Gemeinsamkeit ersetzt die Größe
Gebündelter Einkauf, wechselseitige Empfehlungen, Zugang zu Ausschreibungen im Ausland. Klein- und Mittelbetriebe können in vielfältiger Weise von speziell geschaffenen Netzwerken profitieren.
Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen gelten als Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Ebenso bekannt sind die diversen Zipperlein und Belastungen, denen dieses Rückgrat ausgesetzt ist: im europäischen Rahmen überdurchschnittlich hohe Abgaben, Lohnnebenund Arbeitskosten, die gerade in Kleinbetrieben sowohl das Einstellen von Personal als auch das Auslagern von Leistungen an Profis erschweren. Dazu kommen Probleme, die mit der Firmengröße zusammenhängen.
„Als großes Unternehmen hat man in vielen Fragen eine ganz andere Verhandlungsposition, etwa beim Einkauf“, sagt Manfred Reinalter, Geschäftsführer der 13.000 Mitglieder zählenden KMU-Plattform. „Es gibt aber ganz viele kleine Firmen, die zum einen das Problem haben, jeder für sich zu kämpfen, und zum anderen kaum die Zeit und die Möglichkeit haben, sich um bestimmte Themen, wie etwa Familienfreundlichkeit, zu kümmern, obwohl sie gern neue Maßnahmen einführen würden.
Gemeinsame Stärke
Ausgehend von dieser Problematik, habe man nach Möglichkeiten gesucht, die Interessen sehr vieler KMU (Klein-und Mittelbetriebe) und EPU (Ein-Personen-Unternehmen) mit dem Ziel zu bündeln, sie in bestimmten Fragen so wettbewerbsfähig wie „die Großen“zu machen. So wurde 2009 die österreichische KMU-Plattform mit Sitz in Saalfelden und Innsbruck gegründet, deren Vorläufer ein 20 Jahre davor entstandener Abfertigungsvorsorgeverein war.
Mitgliedern der KMU-Plattform werden beispielsweise spezielle Konditionen im Bereich der betrieblichen Vorsorge von namhaften Versicherungsunternehmen in Österreich geboten. Darüber hinaus beschäftigt man sich mit wichtigen Zukunftsthemen. Durch das Projekt „Ayudarum“beispielsweise bekommen Betriebe einfachen und niederschwelligen Zugang zu künftigen Fachkräften. Auf der Ayuda- rum-Homepage können Unternehmen Projekte ausschreiben, die von Studierenden rasch umgesetzt werden. Das FFG-geförderte Projekt „Seconet“wiederum ist ein Versuch, das Wissen ehemaliger Fachund Führungskräfte für die Wirtschaft zu erhalten. Hier erhalten Organisationen über ein Online-Tool die Möglichkeit, mit Senior Experts aus diversen Fachbereichen zusammenzuarbeiten. Das Projekt „KMUKids“wiederum versucht, in Kooperation mit dem Hilfswerk Österreich, den SOS-Kinderdörfern und der Universität Innsbruck ein versicherungsbasiertes Konzept zur Kinderbetreuung als sozialer Dienstleistung zukunftsorientierter Arbeitgeber zu etablieren.
Vernetzung beim Frühstück
Eine ganz andere Art von Unternehmerplattform ist Business Network International (BNI). In dem weltweit tätigen Netzwerk ist das klare Ziel die Umsatzsteigerung durch Geschäftsempfehlungen innerhalb eines Unternehmerteams, das als Chapter bezeichnet wird. Die Mitglieder des Chapters treffen sich verbindlich einmal in der Wo- che nach einem formalisierten Ablauf zum Frühstück.
BNI wurde in den 1980er-Jahren von einem US-Unternehmensberater gegründet und etablierte sich zu Beginn des Jahrtausends auch im deutschsprachigen Raum als BNI Deutschland – interessanterweise mit Sitz in Wien – und mit inzwischen über 10.000 Mitgliedern. „BNI ist das weltweit einzige Netzwerk, bei dem der Erfolg genau erfasst wird, sodass jedes Mitglied und jede regionale Gruppe weiß, wie erfolgreich das Engagement in einer BNI-Unternehmergruppe ist“, sagt Werbefotograf Martin Lifka, seit einigen Jahren Mitglied in dem BNI-Unternehmerteam Karajan. Zudem sei jede Branche exklusiv und nur durch ein Unternehmen pro Gruppe vertreten, sodass es keine Überschneidungen mit Mitbewerbern gebe.
Eine Mitgliedschaft bei BNI kostet in Österreich knapp 960 Euro netto pro Jahr. Dafür geboten werden Branchenexklusivität in der Gruppe, Zugang zum internationalen Netzwerk und die Teilnahme an fünf Workshops für beliebig viele Mitarbeiter. Für Lifka ist die Mitgliedschaft jedenfalls profitabel. „Ich mache durchschnittlich 50 bis 60 Prozent meines Jahresumsatzes über Empfehlungen, die aus dem Netzwerk resultieren“, sagt der Fotograf. Voraussetzung für den Erfolg bei BNI seien eine konkrete Positionierung und klare Planung der Netzwerkaktivitäten, der Besuch der Workshops und die regelmäßige Anwesenheit bei den Meetings, aber auch Engagement für die Teamkollegen. Er selbst nutze zwar für die Kommunikation seines Unternehmens auch soziale Netzwerke, Mehrumsatz bringe ihm bisher allerdings ausschließlich BNI. „Das liegt für mich vor allem am Mindset von BNI-Unternehmern – Gespräche sind hier fast immer zielorientiert und darauf ausgerichtet, in Erfahrung zu bringen, wer ein interessanter Kunde ist und wie man einander bei potenziellen Wunschkunden ins Gespräch bringen kann.“
Jünger als BNI ist das europäische und EU-kofinanzierte Netzwerk Enterprise Europe Network (EEN) – eine Initiative der EUKommission zur Förderung grenzüberschreitender Tätigkeit und Vernetzung von KMU. Sowohl die europäische als auch die österreichische Organisation wurden 2008 gegründet. Mitglieder in diesem Netzwerk sind nicht die einzelnen Unternehmen, sondern die gemeinnützigen KMU-Organisationen des jeweiligen Landes, also hauptsächlich Kammern, aber auch etwa Unternehmerverbände, regionale Wirtschaftsagenturen oder Technologieförderstellen.
Europäische Datenbank
Die Unternehmen können sich an den regional oder thematisch zuständigen EEN-Partner wenden und sich auch auf dem sogenannten B2B-Marktplatz registrieren lassen. „Das heißt, sie können passende Unternehmensprofile aus anderen Ländern automatisch abfragen oder ein eigenes Unternehmenskooperationsprofil von uns erstellen lassen und somit aktiv in der Matching-Datenbank für andere KMU sichtbar sein“, sagt Heinz Kogler, Leiter von EEN in der Wirtschaftskammer Österreich. „Das vom regionalen EEN-Partner zusammen mit dem KMU erstellte Kooperationsprofil muss extern über Brüssel überprüft werden, damit nur hochqualitative Profile in die Datenbank gelangen.“Über das Profil hinaus würden weitere Beratungsleistungen geboten, etwa Informationen zur CE-Kennzeichnung, zu grenzüberschreitenden Dienstleistungen, EU-Förderungen oder Binnenmarkthemmnissen, aber auch Innovationscoaching.