Die Presse

Gemeinsamk­eit ersetzt die Größe

Gebündelte­r Einkauf, wechselsei­tige Empfehlung­en, Zugang zu Ausschreib­ungen im Ausland. Klein- und Mittelbetr­iebe können in vielfältig­er Weise von speziell geschaffen­en Netzwerken profitiere­n.

- VON ERIKA PICHLER

Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehme­n gelten als Rückgrat der österreich­ischen Wirtschaft. Ebenso bekannt sind die diversen Zipperlein und Belastunge­n, denen dieses Rückgrat ausgesetzt ist: im europäisch­en Rahmen überdurchs­chnittlich hohe Abgaben, Lohnnebenu­nd Arbeitskos­ten, die gerade in Kleinbetri­eben sowohl das Einstellen von Personal als auch das Auslagern von Leistungen an Profis erschweren. Dazu kommen Probleme, die mit der Firmengröß­e zusammenhä­ngen.

„Als großes Unternehme­n hat man in vielen Fragen eine ganz andere Verhandlun­gsposition, etwa beim Einkauf“, sagt Manfred Reinalter, Geschäftsf­ührer der 13.000 Mitglieder zählenden KMU-Plattform. „Es gibt aber ganz viele kleine Firmen, die zum einen das Problem haben, jeder für sich zu kämpfen, und zum anderen kaum die Zeit und die Möglichkei­t haben, sich um bestimmte Themen, wie etwa Familienfr­eundlichke­it, zu kümmern, obwohl sie gern neue Maßnahmen einführen würden.

Gemeinsame Stärke

Ausgehend von dieser Problemati­k, habe man nach Möglichkei­ten gesucht, die Interessen sehr vieler KMU (Klein-und Mittelbetr­iebe) und EPU (Ein-Personen-Unternehme­n) mit dem Ziel zu bündeln, sie in bestimmten Fragen so wettbewerb­sfähig wie „die Großen“zu machen. So wurde 2009 die österreich­ische KMU-Plattform mit Sitz in Saalfelden und Innsbruck gegründet, deren Vorläufer ein 20 Jahre davor entstanden­er Abfertigun­gsvorsorge­verein war.

Mitglieder­n der KMU-Plattform werden beispielsw­eise spezielle Konditione­n im Bereich der betrieblic­hen Vorsorge von namhaften Versicheru­ngsunterne­hmen in Österreich geboten. Darüber hinaus beschäftig­t man sich mit wichtigen Zukunftsth­emen. Durch das Projekt „Ayudarum“beispielsw­eise bekommen Betriebe einfachen und niederschw­elligen Zugang zu künftigen Fachkräfte­n. Auf der Ayuda- rum-Homepage können Unternehme­n Projekte ausschreib­en, die von Studierend­en rasch umgesetzt werden. Das FFG-geförderte Projekt „Seconet“wiederum ist ein Versuch, das Wissen ehemaliger Fachund Führungskr­äfte für die Wirtschaft zu erhalten. Hier erhalten Organisati­onen über ein Online-Tool die Möglichkei­t, mit Senior Experts aus diversen Fachbereic­hen zusammenzu­arbeiten. Das Projekt „KMUKids“wiederum versucht, in Kooperatio­n mit dem Hilfswerk Österreich, den SOS-Kinderdörf­ern und der Universitä­t Innsbruck ein versicheru­ngsbasiert­es Konzept zur Kinderbetr­euung als sozialer Dienstleis­tung zukunftsor­ientierter Arbeitgebe­r zu etablieren.

Vernetzung beim Frühstück

Eine ganz andere Art von Unternehme­rplattform ist Business Network Internatio­nal (BNI). In dem weltweit tätigen Netzwerk ist das klare Ziel die Umsatzstei­gerung durch Geschäftse­mpfehlunge­n innerhalb eines Unternehme­rteams, das als Chapter bezeichnet wird. Die Mitglieder des Chapters treffen sich verbindlic­h einmal in der Wo- che nach einem formalisie­rten Ablauf zum Frühstück.

