Wenn Investoren auf den Markt zu pfeifen beginnen
Aktienrendite. Anleger sind heute oft ratlos. Kein Wunder also, dass marktunabhängige Renditen propagiert werden.
Wien. Einigermaßen planbare Erträge zu erwirtschaften, ist für Investoren derzeit kein leichtes Unterfangen. Da ist zum einen die Schwankungsbreite an den Märkten, die in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist, was sich im Übrigen gerade auch an der Entwicklung im bisherigen Jahresverlauf wieder bestätigt. Dazu kommt zum anderen eine neue Realität im Anleihenbereich: Viele Papiere mit hoher Bonität weisen negative Renditen auf. Vor allem für institutionelle Investoren ist es damit schwieriger geworden, die für sie notwendigen – und möglichst planbaren – Erträge zu erzielen.
Vor diesem Hintergrund wird klar, wieso sich in den letzten Jahren etwa Fonds, die marktunabhängige Renditen versprechen, zunehmender Beliebtheit erfreut haben.
So bietet etwa die britische Fondsboutique Kames Capital drei Aktienfonds an, die sich mit dem Prädikat „marktneutral“schmücken. Das Anlagevermögen der hauseigenen Aktien- und Fixed-Income-Absolute-Return-Fonds beläuft sich im Übrigen auf 3,9 Milliarden Euro. Wie Neil Goddin, CoManager des Kames Global Equity Market Neutral Fund, bestätigt, erfreut sich sein Fonds starker Nachfrage, da er mit anderen Assetklassen nicht korreliere. „Auch wenn sich die Aktienmärkte eher am Ende als am Anfang des Zyklus befinden, die Volatilität zunimmt, Spareinlagen keine Zinsen und viele Anleihen negative Renditen bieten, kann der Fonds trotzdem positive Renditen generieren“, so der Experte.
Perspektiven und Auswahlkriterien
Klingt verlockend. Aber worauf können sich Anleger mit dem Global Equity Market Neutral Fund einstellen? Laut Goddin wird über einen rollierenden Zeitraum von drei Jahren eine jährliche Rendite angestrebt, die dem Einmonats-Libor (GBP) entspreche sowie zuzüglich vier Prozent. Dabei soll die Volatilität geringer ausfallen als bei Staatsanleihen – konkret soll sich diese über einem Zeitraum von einem Jahr in einer maximalen Bandbreite von zwei bis vier Prozent halten.
Bislang stimmt die Marschroute: Seit dem Fondsstart im Juni steht eine Performance von 1,55 Prozent zu Buche. Laut Goddin hätten zuletzt IT-Werte die positive Entwicklung getrieben. Titel aus dem Bereich Basiskonsumgüter und Healthcare hätten dagegen zu wünschen übrig gelassen. „Nach dem Brexit-Votum zeigen die Kurzentwick- lungen weiterhin keine Tendenzen, daher glauben wir, dass ein ausbalanciertes Portfolio der beste Weg ist, um dem Risiko einer schlechten Performance entgegenzutreten.“
Stellt sich die Frage, wie das Fondsmanagement geeignete Aktien für das Portfolio findet? Das Anlageuniversum, mit dem man sich in einem ersten Schritt beschäftigt, setzt sich aus rund 4.000 globalen Aktien zusammen, die eine Voraussetzung erfüllen müssen: Das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen liegt bei über zehn Mio. Dollar (9,1 Mio. Euro). „Um zu Investmentideen zu kommen, von denen wir möglichst überzeugt sind, durchleuchten wir Aktien in fundamentaler Hinsicht, und zwar jeweils in deren bestem und schlechtestem Quintil“, so Goddin. Beim Aufbau des Portfolios konzentriere man sich auf Titel, die sich durchgehend marktneutral verhalten − mit dem Ziel, regionale sowie sektor- und anlagestilbedingte Fehlerquellen auszuschließen.
„Das übergeordnete Ziel ist es, Alpha (Know-how-bedingte Wertentwicklung, Anm.) über Stockpicking zu generieren und nicht etwa über das Eingehen von Marktwetten“, so Goddin.
Wogen glätten
Ein neu in Österreich zugelassener Fonds von Allianz Global Investors, der Allianz Discovery Europe Opportunities, verfolgt ebenfalls das Ziel, stabile und weitgehend von der allgemeinen Börsenentwicklung unabhängige Renditen zu erzielen. Dieser Fonds setzt auf sogenannte liquide, alternative Investmentstrategien, was nichts anderes bedeutet, als dass der Fondsmanager Harald Sporleder mit Derivaten über Long-Positionen auf steigende und über Short-Positionen auf den Rückgang einzelner Aktienkurse setzt. Das Ergebnis der Kombination beider Strategien: ein marktneutrales Portfolio.
„Absolute Return-Strategien verfolgen das Ziel, über einen Marktzyklus positive Erträge bei gleichzeitig niedrigem Risiko zu erzeugen“, erklärt Sporleder. Liquide alternative Strategien wären ein gutes Diversifikationsinstrument mit stetigen Erträgen, die vom Risiko-Rendite-Profil her dem ähneln, was Anleger früher von Anleihen erwartet hätten. „Liquide alternative Strategien stabilisieren das Gesamtportfolio, indem sie die Wogen glätten – und verhelfen dem Investor zu mehr Ausgewogenheit“, fügt Martin Bruckner, Vorstand der Allianz Investmentbank und CIO der Allianz Gruppe in Österreich, hinzu.