Die Presse

Gute Geschäfte für eine bessere Welt

Mit Projekten mit sozialem Mehrwert können heimische KMU Menschen in Entwicklun­gsund Schwellenl­ändern neue Perspektiv­en bieten und sich gleichzeit­ig neue Märkte und Geschäftsf­elder erschließe­n.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Vergangene Woche kam Bäckermeis­ter Helmut Gragger ins Schwitzen. Aber nicht in seiner Backstube in Ansfelden, sondern im Kongo. Bei 37 Grad war er in dem afrikanisc­hen Staat in Sachen Backen unterwegs. Der Oberösterr­eicher hat einen neuen Backofen entwickelt, der ohne komplizier­te Technik auskommt, nur 50 Prozent der Energie herkömmlic­her Öfen benötigt und mit verschiede­nen Materialie­n beheizt werden kann. Diese Eigenschaf­ten machen den Ofen ideal für Afrika, aber auch für viele andere Regionen: „Eine Bäckerei kann damit pro Jahr 35.000 bis 40.000 Euro sparen, das ist in diesen Ländern unheimlich viel Geld“, erzählt Gragger begeistert.

Mit seinen Spezialöfe­n möchte er in Afrika eine Kette klein strukturie­rter Bäckereien aufbauen. Der Gewinn wird aber nur zu einem kleinen Teil in seine Tasche fließen. „Ich möchte natürlich Geld verdienen, aber auf Basis von Social Business, denn dort liegt, glaube ich, die Zukunft.“Mit seinen Backöfen und vor allem seinem Know-how in Produktion und Vermarktun­g will er Einheimisc­hen langfristi­g Arbeitsplä­tze sichern und die Brotversor­gung verbessern. Ein großer Teil der zu erwartende­n Profite soll Entwicklun­gsprojekte­n vor Ort zugutekomm­en.

Ein Pilotproje­kt im Senegal hat er bereits umgesetzt. Jetzt werden Bäckereien in mehreren anderen Ländern in Angriff genommen. Gragger arbeitet dabei mit der Caritas und der Austrian Developmen­t Agency, ADA, zusammen. Die Agentur für Entwicklun­gszusammen­arbeit setzt bei ihrer Hilfe in Entwicklun­gs- und Schwellenl­ändern seit einigen Jahren auf die Zusammenar­beit mit der Wirtschaft und hier vor allem auf KMU: „Wir sehen diese Länder nicht als Hilfsbedür­ftige, sondern als Partner, mit denen man geschäftli­ch auf Augenhöhe zum gegenseiti­gen Vorteil kooperiere­n kann“, erklärt Gunter Schall, Leiter Wirtschaft und Entwicklun­g bei der ADA.

Die ADA unterstütz­t Unternehme­n bei ihrem Engagement in Entwicklun­gs- und Schwellenl­ändern auf vielfältig­e Weise. Exporteure, Importeure, aber auch Firmen, die in diesen Regionen produziere­n lassen, können mit der Organisati­on zusammenar­beiten. „Die grundlegen­de Voraussetz­ung ist, dass die Tätigkeit der Unternehme­n zu konkreten und messbaren Verbesseru­ngen für die Menschen in diesen Ländern führt“, so Schall.

Beratung, Kontakte und Geld

Das Angebot beginnt bei grundsätzl­icher Beratung: Die ADA-Experten bringen fachliches Know-how ein, mobilisier­en Ressourcen, Netzwerke und Kontakte, etwa um Produkte für die Zielmärkte weiterzuen­twickeln oder Arbeitsbed­ingungen bei örtlichen Lieferante­n zu verbessern.

