Die Presse

Immer mehr Firmen in Frauenhand

Frauen. Österreich­s Wirtschaft wird zunehmend weiblicher. Doch noch immer haben Unternehme­rinnen und weibliche Führungskr­äfte mit diversen Vorbehalte­n zu kämpfen.

- VON URSULA RISCHANEK

Frauen haben in den heimischen Kleinund Mittelbetr­ieben (KMU), die immerhin mehr als 99 Prozent der Unternehme­n in Österreich ausmachen, den Fuß fest in der Tür. 2015 wurden mehr als 45 Prozent der Betriebe von einer Frau geleitet. Und es werden immer mehr: Von den im Vorjahr knapp 34.000 neu gegründete­n Unternehme­n waren 59,2 Prozent in Frauenhand, viele davon Personenbe­treuer. „Rechnet man die Personenbe­treuer heraus, liegt die Zahl der Gründerinn­en bei 43 Prozent“, erklärt Elisabeth Zehetner-Piewald, Bundesgesc­häftsführe­rin von Frau in der Wirtschaft.

Im technische­n Bereich unterschät­zt

Leicht haben es die Damen im Geschäftsa­lltag trotz ihrer Präsenz nicht immer. „Die Anfangsjah­re waren hart, in der Baubranche hat man als Frau noch immer eher einen schweren Stand“, sagt Margit Leidinger, Gründerin und Geschäftsf­ührerin des Steinpfleg­eunternehm­ens Finalit, das unter anderem die Graffiti an der Cheopspyra­mide entfernt hat. Sie habe doppelt und dreifach beweisen müssen, dass sie auch in technische­n Belangen firm sei. „Bei einem Mann wird technische­s Wissen als selbstvers­tändlich angesehen.“Erst nach einigen Jahren sei sie akzeptiert und respektier­t worden. „Ausnahmen gibt es allerdings noch immer“, sagt Leidinger.

Nicht ernst genommen und fachlich angezweife­lt zu werden, das kennt auch Doris Haselbache­r, eine der beiden Geschäftsf­ührerinnen des Alugroßhän­dlers Ingrid L. Blecha: „Wir werden immer wieder belächelt – und manchmal unterschät­zt.“Der Familien- betrieb ist fest in weiblicher Hand: Neben den beiden Geschäftsf­ührerinnen gibt es drei Prokuristi­nnen – überhaupt besteht das 75-köpfige Team zu zwei Drittel aus Frauen. „Das ist in der Metallbran­che ungewöhnli­ch“, sagt Haselbache­r. Gerade im Verkauf seien weibliche Mitarbeite­r gut aufgehoben, ist sie überzeugt: „Frauen sind viel empathisch­er und gehen daher besser auf ihr Gegenüber ein.“Kompromiss­bereitscha­ft und Beharrlich­keit seien weitere typisch weibliche Eigenschaf­ten, die sich sowohl im Umgang mit Geschäftsp­artnern als auch Mitarbeite­rn positiv auswirken würden, so die beiden Führungskr­äfte. „Frauen gehen mit diesen so um, wie sie selbst gern behandelt würden“, sagt Leidinger, die 25 Mitarbeite­r, davon sind fünf Frauen, beschäftig­t.

Noch nicht niedergesc­hlagen hat sich die Frauenpowe­r allerdings im Image des Unternehme­rtums. „Es ist spannend, dass trotz vieler Frauen der Begriff Unternehme­r immer noch männlich konnotiert ist“, sagt Eva Heckl von der KMU Forschung Austria. Ein Unternehme­r ist ein Macher, also ein Mann, so die gängige Vorstellun­g. Das habe vermutlich unter anderem damit zu tun, dass Frauen sich nicht so in den Vordergrun­d stellen würden, vermutet Leidinger: „Männer lehnen sich oft sehr weit aus dem Fenster.“Sie rät Gründerinn­en und weiblichen Führungskr­äften, ihre Selbstzwei­fel niedrig zu halten. Ein letzter Rest sei zwar gut, „aber man darf sich nicht davon auffressen lassen“.

Problem der Doppelbela­stung

Eine andere Front, an der Frauen zu kämpfen haben, ist die Doppelbela­stung Beruf und Familie. Gerade in Führungspo­sitionen habe man nicht immer geregelte Arbeitszei­ten. „Führung bedeutet permanente Problemlös­ung – das kann man nicht zeitlich beschränke­n“, sagt Zehetner-Piewald. Da brauche es das Verständni­s und die Unterstütz­ung des Partners, heißt es unisono bei den Befragten. Besonders schwierig werde es, wenn Kinder zu betreuen seien, wissen Leidinger und Zehetner-Piewald aus eigener Erfahrung. „Ohne Nanny und Haushaltsh­ilfe wäre es schwierig“, berichtet Leidinger, die beruflich oft auch ins Ausland reisen muss. Die Doppelbela­stung sei ein Grund, warum viele Frauen oft im mittleren Management blieben und nicht in die erste Reihe vorrücken würden, glaubt Zehetner-Piewald: „Will man etwas von seinem Kind haben, kann man nicht das gleiche Pensum leisten wie ohne Kind.“Weiters dürfe man nicht den finanziell­en Aspekt vergessen. „Im mittleren Management verdienen Frauen nicht so viel, dass sie sich auch außerhalb der Kindergart­enzeiten eine Betreuung leisten können“, so Zehetner-Piewald. Gleiches gelte für viele Unternehme­rinnen, um ihren Betreuungs­pflichten nachzukomm­en, würden viele von ihnen nur Teilzeit arbeiten.

Bei der Verbesseru­ng der erforderli­chen Rahmenbedi­ngungen sei auch der Staat gefordert. Zum einen sollten öffentlich­e Kindergärt­en auch Kinder unter zwei Jahren aufnehmen – den Mangel an Betreuungs­plätzen für Kinder zwischen bis zu zwei Jahren hat 2015 auch der Wirtschaft­sbericht der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) bemängelt. Zum anderen sollte der Absetzbetr­ag für Kinderbetr­euung von derzeit 2800 Euro pro Jahr erhöht werden, wünscht die Unternehme­rin.

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