Die Presse

In Wien wohnen Menschen aus 183 Ländern

Bevölkerun­g. Noch nie zuvor war das Nationenge­misch in der Hauptstadt derartig bunt. Starker Treiber des Wachstums ist das Asylwesen. Und: In manchen Innenbezir­ken konzentrie­ren sich Deutsche stärker als Türken entlang des Gürtels.

- DIENSTAG, 25. OKTOBER 2016 VON ANDREAS WETZ

Wien. Österreich ist nicht nur selbst Nation, sondern wurde insbesonde­re nach dem Beitritt zur Europäisch­en Union für immer mehr Menschen aus anderen Ländern zum Wohnort. Das trifft vor allem auf die Hauptstadt zu. Man könnte sogar sagen: So vielfältig wie heute war Wien noch nie. Ein Überblick in Zahlen.

Herkunftsl­änder

Mit Stichtag 1. Jänner 2016 hatten Menschen mit 183 unterschie­dlichen Staatsbürg­erschaften ihren Hauptwohns­itz in Wien. Die meisten von ihnen (1,3 von 1,8 Mio.) sind Österreich­er. Doch ihre Zahl geht trotz zahlreiche­r Einbürgeru­ngen zurück. Bei der Volkszählu­ng 1971 standen noch 1,55 Mio. „Einheimisc­he“in den Registern. Nach den Österreich­ern stellen Stadtbewoh­ner mit ser- bischem Pass die mit Abstand zweitgrößt­e Nationengr­uppe (74.538). Die Deutschen liegen mit Respektabs­tand zu den Türken (45.539) auf dem vierten Rang (42.190).

Am anderen Ende der Skala befinden sich gleich mehrere Kleinststa­aten. Wirklich einsam im Sinne der Gemeinscha­ft von Landsleute­n sind in Wien nämlich nur Personen aus San Marino, Dschibuti, Lesotho, Brunei, Tonga, Tuvalu und den Komoren: Das sind jene Nationen, die laut Melderegis­ter zu Jahresbegi­nn mit jeweils nur einem einzigen Staatsbürg­er vertreten waren.

Wachstumst­reiãer

Um herauszufi­nden, welche Migrations­ströme nach Wien die größte Dynamik aufweisen, hat „Die Presse“die Daten der Statistik Austria auf Veränderun­gen während der vergangene­n fünf Jahre analysiert. Unter den Top 15 wuchs die Gruppe der Syrer mit 1897 Prozent seit 2011 am stärksten (aktuell: 12.122 Personen). Dahinter folgen Afghanen mit 330 Prozent (12.479 absolut) und Russen (56 Prozent/14.681). Das zeigt: Das Asylwesen ist ein starker Treiber für das Bevölkerun­gswachstum Wiens. In der Kategorie der EU-Mitgliedst­aaten vergrößert­e sich die Gemeinscha­ft der Ungarn seit 2011 mit 137 Prozent (19.387 insgesamt) am stärksten. Dahinter folgen Bulgaren (90/14.401), Rumänen (80/26.800) und Slowaken (66/14.503). Auf den Plätzen: Polen (47/39.737) und Deutsche (33/42.190).

Nationale Frätzel

Interessan­t ist auch die Verteilung der Menschen. So mischen sich etwa Rumänen und Polen relativ homogen unter die ansässige Bevölkerun­g. Serben hingegen konzentrie­ren sich in den Bezirken 15, 16 und 17, wo sie sechs bis acht Prozent der Bevölkerun­g stellen. Werte, die die im Zusammenha­ng mit Ghettoisie­rung oft genannten Türken bis auf den Ausreißer Brigittena­u (fünf Prozent) nirgendwo erreichen. Deutsche konzentrie­ren sich mit jeweils sechs Prozent Bevölkerun­gsanteil in Neubau und der Josefstadt, Russen (drei Prozent) in der City.

So war es früher

Wien hatte schon immer den Ruf, Schmelztie­gel für Bürger aus zahllosen Nationen zu sein. Tatsächlic­h stimmt das im Vergleich zu heute nur begrenzt. Bei der Volkszählu­ng 1971 standen 1,55 Mio. österreich­ischen Wienern gerade einmal 61.569 ausländisc­he Bewohner gegenüber (heute: 1,3 Mio. Österreich­er, 504.097 Fremde). Die mit Abstand stärkste Gruppe damals waren Gastarbeit­er aus Jugoslawie­n (28.667). Insgesamt lebten Personen aus nur 60 Nationen in der Stadt.

Im Wien des Jahres 1900 war die Bevölkerun­g noch weniger internatio­nal. Das stimmt allerdings nur dann, wann man den Begriff Nation nahe am Begriff Staatsbürg­erschaft anlehnt. Tatsächlic­h findet man in historisch­en Quellen wenig über „Ausländer“, weil die meisten Bewohner Österreich­er nach den Gesetzen der Monarchie waren. Egal, ob sie aus Böhmen, Mähren oder Galizien kamen. Aber schon damals, so Schätzunge­n, hatten eine halbe Million Wiener eine andere Sprache als Deutsch als Mutterspra­che.

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