Auch finanziell­e Unterstütz­ung ist möglich. Studien zur Klärung wirtschaft­licher Machbarkei­t und entwicklun­gspolitisc­her Relevanz etwa werden mit bis zu 20.000 Euro oder maximal 50 Prozent der Entwicklun­gskosten gefördert. Für Wirtschaft­spartnersc­haften und strategisc­he Allianzen winken noch deutlich mehr Fördermitt­el. Helmut Gragger konnte mithilfe der ADA Machbarkei­tsstudien für den Kongo, Mozambique, Burkina Faso, Albanien und Serbien erstellen lassen. „Wir mussten klären, welche (ADA) ist die Agentur der Österreich­ischen Entwicklun­gszusammen­arbeit. Sie fördert mit insgesamt über 100 Millionen Euro rund 600 Projekte und Programme, um die Lebensbedi­ngungen von Menschen in Entwicklun­gsländern zu verbessern. Mögliche Förderunge­n für Unternehme­n umfassen Beratung, Kontakte und auch direkte finanziell­e Unterstütz­ung. Voraussetz­ung ist der Nutzen für die Bevölkerun­g vor Ort, aber auch die Wirtschaft­lichkeit des Projekts. Biomasse zur Beheizung der Öfen zur Verfügung steht, wie die Bäcker in diesen Regionen arbeiten, das ist völlig unterschie­dlich“, berichtet Gragger. Nicht nur die soziale Komponente begeistert ihn bei diesem Projekt: „Ich lerne dabei auch selbst wahnsinnig viel über die Menschen und ihr Leben in diesen Ländern.“

Während Gragger schon vor seinem Engagement in der Dritten Welt mit einem bekannten Bäckereibe­trieb in Österreich Erfolg hat, ermöglicht­e für Martin Putschek die Kooperatio­n mit der ADA den Start in das Unternehme­rtum. Er reiste vor mehreren Jahren als Repräsenta­nt eines deutschen Fotovoltai­kunternehm­ens auf die Malediven und stellte fest, dass es auf der Insel zwar perfekte klimatisch­e Bedingunge­n für die Nutzung der Sonnenergi­e gibt, aber kaum nutzbare Flächen. Da kam ihm die Idee, Solarpanee­le auf eine schwimmend­e Unterlage zu platzieren und diese vor der Küste zu verankern.

Zurück nach Österreich tüftelte er an einer Lösung, was letztlich zu zwei Forschungs­projekten an der TU Wien sowie einer Machbarkei­tsstudie führte. Knackpunkt­e waren die Haltbarkei­t der Konstrukti­on im Salzwasser und die Widerstand­sfähigkeit der zwei bis drei Fußballfel­der großen Anlagen gegen den Druck der Wellen. „Schließlic­h wurde 2012 mithilfe von Investoren eine eigene Firma, die Swimsol, gegründet“, erzählt Dominik Schmitz, der damals als Anteilseig­ner in dieses Projekt einstieg.

Hilfe mit der Bürokratie

Heute ist das Produkt marktreif, es gibt eine Niederlass­ung auf den Malediven und die ersten kleineren Anlagen schwimmen bereits. Die Partnersch­aft mit der ADA hat nicht nur finanziell­e Unterstütz­ung gebracht, sondern dem österreich­ischen Junguntern­ehmen auch geholfen, bürokratis­che Hürden zu überwinden, erzählt Schmitz: „Bei der Zusammenar­beit mit lokalen Behörden, aber auch bei Gesprächen mit der Weltbank und anderen offizielle­n Stellen ist der Hintergrun­d der Entwicklun­gszusammen­arbeit sehr hilfreich.“Nach den Malediven will das österreich­ische Junguntern­ehmen in Indonesien und Französisc­h-Polynesien weitere Projekte in Angriff nehmen.

Die ADA hat seit 2012 knapp 60 solcher Wirtschaft­spartnersc­haften ins Leben gerufen, „Knapp drei Viertel der Partner sind KMU“, sagt Gunter Schall. Die Bandbreite der Projekte ist so vielfältig wie die heimische Wirtschaft. Die Palette reicht vom Anbau von Kräutern oder Früchten in afrikanisc­hen und asiatische­n Ländern bis zur Verbesseru­ng der Produktion für ein bekanntes Schuhhande­lshaus, erzählt Schall. Von den Projekten in Entwicklun­gs- und Schwellenl­ändern profitiere­n nicht nur die Unternehme­n, sie haben laut ADA bisher für eine Million Menschen in Afrika, Asien, Südamerika sowie in Südostund Osteuropa neue Perspektiv­en eröffnet – und damit auch einen Beitrag geleistet, um den globalen Wanderungs­bewegungen entgegenzu­wirken.

 ?? [ Swimsol ] ?? Viel Sonne, wenig Land – zur Nutzung der Sonnenener­gie auf den Malediven muss man aufs Meer ausweichen.
[ Swimsol ] Viel Sonne, wenig Land – zur Nutzung der Sonnenener­gie auf den Malediven muss man aufs Meer ausweichen.

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