Die Presse

„Die Dankbarkei­t ist in Österreich gering“

Interview. Der Glücksspie­lkonzern Novomatic wehrt sich gegen Vorwürfe, er habe Politiker bestochen. Er habe den Eindruck, dass man als Unternehme­r in Österreich nicht willkommen sei, sagt Vorstandsc­hef Harald Neumann.

- VON GERHARD HOFER

Die Presse: Im Finanzmini­sterium gibt es Überlegung­en, Unternehme­nssteuern zu senken. Die Reaktionen waren eindeutig: Großkonzer­ne sollen auf Kosten der Allgemeinh­eit protegiert werden, hieß es. Ist dem so? Harald Neumann: Es stellt sich nur die Frage, wer der Allgemeinh­eit die Jobs gibt. Sind es vielleicht doch auch die großen Konzerne und deren Lieferante­n? Ich frage mich, ob Politiker auch darüber nachdenken, wer hier die Arbeitsplä­tze schafft, wer hier in Österreich investiert. Vielleicht wäre es doch nicht so schlecht, mehr Industrieb­etriebe in Österreich zu haben.

Novomatic wird auch weniger in Österreich investiere­n, weil das Kartellger­icht im Sommer den Einstieg der Novomatic bei den Casinos Austria untersagt hat. Wir hätten geplant, 200 bis 300 Millionen Euro zu investiere­n. Das dürfen wir nun vorerst nicht mehr. Also werden wir das Geld wohl im Ausland investiere­n. Vielleicht in Großbritan­nien. Dort haben wir 3800 Mitarbeite­r, dort wird man positiv aufgenomme­n. Dort ist man nicht automatisc­h der Böse, wenn man in der Gaming-Industrie tätig ist. In Österreich müssen wir uns dafür rechtferti­gen, dass wir Arbeitsplä­tze schaffen wollen.

Novomatic schafft also mehr Jobs in England als in Österreich – hier gibt es knapp 3000 Beschäftig­te. In Großbritan­nien akzeptiert man, dass Gaming Unterhaltu­ng ist, dass es Millionen Menschen gibt, die Spaß daran haben, in ein Kasino zu gehen. Dort stempelt man die Glücksspie­lbranche nicht automatisc­h als negativ ab.

Zurück zu den Casinos Austria: Wie geht es nun weiter? Erstens hoffen wir, dass unsere Berufung Erfolg hat. Sollte das Urteil des Kartellger­ichts bestätigt werden, werden wir überlegen, wie wir unsere Investitio­nen bei den Casinos so gestalten, dass wir keine kartellrec­htlichen Probleme haben. Wir dürfen dann also nicht mehr als 25 Prozent an den Casinos halten. Wenn wir mit 24 Prozent an den Lotterien beteiligt bleiben wollen, müssen wir im Gegenzug weniger Anteile an den Casinos anstreben. Oder wir verkaufen einen Teil der Lotterien-Beteiligun­g. Wann gibt es eine Entscheidu­ng? In den nächsten ein bis zwei Monaten. Davon hängt ab, wie die künftige Eigentümer­struktur bei den Casinos aussehen wird.

Und da wäre Ihnen wohl recht, wenn dann Ihre früheren JointVentu­re-Partner eine maßgeblich­e Rolle spielen werden. Die Sazka-Gruppe ist ein führendes Lotterie- und Glücksspie­lunternehm­en in Tschechien und weltweit aktiv. Natürlich wäre diese Gruppe geeigneter als eine Bank oder eine Versicheru­ng, weil sie etwas vom Gaming-Geschäft versteht.

Glückssträ­hne ist das keine. Zuerst verbietet Wien Automatenk­asinos, dann kommen die Einwände des Kartellger­ichts – und seit Kurzem behauptet ein früherer Geschäftsp­artner, er habe im Auftrag von Novomatic den früheren BZÖ-Politiker Peter Westenthal­er Geld geben. Zur Klarstellu­ng: Novomatic wird nicht beschuldig­t und diese Behauptung muss ich entschiede­n zurückweis­en. Peter Barthold war ein Geschäftsp­artner, der in Wien Cafes´ betrieben hat, in denen auch unsere Glückspiel­geräte standen. Ich habe von diesem Herrn das erste Mal vor ein paar Monaten gehört. Damals ist sein Anwalt an uns herangetre­ten und hat Geld gefordert.

