Die Presse

NIEDERÖSTE­RREICH

- VON GERHARD HOFER

O Heimat, dich zu lieben, getreu in Glück und Not. Im Herzen steht’s geschriebe­n als innerstes Gebot. Wir singen deine Weisen, die dir an Schönheit gleich, und wollen hoch dich preisen, mein Niederöste­rreich.

Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal die niederöste­rreichisch­e Landeshymn­e gehört habe. Vielleicht war es vor fast 20 Jahren, als ich als junger Journalist bei der letzten Sitzung des niederöste­rreichisch­en Landtags in der Wiener Herrengass­e 13 war. Es ist ja schon bezeichnen­d, dass sich ein Land seine Hauptstadt selbst wählt. Wir wählten St. Pölten. Weil ohne wäre das Land bekanntlic­h heute „wie ein Gulasch ohne Saft“. In dem kleinen Weinviertl­er Ort, aus dem ich stamme, wählten die meisten Krems, weil es näher ist. Nur unser alter Schusterme­ister, der täglich mit dem alten Waffenrad durch die Gasse rollte, war für St. Pölten. „Weißt Gerhard, dort hab ich nach der Kriegsgefa­ngenschaft in Russland die erste warme Mahlzeit bekommen“, hat er mir erzählt.

Wenn wir in Niederöste­rreich an Heimat denken, denken wir an St. Pölten, ans Wein- oder Waldvierte­l, ans Triestingt­al und an die Wachau. So selbstvers­tändlich wie ein Tiroler ein Tiroler, ein Steirer ein Steirer ist, so selbstvers­tändlich ist bei uns gar nichts. Wir sind ja nicht einmal kulinarisc­h auf der Landkarte wie das Salzburger Nockerl, Wiener Schnitzel, Tiroler Gröstl. Und wenn „Niederöste­rreich“auf dem Weinetiket­t steht, dann spricht das nicht für Qualität, sondern für Masse. Denn die Qualität liegt in den Regionen. Nicht nur beim Wein. Auch in der Politik. Wir sind regional und nicht national. Und darauf dürfen wir durchaus stolz sein in Zeiten wie diesen.

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