Hervorbringen schöner Worte
QEine offene Auseinandersetzung um die Entwicklung von Stadt wird in Wien nicht geführt. Beteiligungsprozesse hin oder her: Substanzielle Partizipation bleibt eingeschränkt, die grundlegende Gestaltung von Stadt ist davon ausgeschlossen. Woran es nicht fehlt, ist jedoch das Hervorbringen schöner Worte und Bilder. Die Produktion von Gemüse wird zunehmend durch eine Produktion von Gemüsegartenbildern abgelöst. Zum Beispiel auf dem Donaufeld: Dort soll zwar im Rahmen eines Grünzugs weiterhin „urbane Landwirtschaft“stattfinden, gemeint sind damit allerdings nicht landwirtschaftliche Produktionen, sondern Nachbarschaftsgärten.
Zum Beispiel in Rothneusiedl, im Süden von Favoriten: Das Gebiet wird im AgStEP als „landwirtschaftliches Vorranggebiet der Kategorie 2“ausgewiesen und führt gleichzeitig ein Doppelleben als „Zielgebiet der Stadterweiterung“. Doch bereits das, was in allerjüngster Zeit dort geschah, wirft kein gutes Licht auf das wohlformulierte Ziel der Stadt, den Selbstversorgungsanteil zu erhöhen. Im Zuge von Grundstückskäufen für das künftige Stadterweiterungsgebiet zerstörte der Wohnfonds Wien 2015 das Leben, das dort bereits Stadt fand: das Selbsternteprojekt Haschahof, in dessen Rahmen sich seit 1987 Tausende Wienerinnen und Wiener biologisch nahversorgten. Mit dem Versuch des Wohnfonds, auch gleich den schönen Gründerzeithof abzureißen, ging die Geschichte als Skandal in die Stadtchronik ein.
Die Wiener Landwirtschaftskammer hat gegen diese Vorgänge keinen Protest eingelegt. Dass sie beim Erntedankfest 2016 ihre neue Homepage bewarb, die ausgerechnet den in der Urban-Gardening-Szene genutzten Begriff der „Stadtlandwirtschaft“als Name hat, soll hier abrundend als ein letztes Beispiel dafür genannt sein, wie heute vermehrt durch das Wording Politik gemacht respektive Politikmachen vorgetäuscht wird.