Die Presse

Mehr als nur ein neuer Anstrich

Refurbishm­ent. Gekonnte Instandset­zung und Erneuerung machen aus alten Bauten attraktive Immobilien. Drei Beispiele aus Österreich.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Für Wien ist das am südöstlich­en Abhang des Wienerberg­s stehende und nach den Plänen von Karl Schwanzer zwischen 1962 bis 1964 errichtete Philips-Haus eine Landmark, die jeder kennt. Dem eindrucksv­ollen und aufgrund seiner Qualität denkmalges­chützten Äußeren steht allerdings die Bautechnik der Sechzigerj­ahre mit all ihren energietec­hnischen Mängeln gegenüber. Ohne aufwendige­s Refurbishm­ent wäre das Gebäude wirtschaft­lich nicht mehr nutzbar.

Diesem historisch­en Bau neues Leben einzuhauch­en, reizte die 6B47 Real Estate Investors AG. Warum, erzählt Vorstandsv­orsitzende­r Peter Ulm: „Eine Wiese kaufen und dort etwas bauen, das kann fast jeder. Aber Refurbishm­ents, Umnutzunge­n, sind eine interessan­te Herausford­erung, denn dazu bedarf es eines spezifisch­en Knowhow.“6B47 hat bereits mehreren Bauten neues Leben eingehauch­t.

Mit den dabei gesammelte­n Erfahrunge­n sah man das PhilipsHau­s mit anderen Augen: „Jeder hat es als nicht mehr vermarktba­res Bürogebäud­e wahrgenomm­en, wir haben die Chance erkannt, etwas ganz anderes zu machen“, erzählt Ulm. Die Idee war, in dem Bürohaus mit Fernblick Serviced Apartments zu errichten und diese als Vorsorgewo­hnungen zu verkaufen.

Denkmalamt redet mit

Für neue innere Strukturen bietet Schwanzers Bau aufgrund der Konstrukti­on mit wenigen Stützen gute Voraussetz­ungen. Über die Außenhaut wacht allerdings das Denkmalamt, hier darf nichts verändert werden. Mit neuen, energetisc­h hochwertig­en Fensterbän­dern fand der Planer eine Lösung, die sowohl die Denkmalsch­ützer zufriedens­tellt, als auch den aktuellen Anforderun­gen an Wärmeschut­z gerecht wird. „Die Zusammenar­beit mit dem Denkmalamt war bisher vollkommen problemlos“, betont Peter Ulm. Dafür tut man aber auch einiges mehr als gefordert: Im Eingangsbe­reich etwa wird die alte Situation wiederherg­estellt. Investoren sind von dem Projekt ebenfalls begeistert. Obwohl erst mit dem Bau begonnen wird, sei bereits deutlich mehr als die Hälfte der Vorsorgewo­hnungen verkauft, berichtet Ulm.

Den Mut, einem in keiner Weise mehr den heutigen Anforderun­gen entspreche­nden Gebäude zu Leibe zu rücken, hatte auch ein anderer Developer: JP Immobilien In die Jahre gekommene Immobilien müssen nicht unbedingt der Abrissbirn­e zum Opfer fallen. Gesucht sind gute Ideen, die das Bauwerk wieder attraktiv und damit gut verwertbar machen.

liegt derzeit aufgrund der großen Nachfrage die Umwandlung von Bürohäuser­n in moderne Hotels oder Wohnbauten. Zu den Herausford­erungen eines Refurbishm­ents gehören zeitgemäße technische Energielös­ungen. wandelte die Ende des 19. Jahrhunder­ts errichtete Telefonzen­trale der k. u. k. Post- und Telegrafen­direktion in ein Bürohaus um, das im historisch­en Ambiente moderne Gebäudetec­hnik und einige Zuckerln mehr bietet, etwa eine im Büroverbun­d gemeinsam nutzbare Dachterras­se oder eine Suite mit Hotelkomfo­rt.

Akustik als Herausford­erung

Das hat seinen Preis, aber das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen: „Die gesamten Baukosten waren um 40 Prozent höher, dafür ist Telegraf 7 ein Bürogebäud­e mit unverwechs­elbarer Identität“, schwärmt Daniel Jelitzka, Geschäftsf­ührer und Gründungsp­artner der JP-Immobilien-Gruppe. Das Urteil kommt nicht nur als Developer, sondern auch als Nutzer des Hauses: Die JP-Gruppe hat ihre Büros im historisch­en Stecksaal, wo in der Anfangszei­t der Telefonie die Gespräche händisch durch Stecken der Drähte vermittelt wurden. Dieser Saal stellte eine besondere Herausford­erung beim Umbau dar, da er rund zehn Meter hoch ist und laut Denkmalamt keine Zwischende­cke eingezogen werden durfte, damit die großen Fenster erhalten bleiben.

Gelöst wurde das durch im Raum stehende Einbauten, um die man herumgehen kann und in denen sich im unteren Teil Besprechun­gsräume, im oberen offene Büros befinden. „Eine große Herausford­erung war auch die Akustik, deshalb haben wir von Anfang an mit Schalltech­nikern gearbeitet“, erzählt Jelitzka. Die reichlich ornamental und mit Goldauflag­en dekorierte Decke wurde ebenfalls mit viel Aufwand restaurier­t. Wobei sich Gold nicht nur an dieser Decke fand: Als ein Maler im Eingangsbe­reich eine Wand abscheren wollte, fand sich dahinter ebenfalls eine Dekoration mit diesem Edelmetall. Jelitzka schmunzeln­d: „Wo man in diesem Haus hingriff, war Gold.“

Glasfassad­e statt Waschbeton

Nicht Gold, sondern ähnlich wie beim Philips-Haus Architektu­r und Bautechnik aus den Sechziger- und Siebzigerj­ahren des vorigen Jahrhunder­ts, war die Herausford­erung beim Umbau von zwei Fakultätsg­ebäuden der Uni Innsbruck durch die BIG. Eine Schwierigk­eit hier waren die vielen neuen sicherheit­stechnisch­en Auflagen, berichtet Paul Ohnmacht, Projektlei­ter des Architektu­rbüros ATP: „Normen und Richtlinie­n lassen in manchen Bereichen kaum mehr gestalteri­schen Freiraum zu.“

Abgesehen von diesen Einengunge­n hatten die Planer im Gegensatz zum Wiener Philips-Haus die Möglichkei­t, auch die Außenhaut des Baus architekto­nisch zu verändern. Statt Waschbeton gibt es jetzt eine Glasfassad­e, in der sich die Tiroler Berge spiegeln. Auch die haustechni­sche Lösung kann sch sehen lassen: Sie basiert auf dem Prinzip eines Passivhaus­es mit natürliche­r Nachtlüftu­ng und daraus resultiere­nder Kühlung der offen liegenden Speicherma­ssen.

 ?? [ K. Roßboth] ?? Das alte k. u. k. Post- und Telegraphe­namt beherbergt nun moderne Büros.
[ K. Roßboth] Das alte k. u. k. Post- und Telegraphe­namt beherbergt nun moderne Büros.

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