Franchise. Warum das Thema für die Generation 50+ interessant sein kann.
Franchise, gründen oder übernehmen. Nach einer langjährigen Anstellung liebäugeln viele mit der Selbstständigkeit. Und vergessen darüber, dass dort ganz andere Talente nötig sind.
Endlich raus aus dem Konzern! So mancher 50 plus schüttelt seine ordentlich dotierte Angestelltenposition ab, wird angemessen abgefertigt und hat einiges auf der hohen Kante liegen. Warum sich nicht damit selbstständig machen?
Solcherart Unternehmenslustige stehen drei Möglichkeiten offen: selbst ein Silberschläfen-Start-up zu gründen, sich in ein FranchiseSystem einzukaufen oder einen florierenden Betrieb aus der Nachfolgebörse zu übernehmen. Besonders die beiden letzten Varianten sind verlockend, versprechen sie doch bewährte Strukturen und reduziertes Risiko.
Das täuscht, wissen die beiden Betriebsberaterinnen Claudia Schwingenschlögl und Betina („mit einem t“) Judith Lasinger. Selbst wenn die hoffnungsfrohen Durchstarter auf Bestehendes (und prinzipiell immer als erfolgreich Angepriesenes) aufbauen können, müssen sie das Unternehmer-Gen in allen Facetten mitbringen: Innovations-, Produktions-, Organisations-, Verkaufs-, Zahlen-, Führungs- und Marketingtalent.
Zu viel für die meisten Konzernveteranen, die im Lauf ihrer Fach- oder Führungskarriere nur zwei oder drei dieser Faktoren ausgebildet haben. Sie unterschätzen den Rest. Zu dem obendrein noch unabdingbare unternehmerische Persönlichkeitsmerkmale gehören, etwa Eigeninitiative, Entscheidungs- und Risikofreude.
So mancher meint, diese ohnehin in seiner Vergangenheit trainiert zu haben. Leider falsch, sagt Schwingenschlögl: „Er befand sich sein gesamtes Berufsleben unter einem schützenden Unternehmensdach. Das fällt nun weg.“
Es drohen also Enttäuschungen und herbe materielle Verluste. Das macht nicht nur die üblichen betriebswirtschaftlichen Analysen (Businessplan, Finanzierung etc.) unumgänglich, sondern erfordert auch professionelle Persönlichkeitsdiagnostik für die eigenen Stärken, Schwächen und Potenziale.
Franchise für Absicherer
Bewährte Konzepte, ausgereifte Produkte (oder Dienstleistungen) und fixfertige Marketingtools: Das sind die Vorzüge von Franchise. Die zündende Geschäftsidee hatte schon ein anderer, Strukturen und Erfahrung sind da und werden gegen Einstiegs- und Monatsgebühr gern geteilt. Viele glauben nun, sagt Schwingenschlögl, unter ein schützendes neues Unternehmensdach zu schlüpfen: „Es ist nur ein neues Markendach.“
Dem man auch nicht ohne Weiteres vertrauen dürfe. Wie lang ist das Konzept schon erfolgreich? Funktioniert es auch auf diesem speziellen Standort? Und sind die Gebühren angemessen?
Dennoch: Franchise ist die Variante mit dem geringsten Kapitalbedarf. Der Neo-Franchisenehmer muss vor allem eines mitbringen: Verkaufstalent. Wer in die Tiefe gehen will, dem sei die Franchisemesse am 4. und 5. November in der Wiener Stadthalle ans Herz gelegt (www.franchise-messe.at).
Gründen für Wagemutige
Das Gegenstück: Man baut ein völlig neues Unternehmen auf die grüne Wiese. Von der Idee über den Businessplan bis zum ersten PC entscheidet man alles selbst. Das erfordert nicht nur einen langen Atem und eine dicke Kapitaldecke, es reizt auch ausnahmslos alle unternehmerischen Tugenden aus. Vorteil: Hier gibt es die meisten Förderungen abzusahnen.
Übernehmen für Erfahrene
Warum es sich nicht leicht machen und einen bestehenden Betrieb übernehmen? „Viele unterschätzen die Person des Gründers. Immerhin verkauft er sein Lebenswerk“, warnt Übernahmeexpertin Lasinger. Sie erzählt von einem Alteigentümer, dem es über Jahre nicht gelungen ist, einen Nachfolger zu finden. Sein uneingestandenes Motiv: Er konnte nicht loslassen. Erst als er die Suche und später die Einführung des Nachfolgers ganz aus der Hand gab, klappte die Übergabe.
Auch aus anderen Gründen muss bei den Motiven des Eigentümers nachgebohrt werden. Hat er tatsächlich keinen Erben – oder steht die Firma vor dem Bankrott? Tief in den Zahlen zu schürfen lohnt sich schon deshalb, um beim Verkaufspreis nicht über den Tisch gezogen zu werden.
Zwar kann bei einer Betriebsübernahme auf ein bestehendes Portfolio aufgebaut werden. Das spart die zündende Geschäftsidee. Dennoch sind alle unternehmerischen Tugenden gefordert. Besonders wichtig ist hier die g’standene Führungspersönlichkeit, gilt es doch, sich vom Schatten des Vorgängers zu lösen.
Ein K.-o.-Kriterium trifft auf alle drei Varianten zu: Wem die Kundenorientierung fehlt, der sollte besser ganz die Finger vom Unternehmertum lassen.