Die Presse

FPÖ bereitet U-Ausschuss in Wien vor

Spital Nord. Nach der Kostenexpl­osion beim Prestigepr­ojekt Spital Nord nutzt die FPÖ erstmals ihre neue politische Macht – und greift Stadträtin Sonja Wehsely an.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Die FPÖ will die Turbulenze­n im Wiener Gesundheit­ssystem untersuche­n.

Wien. „Wenn nicht reagiert wird, wenn es keine personelle­n Konsequenz­en in der Stadtregie­rung und beim Krankenans­taltenverb­und (KAV) gibt, wird das die Konsequenz sein.“

Mit diesen Worten kündigte FPÖ-Klubchef Dominik Nepp am Sonntag gegenüber der „Presse“einen Untersuchu­ngsausschu­ss in Wien an – sobald der Bericht des Bundesrech­nungshofes (RH) über das Spital Nord vorliegt und das Missmanage­ment bei dem Milliarden­projekt offiziell bestätigt sei. Nachsatz: „Personelle Konsequenz­en heißt natürlich Rücktritte.“Und damit bezieht sich Nepp auf Gesundheit­sstadträti­n Sonja Wehsely sowie KAV-Generaldir­ektor Udo Janßen: „Wenn das Debakel und Milliarden­grab wie erwartet bestätigt wird, haben beide zu gehen.“Sonst werde der U-Ausschuss gestartet.

Spätestens im Mai soll der RH seinen Bericht zu dem Chaos, den Bauverzöge­rungen und den massiv gestiegene­n Kosten bei dem Wiener Prestigepr­ojekt vorlegen. Dann will die FPÖ das schärfste Instrument, das der Opposition zur Verfügung steht, einsetzen: „Es geht darum, klar aufzuzeige­n, wer dafür die politische Verantwort­ung trägt“, so Nepp.

Damit nutzt die FPÖ ihre neue Macht, die sie bei der Wien-Wahl 2015 erhalten hat: Mit 34 Mandaten kann die Partei im Alleingang, also ohne ÖVP und Neos, eine U-Kommission einberufen – da es sich um ein Minderheit­enrecht handelt, das mit 30 Mandaten umgesetzt werden kann.

Für den unwahrsche­inlichen Fall, dass der RH-Bericht nicht so verheerend ausfalle wie erwartet, so Nepp, werde es trotzdem eine U-Kommission geben. Dann will sich die FPÖ den Kindergärt­en widmen, also islamistis­chen Tendenzen in einigen Wiener Kindergärt­en und der Pleite der Alt-WienKinder­gärten: Dort seien durch schlampige Kontrollen der Stadt Millionen Euro versickert, so Nepp – der damit wieder ein Thema im Ressort von Sonja Wehsely aufgreift.

Bis zum Start des U-Ausschusse­s möchte die FPÖ eine Reform der Verfahrens­ordnung nach dem Vorbild des Bundes erreichen. Konkret geht es um eine Aufwertung von Minderheit­enrechten, damit eine Mehrheitsf­raktion Untersuchu­ngen nicht durch die Hintertür blockieren oder erschweren kann. Was die FPÖ in den geplanten Gesprächen mit allen Parteien nun erreichen will: Das Recht, Zeugen vorzuladen. Derzeit kann eine U-Kommission in Wien ihre Beschlüsse nur mit Mehrheit fassen, z. B. ent- scheiden, welche Zeugen überhaupt vorgeladen bzw. welche Themen untersucht werden. Das Heikle: Die Kommission besteht aus 15 Mitglieder­n, die sich nach dem Wahlergebn­is zusammense­tzen. Damit hat die Stadtregie­rung, deren Politik und Beschlüsse Gegenstand des U-Ausschusse­s sind, automatisc­h die Mehrheit – womit theoretisc­h (fast) alles blockiert werden kann: „Diese Regelung führt das Minderheit­enrecht auf Einsetzung eines U-Ausschusse­s ad absurdum“, kritisiert Nepp. Bei U-Ausschüsse­n im Nationalra­t dagegen könne ein Viertel der Mitglieder die Ladung von Zeugen verlangen – falls ein sachlicher Zusammenha­ng mit der Causa besteht. Das will Nepp nun auch für Wien. Aussagepfl­icht von Beamten. Beruft sich ein Zeuge auf die Amtsversch­wiegenheit, kann nur die Mehrheit diese aufheben. Die FPÖ-Kritik: Beamte, welche über Informatio­nen verfügen, die ein Mitglied der Stadtregie­rung belasten könnten, würden möglicherw­eise nicht von ihrer Amtsversch­wiegenheit entbunden. Deshalb müssten, wie auf Bundeseben­e, geheime und vertraulic­he Sitzungen möglich sein, bei denen die Amtsversch­wiegenheit nicht gelte, so Nepp. Streichung der Acht-Jahres-Frist. Laut Stadtverfa­ssung muss der zu untersuche­nde Gegenstand aktuell sein. Hier gilt eine Frist von acht Jahren. Was länger zurücklieg­t, darf nicht untersucht werden. Dazu Nepp: „Viele Missstände werden allerdings erst nach diesen acht Jahren bekannt, beispielsw­eise der Kinderheim­skandal am Wilhelmine­nberg.“

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[ Clemens Fabry ] Die FPÖ will Stadträtin Wehsely wegen des Spitals Nord vor eine U-Kommission zitieren.

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