In Wien wohnen Menschen aus 183 Ländern
Bevölkerung. Noch nie zuvor war das Nationengemisch in der Hauptstadt derartig bunt. Starker Treiber des Wachstums ist das Asylwesen. Und: In manchen Innenbezirken konzentrieren sich Deutsche stärker als Türken entlang des Gürtels.
Wien. Österreich ist nicht nur selbst Nation, sondern wurde insbesondere nach dem Beitritt zur Europäischen Union für immer mehr Menschen aus anderen Ländern zum Wohnort. Das trifft vor allem auf die Hauptstadt zu. Man könnte sogar sagen: So vielfältig wie heute war Wien noch nie. Ein Überblick in Zahlen.
Herkunftsländer
Mit Stichtag 1. Jänner 2016 hatten Menschen mit 183 unterschiedlichen Staatsbürgerschaften ihren Hauptwohnsitz in Wien. Die meisten von ihnen (1,3 von 1,8 Mio.) sind Österreicher. Doch ihre Zahl geht trotz zahlreicher Einbürgerungen zurück. Bei der Volkszählung 1971 standen noch 1,55 Mio. „Einheimische“in den Registern. Nach den Österreichern stellen Stadtbewohner mit ser- bischem Pass die mit Abstand zweitgrößte Nationengruppe (74.538). Die Deutschen liegen mit Respektabstand zu den Türken (45.539) auf dem vierten Rang (42.190).
Am anderen Ende der Skala befinden sich gleich mehrere Kleinststaaten. Wirklich einsam im Sinne der Gemeinschaft von Landsleuten sind in Wien nämlich nur Personen aus San Marino, Dschibuti, Lesotho, Brunei, Tonga, Tuvalu und den Komoren: Das sind jene Nationen, die laut Melderegister zu Jahresbeginn mit jeweils nur einem einzigen Staatsbürger vertreten waren.
Wachstumstreiãer
Um herauszufinden, welche Migrationsströme nach Wien die größte Dynamik aufweisen, hat „Die Presse“die Daten der Statistik Austria auf Veränderungen während der vergangenen fünf Jahre analysiert. Unter den Top 15 wuchs die Gruppe der Syrer mit 1897 Prozent seit 2011 am stärksten (aktuell: 12.122 Personen). Dahinter folgen Afghanen mit 330 Prozent (12.479 absolut) und Russen (56 Prozent/14.681). Das zeigt: Das Asylwesen ist ein starker Treiber für das Bevölkerungswachstum Wiens. In der Kategorie der EU-Mitgliedstaaten vergrößerte sich die Gemeinschaft der Ungarn seit 2011 mit 137 Prozent (19.387 insgesamt) am stärksten. Dahinter folgen Bulgaren (90/14.401), Rumänen (80/26.800) und Slowaken (66/14.503). Auf den Plätzen: Polen (47/39.737) und Deutsche (33/42.190).
Nationale Frätzel
Interessant ist auch die Verteilung der Menschen. So mischen sich etwa Rumänen und Polen relativ homogen unter die ansässige Bevölkerung. Serben hingegen konzentrieren sich in den Bezirken 15, 16 und 17, wo sie sechs bis acht Prozent der Bevölkerung stellen. Werte, die die im Zusammenhang mit Ghettoisierung oft genannten Türken bis auf den Ausreißer Brigittenau (fünf Prozent) nirgendwo erreichen. Deutsche konzentrieren sich mit jeweils sechs Prozent Bevölkerungsanteil in Neubau und der Josefstadt, Russen (drei Prozent) in der City.
So war es früher
Wien hatte schon immer den Ruf, Schmelztiegel für Bürger aus zahllosen Nationen zu sein. Tatsächlich stimmt das im Vergleich zu heute nur begrenzt. Bei der Volkszählung 1971 standen 1,55 Mio. österreichischen Wienern gerade einmal 61.569 ausländische Bewohner gegenüber (heute: 1,3 Mio. Österreicher, 504.097 Fremde). Die mit Abstand stärkste Gruppe damals waren Gastarbeiter aus Jugoslawien (28.667). Insgesamt lebten Personen aus nur 60 Nationen in der Stadt.
Im Wien des Jahres 1900 war die Bevölkerung noch weniger international. Das stimmt allerdings nur dann, wann man den Begriff Nation nahe am Begriff Staatsbürgerschaft anlehnt. Tatsächlich findet man in historischen Quellen wenig über „Ausländer“, weil die meisten Bewohner Österreicher nach den Gesetzen der Monarchie waren. Egal, ob sie aus Böhmen, Mähren oder Galizien kamen. Aber schon damals, so Schätzungen, hatten eine halbe Million Wiener eine andere Sprache als Deutsch als Muttersprache.