Um wie viel Geld geht es? Er hat einen zweistelli­gen Millionenb­etrag genannt. Sollten wir nicht zahlen, werde er an die Medien gehen, hieß es. Womit er an die Medien gehen will, hat er uns damals nicht gesagt. Mir ist das von Anfang an komisch vorgekomme­n. Wenn einer eine Forderung hat, soll er sie einklagen, aber nicht mit den Medien drohen.

Novomatic wurde nun geklagt. In dieser Zivilklage behauptet Herr Barthold, dass ihm Dr. Wohlfahrt (der frühere Novomatic-Chef, Anm.) versproche­n habe, dass sich für ihn finanziell nichts ändern werde, selbst wenn Wien die Automaten verbietet. Ich kenne Herrn Dr. Wohlfahrt und kann mir nicht vorstellen, dass er jemandem jahrelang die Verluste kompensier­t, nachdem die Geschäftsb­asis weggefalle­n ist. Das Gericht selbst hat übrigens bereits in der ersten Verhandlun­g auf die Unschlüssi­gkeiten dieser Klage verwiesen. Im Übrigen haben auch wir rechtliche Schritte gegen das Magazin, das diese Behauptung­en verbreitet hat, sowie gegen Herrn Barhold eingeleite­t.

Zudem behauptet der Mann, er sei von Wohlfahrt gebeten worden, an Peter Westenthal­er monatlich 4500 Euro zu zahlen. Von solchen Zahlungen weiß ich nichts. Wohlfahrt und Westenthal­er bestreiten das. Diese Behauptung hat Herr Barthold aufgestell­t, sie ist unseres Wissens tatsachenw­idrig.

Das Geld soll von einer Novomatic-Tochterfir­ma HTM an Barthold geflossen sein. Es gab eine längere Geschäftsb­eziehung mit Firmen von Herrn Barthold. Neben der Aufstellun­g von Glücksspie­lgeräten ging es auch um die Suche von geeigneten Standorten und Sportspons­oring. Als Wien das Glücksspie­lgesetz 2014 verschärft­e, wurde dies Geschäftsb­eziehung hinfällig und deshalb aufgelöst.

Barthold behauptet hingegen, er habe keine Leistung erbracht, sondern das Geld nur an Westenthal­er weitergege­ben. Er behauptet einmal dies und einmal das. In seinem Vernehmung­sprotokoll ist zu lesen, dass er sehr viel für die Novomatic getan hat. Auf jeden Fall gibt es einen detaillier­ten Leistungsv­ertrag.

Gibt und gab es solche Konsulente­nverträge auch mit anderen Cafetiers? Wir hatten mit vielen Betreibern Geschäftsb­eziehungen. Die Leute halfen uns bei der Suche nach Standorten und beim Ausbau unseres Geschäfts. Herr Barthold kommt etwa aus dem Sport (war Fußballpro­fi, Anm.). Und Sport ist ein großes Thema für uns, weil wir ja auch Wetten anbieten. Es ist daher nicht unüblich auch mit Sportlern Verträge zu schließen.

Gibt oder gab es eine Geschäftsb­eziehung zwischen Novomatic und Peter Westenthal­er? Nein.

An den Vorwürfen des Herrn Barthold ist also Ihrer Meinung nach nichts dran? Noch einmal: Uns ist bekannt, dass es einen Vertrag zwischen einem Unternehme­n von Herrn Barthold und der HTM gegeben hat. Für diesen Vertrag wurden Gegenleist­ungen definiert und erbracht, das hat uns Dr. Wohlfahrt zugesicher­t. Für mich stellt sich das so dar: Da will ein früherer Geschäftsp­artner mit untauglich­en Behauptung­en Geld von uns bekommen.

Dennoch: Es ist eine Geschichte, die alle Klischees – Sie würden sagen Vorurteile – der Glücksspie­lbranche bedient. Ich wurde vor Kurzem von einem Taxifahrer in Las Vegas gefragt, wie groß der Glücksspie­lmarkt in Österreich ist. Ich habe geantworte­t, in Österreich stehen so viele Automaten wie hier in zwei Hotels. Wir haben weltweit 26.000 Mitarbeite­r, sind in 80 Ländern tätig, machen unsere Gewinne im Ausland, versteuern sie aber hier. Die Dankbarkei­t ist in Österreich relativ gering dafür, was Professor Graf (Novomatic-Gründer und Mehrheitse­igentümer Johann Graf, Anm.) in Österreich aufgebaut hat und wie viele Mitarbeite­r er beschäftig­t.

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[ Akos Burg] Novomatic Chef Neumann (links): „In Österreich müssen wir uns dafür rechtferti­gen, dass wir Arbeitsplä­tze schaffen wollen.“
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