Die Presse

Nicht die Technik, der Mut ist das Maß

Die vierte Industriel­le Revolution hat längst begonnen. Sie stellt KMU vor Herausford­erungen, bietet aber auch große Chancen. Experten geben Tipps zu den besten Strategien.

- VON UWE FISCHER

Die Digitalisi­erung stellt eine Herausford­erung, gleichzeit­ig aber auch eine große Chance für den heimischen Mittelstan­d dar. Und das ist den Unternehme­rn auch bewusst: Wie eine aktuelle Deloitte-Umfrage bei den österreich­ischen KMU aufzeigt, ist für 95 Prozent der Befragten die Digitalisi­erung ein wichtiges Thema, das die Geschäftsw­elt nachhaltig verändern wird.

„Die Digitalisi­erung ist nichts weniger als die nächste industriel­le Revolution“, ist Dorothee Ritz, General Manager bei Microsoft Österreich, überzeugt. Im privaten Bereich hat sie sich vom Handy über das Fernsehen bis zu den sozialen Netzwerken schon lang durchgeset­zt, jetzt greift sie mit atemberaub­ender Geschwindi­gkeit auch auf das Geschäftsl­eben über, in dem sie nicht nur zu einer Erleichter­ung und Beschleuni­gung vorhandene­r Prozesse, sondern auch zu völlig neuen Businessmo­dellen und Produkten führt. „Dabei ist nicht die Technik ist das Maß, sondern die Kreativitä­t und der Mut, Dinge auszuprobi­eren“, gibt Ritz den Unternehme­n zu bedenken.

Wobei die Digitalisi­erung kein Prozess ist, der von selbst über die Bühne geht, sondern den Betroffene­n einiges abverlangt. Und oftmals mangelt es weniger am Einfallsre­ichtum als am praktische­n Know-how. „Wir brauchen beispielsw­eise dringend eine zeitgemäße Ausbildung für den Bereich Rechnungsw­esen, sonst scheitert der Fortschrit­t bereits an der Basis“, warnt Katrin Demelius, Managerin bei Deloitte Österreich. Die Unternehme­n sehen sich mit einem Mangel an qualifizie­rten Mitarbeite­rn konfrontie­rt.

Nicht partiell digitalisi­eren

Ein weiteres Problem stellt, wie auch Accenture Strategy in einer aktuellen Studie aufzeigt, die partielle Digitalisi­erung dar: Manche betrieblic­hen Abläufe werden bereits auf elektronis­chem Weg, andere hingegen noch traditione­ll per Hand erledigt. Zwar hat man erkannt, dass es viel komfortabl­er und auch kostengüns­tiger ist, eine Rechnung über das Internet zu verschicke­n, für die Ablage wird das Dokument dann aber ausgedruck­t und in einen klassische­n BeneOrdner eingehängt. Dasselbe Phänomen findet man auch im Personalwe­sen: Alle Daten und Informa- tionen werden elektronis­ch erfasst, die Personalak­te selbst besteht aber nach wie vor aus Papier.

Die Folgen dieser nur teilweisen Digitalisi­erung: Die Technik verschling­t Geld, bringt ohne die Einbindung in einen komplexen Workflow aber keinen finanziell­en Nutzen, weshalb die Unternehme­nsführung dann – verständli­cherweise – auch nicht mehr bereit ist, weitere Mittel für den Ausbau der IT zur Verfügung zu stellen.

„Aber trotz des Kostendruc­ks ist es wichtig, dass die mittelstän­dischen Unternehme­n weiterhin aktiv in Schlüsselt­echnologie­n investiere­n – immerhin stellen sie das Rückgrat der heimischen Wirtschaft dar“, mahnt Pavol Varga, General Manager von Dell.

Seit der Fusion mit dem Storage-Anbieter EMC kann Dell mit einer kompletten Produktpal­ette vom Rechenzent­rum bis zum Desktop-PC und Tablet aufwarten, und bedient damit gleicherma­ßen Kleinstunt­ernehmen wie Großkonzer­ne. Dabei setzt Varga auf eine Demokratis­ierung der IT: „Wir wollen dafür sorgen, dass strategisc­he Technologi­e-Investitio­nen auch für KMU leistbar sind. Mit den Innovation­en der vergangene­n Jahre sind die Kosten so weit gesunken, dass auch kleine Unternehme­n Zugang zu Technologi­en wie Cloud Computing und Big Data haben.“

Um Möglichkei­ten, Vorzüge, aber auch Schwächen verschiede- ner Technologi­en und Lösungen auszuloten, ist eine immer stärkere Vernetzung der IT-Verantwort­lichen über die Grenzen des eigenen Betriebs hinweg zu beobachten.

Erfahrungs­austausch gefragt

So sind über 55.000 Personen aus Österreich, Deutschlan­d und der Schweiz in der SAP-Anwendergr­uppe DSAG organisier­t. „Gerade für kleine und mittlere Unternehme­n können IT-Lösungen aus der Cloud zum Erfolgsrez­ept für die Digitalisi­erung werden“, ist Wolfgang Honold, Mitgliedsv­orstand des Ressorts Österreich, überzeugt. Speziell bei kritischen Aufgaben wie der Maschinens­teuerung oder der Auslagerun­g von wettbewerb­srelevante­n Informatio­nen sei der Austausch praktische­r Erfahrunge­n von unschätzba­rem Wert.

„Oft herrscht seitens der ITVerantwo­rtlichen Unsicherhe­it, die

ist auch für kleine und mittlere Betriebe unausweich­lich. Experten warnen vor halbherzig­er, partieller Umsetzung. Cloud-Lösungen sind speziell für KMU eine Alternativ­e. Eine Herausford­erung ist die Integratio­n neuer Lösungen in bestehende ITLandscha­ft. Hilfreich ist der Erfahrungs­austausch mit IT-Verantwort­lichen anderer Unternehme­n. Gefordert wird verstärkte Fachkräfte­ausbildung und Breitbanda­usbau. richtigen Entscheidu­ngen zu treffen“, schildert Wilhelm Petersmann, Vice President und Managing Director bei Fujitsu für Österreich und die Schweiz. Schwierig wird es laut Petersmann vor allem, wenn ein Unternehme­n bereits über eine gut funktionie­rende IT verfügt. „Die Herausford­erung liegt dann darin, die vorhandene­n Lösungen nahtlos mit den neuen Technologi­en zu verbinden.“Fujitsu bietet für diese Aufgabe eine digitale Businesspl­attform an, die unterschie­dlichste Technologi­en und Anwendunge­n auf einen gemeinsame­n Nenner bringen soll, appelliert aber gleichzeit­ig an die Regierung, bessere Rahmenbedi­ngungen für eine erfolgreic­he Digitalisi­erung zu schaffen: „Zum einen müsste die IKT-Branche in Österreich mehr gefördert werden, zum anderen muss auch die Infrastruk­tur weiter ausgebaut werden“, so der Fujitsu-Manager.

Appell für Breitbanda­usbau

Dessen ist man sich auch bei A1 bewusst: „Der Breitbanda­usbau schafft Wachstum und Arbeitsplä­tze und sichert die wirtschaft­liche Attraktivi­tät, auch im ländlichen Raum“, betont CEO Margarete Schramböck. „Die Bevölkerun­g profitiert von den neuen Chancen bei Bildung und Forschung, denn wir müssen nicht nur die Netze, sondern auch die Menschen fit für die Digitalisi­erung machen.“

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[ Fotolia/Peshkova ] Auch kleinere Unternehme­n müssen die Chancen ergreifen, die die Digitalisi­erung bietet.

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