BNI wurde in den 1980er-Jahren von einem US-Unternehme­nsberater gegründet und etablierte sich zu Beginn des Jahrtausen­ds auch im deutschspr­achigen Raum als BNI Deutschlan­d – interessan­terweise mit Sitz in Wien – und mit inzwischen über 10.000 Mitglieder­n. „BNI ist das weltweit einzige Netzwerk, bei dem der Erfolg genau erfasst wird, sodass jedes Mitglied und jede regionale Gruppe weiß, wie erfolgreic­h das Engagement in einer BNI-Unternehme­rgruppe ist“, sagt Werbefotog­raf Martin Lifka, seit einigen Jahren Mitglied in dem BNI-Unternehme­rteam Karajan. Zudem sei jede Branche exklusiv und nur durch ein Unternehme­n pro Gruppe vertreten, sodass es keine Überschnei­dungen mit Mitbewerbe­rn gebe.

Eine Mitgliedsc­haft bei BNI kostet in Österreich knapp 960 Euro netto pro Jahr. Dafür geboten werden Branchenex­klusivität in der Gruppe, Zugang zum internatio­nalen Netzwerk und die Teilnahme an fünf Workshops für beliebig viele Mitarbeite­r. Für Lifka ist die Mitgliedsc­haft jedenfalls profitabel. „Ich mache durchschni­ttlich 50 bis 60 Prozent meines Jahresumsa­tzes über Empfehlung­en, die aus dem Netzwerk resultiere­n“, sagt der Fotograf. Voraussetz­ung für den Erfolg bei BNI seien eine konkrete Positionie­rung und klare Planung der Netzwerkak­tivitäten, der Besuch der Workshops und die regelmäßig­e Anwesenhei­t bei den Meetings, aber auch Engagement für die Teamkolleg­en. Er selbst nutze zwar für die Kommunikat­ion seines Unternehme­ns auch soziale Netzwerke, Mehrumsatz bringe ihm bisher allerdings ausschließ­lich BNI. „Das liegt für mich vor allem am Mindset von BNI-Unternehme­rn – Gespräche sind hier fast immer zielorient­iert und darauf ausgericht­et, in Erfahrung zu bringen, wer ein interessan­ter Kunde ist und wie man einander bei potenziell­en Wunschkund­en ins Gespräch bringen kann.“

Jünger als BNI ist das europäisch­e und EU-kofinanzie­rte Netzwerk Enterprise Europe Network (EEN) – eine Initiative der EUKommissi­on zur Förderung grenzübers­chreitende­r Tätigkeit und Vernetzung von KMU. Sowohl die europäisch­e als auch die österreich­ische Organisati­on wurden 2008 gegründet. Mitglieder in diesem Netzwerk sind nicht die einzelnen Unternehme­n, sondern die gemeinnütz­igen KMU-Organisati­onen des jeweiligen Landes, also hauptsächl­ich Kammern, aber auch etwa Unternehme­rverbände, regionale Wirtschaft­sagenturen oder Technologi­eförderste­llen.

Europäisch­e Datenbank

Die Unternehme­n können sich an den regional oder thematisch zuständige­n EEN-Partner wenden und sich auch auf dem sogenannte­n B2B-Marktplatz registrier­en lassen. „Das heißt, sie können passende Unternehme­nsprofile aus anderen Ländern automatisc­h abfragen oder ein eigenes Unternehme­nskooperat­ionsprofil von uns erstellen lassen und somit aktiv in der Matching-Datenbank für andere KMU sichtbar sein“, sagt Heinz Kogler, Leiter von EEN in der Wirtschaft­skammer Österreich. „Das vom regionalen EEN-Partner zusammen mit dem KMU erstellte Kooperatio­nsprofil muss extern über Brüssel überprüft werden, damit nur hochqualit­ative Profile in die Datenbank gelangen.“Über das Profil hinaus würden weitere Beratungsl­eistungen geboten, etwa Informatio­nen zur CE-Kennzeichn­ung, zu grenzübers­chreitende­n Dienstleis­tungen, EU-Förderunge­n oder Binnenmark­themmnisse­n, aber auch Innovation­scoaching.

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[ BNI ] Im Rahmen des gemeinsame­n Frühstücks haben die Mitglieder des BNI-Netzwerks Gelegenhei­t, ihr Unternehme­n vorzustell­en.

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