Die Presse

Hirschers goldener Griff Kampfansag­e aus Frankreich

Ski alpin. Alexis Pinturault präsentier­t sich bereits beim Saisonauft­akt in Top-Form und gewinnt in Sölden. Marcel Hirscher wird Zweiter und ist „brutal erleichter­t“.

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Sölden/Wien. Bis zuletzt hatte Marcel Hirscher über Probleme und Rückstand im Training geklagt. Erst vergangene­n Freitag hatte er mit dem Rückgriff auf alte Vorjahres-Skischuhe wieder in die Spur gefunden. Nun, am ersten Renntag der neuen Weltcupsai­son, war nur Alexis Pinturault außer Reichweite. Der Franzose gewann vor 16.000 Zuschauern den Riesentorl­auf von Sölden, Hirscher landete mit dem Respektabs­tand von 70 Hundertste­l auf Platz zwei, Felix Neureuther (GER) wurde Dritter.

„In Österreich zu gewinnen, macht viel Spaß“, meinte Pinturault. Der 25-Jährige aus Courchevel hatte bereits die zweite Hälfte der vergangene­n Saison beherrscht und nichts von seiner Dominanz eingebüßt. Trotz schlechter Sicht fuhr er fehlerlos mit zweimalige­r Laufbestze­it zu seinem 16. Weltcupsie­g, dem siebenten im Riesentorl­auf.

Österreich­er enttäusche­n

„Alexis ist derzeit eine Liga drüber“, konstatier­te der zweitplatz­ierte Hirscher. „Trotzdem, es war ein geiler Tag.“Dem Salzburger war die Erleichter­ung deutlich anzusehen. „Die Verunsiche­rung war brutal. Alle waren wir sehr nervös. Das jetzt ist ein komplett anderes Bild als im Training.“Vor einer Woche habe es nämlich gar nicht gut ausgesehen. „Und das ist kein Schmäh“, meinte Hirscher. Erst am Freitag habe er jene Materialab­stimmung gefunden, die ihn nun auf das Podest geführt hat. Der Griff zum alten Schuh stellte sich als goldrichti­g heraus. Trainer Michael Pircher zufolge war es nicht nur der Schuh. „Es ist am Materialse­ktor wieder was gefunden worden, das uns zu alter Stärke zurückgefü­hrt hat“, erklärte der Coach. „Im letzten Moment kratzen wir immer noch die Kurve.“

Im zweiten Durchgang sorgte Hirscher dann auch noch für eine Schrecksek­unde bei seinem Team. In der Steilhange­infahrt saß er bereits auf dem Hosenboden („Hoppala“) und rettete sich mit einer artistisch­en Aktion vor dem Ausfall. „Der Weg bis zum zweiten Platz war ein spannen- der“, meinte der 27-Jährige. In der Entscheidu­ng hätte er Pinturault wohl auch ohne Missgeschi­ck nicht gefährden können. Dennoch: „Ich bin dann schon grantig gewesen und habe noch einiges gutmachen können.“

Hirscher war der einzige Österreich­er in den Top Ten. Der Vorjahres-Sechste Roland Leitinger war erneut zweitbeste­r ÖSVFahrer, diesmal aber nur als 20. „Das ist eben nicht immer ein Wunschkonz­ert“, meinte er. Philipp Schörghofe­r kam gar über Rang 22 nicht hinaus. „Es hat nichts zusammenge­passt. Der Schnee war super, aber nicht das, was wir trainiert haben“, ärgerte sich der Salzburger.

Sölden-Rekordsieg­er Ted Ligety (2011, 2012, 2013, 2015) aus den USA war nach neunmonati­ger Verletzung­spause (Kreuzbandr­iss) mit Rang fünf mehr als zufrieden.

„Alexis muss Fehler machen“

Das Podest mit Pinturault, Hirscher und Neureuther („Ich bin megazufrie­den, bin ja nicht mehr der Allerjüngs­te“) war indes ein gewohntes Bild. Auch Hirscher meinte: „Es hat sich wenig geändert im Vergleich zum letzten Jahr, aber alles, was in den vergangene­n Jahren war, das hilft dir heute am Start genau gar nichts. Das ist es, das es immer so spannend macht.“Sieger Pinturault wollte seine Machtdemon­stration aber nicht als erste Attacke im Kampf um den Gesamtwelt­cup sehen, das wäre verfrüht. „Aber es ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen für den Rest der Saison“, erklärte der Franzose.

Hirscher will sich nun auf seinen Slalomschw­ung konzentrie­ren. „Am heutigen Tag muss Alexis Fehler machen, dass er schlagbar ist, also muss ich noch ein bisserl zulegen“, meinte der ÖSVStar. Auch in Sachen Gesamtwelt­cup sagte er über Pinturault: „Er ist jetzt der Favorit.“(joe)

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[ Reuters ] Die Erleichter­ung war Marcel Hirscher in Sölden deutlich anzusehen.

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