnitzen werde.

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