Gute Geschäfte für eine bessere Welt
Mit Projekten mit sozialem Mehrwert können heimische KMU Menschen in Entwicklungsund Schwellenländern neue Perspektiven bieten und sich gleichzeitig neue Märkte und Geschäftsfelder erschließen.
Vergangene Woche kam Bäckermeister Helmut Gragger ins Schwitzen. Aber nicht in seiner Backstube in Ansfelden, sondern im Kongo. Bei 37 Grad war er in dem afrikanischen Staat in Sachen Backen unterwegs. Der Oberösterreicher hat einen neuen Backofen entwickelt, der ohne komplizierte Technik auskommt, nur 50 Prozent der Energie herkömmlicher Öfen benötigt und mit verschiedenen Materialien beheizt werden kann. Diese Eigenschaften machen den Ofen ideal für Afrika, aber auch für viele andere Regionen: „Eine Bäckerei kann damit pro Jahr 35.000 bis 40.000 Euro sparen, das ist in diesen Ländern unheimlich viel Geld“, erzählt Gragger begeistert.
Mit seinen Spezialöfen möchte er in Afrika eine Kette klein strukturierter Bäckereien aufbauen. Der Gewinn wird aber nur zu einem kleinen Teil in seine Tasche fließen. „Ich möchte natürlich Geld verdienen, aber auf Basis von Social Business, denn dort liegt, glaube ich, die Zukunft.“Mit seinen Backöfen und vor allem seinem Know-how in Produktion und Vermarktung will er Einheimischen langfristig Arbeitsplätze sichern und die Brotversorgung verbessern. Ein großer Teil der zu erwartenden Profite soll Entwicklungsprojekten vor Ort zugutekommen.
Ein Pilotprojekt im Senegal hat er bereits umgesetzt. Jetzt werden Bäckereien in mehreren anderen Ländern in Angriff genommen. Gragger arbeitet dabei mit der Caritas und der Austrian Development Agency, ADA, zusammen. Die Agentur für Entwicklungszusammenarbeit setzt bei ihrer Hilfe in Entwicklungs- und Schwellenländern seit einigen Jahren auf die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und hier vor allem auf KMU: „Wir sehen diese Länder nicht als Hilfsbedürftige, sondern als Partner, mit denen man geschäftlich auf Augenhöhe zum gegenseitigen Vorteil kooperieren kann“, erklärt Gunter Schall, Leiter Wirtschaft und Entwicklung bei der ADA.
Die ADA unterstützt Unternehmen bei ihrem Engagement in Entwicklungs- und Schwellenländern auf vielfältige Weise. Exporteure, Importeure, aber auch Firmen, die in diesen Regionen produzieren lassen, können mit der Organisation zusammenarbeiten. „Die grundlegende Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit der Unternehmen zu konkreten und messbaren Verbesserungen für die Menschen in diesen Ländern führt“, so Schall.
Beratung, Kontakte und Geld
Das Angebot beginnt bei grundsätzlicher Beratung: Die ADA-Experten bringen fachliches Know-how ein, mobilisieren Ressourcen, Netzwerke und Kontakte, etwa um Produkte für die Zielmärkte weiterzuentwickeln oder Arbeitsbedingungen bei örtlichen Lieferanten zu verbessern.
Auch finanzielle Unterstützung ist möglich. Studien zur Klärung wirtschaftlicher Machbarkeit und entwicklungspolitischer Relevanz etwa werden mit bis zu 20.000 Euro oder maximal 50 Prozent der Entwicklungskosten gefördert. Für Wirtschaftspartnerschaften und strategische Allianzen winken noch deutlich mehr Fördermittel. Helmut Gragger konnte mithilfe der ADA Machbarkeitsstudien für den Kongo, Mozambique, Burkina Faso, Albanien und Serbien erstellen lassen. „Wir mussten klären, welche (ADA) ist die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Sie fördert mit insgesamt über 100 Millionen Euro rund 600 Projekte und Programme, um die Lebensbedingungen von Menschen in Entwicklungsländern zu verbessern. Mögliche Förderungen für Unternehmen umfassen Beratung, Kontakte und auch direkte finanzielle Unterstützung. Voraussetzung ist der Nutzen für die Bevölkerung vor Ort, aber auch die Wirtschaftlichkeit des Projekts. Biomasse zur Beheizung der Öfen zur Verfügung steht, wie die Bäcker in diesen Regionen arbeiten, das ist völlig unterschiedlich“, berichtet Gragger. Nicht nur die soziale Komponente begeistert ihn bei diesem Projekt: „Ich lerne dabei auch selbst wahnsinnig viel über die Menschen und ihr Leben in diesen Ländern.“
Während Gragger schon vor seinem Engagement in der Dritten Welt mit einem bekannten Bäckereibetrieb in Österreich Erfolg hat, ermöglichte für Martin Putschek die Kooperation mit der ADA den Start in das Unternehmertum. Er reiste vor mehreren Jahren als Repräsentant eines deutschen Fotovoltaikunternehmens auf die Malediven und stellte fest, dass es auf der Insel zwar perfekte klimatische Bedingungen für die Nutzung der Sonnenergie gibt, aber kaum nutzbare Flächen. Da kam ihm die Idee, Solarpaneele auf eine schwimmende Unterlage zu platzieren und diese vor der Küste zu verankern.
Zurück nach Österreich tüftelte er an einer Lösung, was letztlich zu zwei Forschungsprojekten an der TU Wien sowie einer Machbarkeitsstudie führte. Knackpunkte waren die Haltbarkeit der Konstruktion im Salzwasser und die Widerstandsfähigkeit der zwei bis drei Fußballfelder großen Anlagen gegen den Druck der Wellen. „Schließlich wurde 2012 mithilfe von Investoren eine eigene Firma, die Swimsol, gegründet“, erzählt Dominik Schmitz, der damals als Anteilseigner in dieses Projekt einstieg.
Hilfe mit der Bürokratie
Heute ist das Produkt marktreif, es gibt eine Niederlassung auf den Malediven und die ersten kleineren Anlagen schwimmen bereits. Die Partnerschaft mit der ADA hat nicht nur finanzielle Unterstützung gebracht, sondern dem österreichischen Jungunternehmen auch geholfen, bürokratische Hürden zu überwinden, erzählt Schmitz: „Bei der Zusammenarbeit mit lokalen Behörden, aber auch bei Gesprächen mit der Weltbank und anderen offiziellen Stellen ist der Hintergrund der Entwicklungszusammenarbeit sehr hilfreich.“Nach den Malediven will das österreichische Jungunternehmen in Indonesien und Französisch-Polynesien weitere Projekte in Angriff nehmen.
Die ADA hat seit 2012 knapp 60 solcher Wirtschaftspartnerschaften ins Leben gerufen, „Knapp drei Viertel der Partner sind KMU“, sagt Gunter Schall. Die Bandbreite der Projekte ist so vielfältig wie die heimische Wirtschaft. Die Palette reicht vom Anbau von Kräutern oder Früchten in afrikanischen und asiatischen Ländern bis zur Verbesserung der Produktion für ein bekanntes Schuhhandelshaus, erzählt Schall. Von den Projekten in Entwicklungs- und Schwellenländern profitieren nicht nur die Unternehmen, sie haben laut ADA bisher für eine Million Menschen in Afrika, Asien, Südamerika sowie in Südostund Osteuropa neue Perspektiven eröffnet – und damit auch einen Beitrag geleistet, um den globalen Wanderungsbewegungen entgegenzuwirken.