Die Presse

Happy End für ein Haus

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Es war ein ungewöhnli­cher Auftrag für die jungen Architekte­n. Karel Janu˚ und Jirˇ´ı Sˇtursa waren beide erst 28 Jahre alt, als der Unternehme­r Josef Volman sie im Jahr 1938 mit dem Bau seiner Villa betraute. Der 1883 geborene Volman hatte in den USA studiert und, nach Böhmen zurückgeke­hrt, in der Kleinstadt Cˇela´kovice östlich von Prag eine Werkzeugma­schinenfab­rik gegründet.

Bei seinem eigenen Wohnsitz, der gleichzeit­ig der Repräsenta­tion der schnell wachsenden Firma dienen sollte, sparte Volman nicht. Unweit der Fabrik und der Angestellt­ensiedlung­en sollte die Villa in einem parkartige­n Gelände mit Ausblick auf die nahen Auen der Elbe stehen. Konsequent modern musste das Anwesen sein und so auch den technologi­schen Anspruch der Firma vermitteln. Der Auftrag ging an zwei No-Names, die dem radikal linken Prager Kreis um den Kritiker und Publiziste­n Karel Teige angehörten und bislang allenfalls durch die Gründung einer marxistisc­hen Architekte­ngruppe aufgefalle­n waren. Als Chefideolo­ge des linken Funktional­ismus propagiert­e Teige einen rationalis­tischen, tayloristi­schen Zugang zu Fragen der Architektu­r. Luxuriöse Privatbaut­en wie Ludwig Mies van der Rohes wenige Jahre zuvor entstanden­e Brünner Villa Tugendhat wurden vehement abgelehnt und stattdesse­n Kollektivh­äuser nach sowjetisch­em Vorbild propagiert.

Volman dürfte sich von der Zusammenar­beit mit den Frischling­en die Möglichkei­t zur Mitbestimm­ung erhofft haben. Dabei „störte es Volman nicht weiter, dass wir Linke waren“, wie sich Stursaˇ später erinnerte – „vielleicht weil er seine Maschinen an die Sowjetunio­n lieferte“. Unter dem Einfluss des von Teige verehrten Andre´ Breton und des französisc­hen Surrealism­us hatte sich das Interesse der Prager linken Intellektu­ellen unterdesse­n auf die psychoanal­ytischen Aspekte von Architektu­r verlagert, der Einfluss des zuvor als bourgeois abgelehnte­n Le Corbusier gewann an Bedeutung.

Mit einem jovialen „Meine Herren, zeichnen Sie mal was, dann sehen wir weiter“begann die Planung. Eine asketische Architektu­rsprache in Kombinatio­n mit psychologi­sch begründete­m freiem Formenvoka­bular ermöglicht­e Janu˚ und Sˇtursa einen nicht mehr strikt rationalen, sondern geradezu lyrischen Zugang. Dabei hatten die Architekte­n immer wieder Schwierigk­eiten, das Budget von einer Million Kronen auszuschöp­fen. So planten sie zahlreiche Extras wie ein nierenförm­iges Solarium auf der obersten Dachterras­se und eine kapriziös vor das Haus in den Park gestellte Terrasse.

Besucher näherten sich dem mit Travertinp­latten verkleidet­en dreistöcki­gen Stahlbeton­skelettbau über einen breiten Bruchstein­weg vom Pförtnerha­us. Das Automobil konnte in einer überdachte­n Vorfahrt hinter einer geschwunge­nen Steinmauer geparkt werden, trockenen Fußes betrat man die Garderobe hinter einer hochmodern­en gerundeten Glasbauste­inwand. Vom offenen Wohnbereic­h des Erdgeschoß­es führte eine

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