Putin, Trump könnten Europa wieder teilen
„Keine Sehnsucht nach Gayropa“, von E. Steiner, Spectrum vom 22. 10. Vor rund 200 Jahren war Frankreich unter Napoleon I., vor 100 Jahren Deutschland unter Wilhelm II., vor 75 Jahren Deutschland unter Hitler jeweils eine Russland ebenbürtige Militärmacht. Russland gewann aber letztlich, denn es war nur an einer Front engagiert, sein jeweiliger Gegner jedoch verzettelte seine Kraft an ein, zwei, drei anderen Fronten. Heute könnte die EU, obwohl an Wirtschaftsleistung der Russischen Föderation mehrfach überlegen, dieser militärisch nicht lang die Stirn bieten, hätte sie nicht die andere Supermacht, die USA, hinter sich. Doch dieser Schutz könnte 2017 wegfallen, würde Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten gewählt werden. Dieser hätte vielleicht keine Skrupel, die Nato für obsolet zu erklären, sich mit Putin zu treffen, vielleicht gar in Jalta. Europa würde in zwei Interessensphären geteilt, und Putin verführe dann in seiner Hälfte nach Belieben (die baltischen Staaten lässt er wie die Krim besetzen, Polen und vielleicht noch andere blieben zwar formell selbstständig, müssten aber wieder nach Moskaus Pfeife tanzen).
Insgeheim betrachten die Russen die Amerikaner wahrscheinlich als „Weicheier“, nicht nur wegen deren Einstellung zur Gay-Frage, sondern, weil die russischen Großväter sich den Sieg im Zweiten Weltkrieg mit einem hundertmal höheren Blutzoll als die amerikanischen erkauft haben. Zu den sechs Punkten, wie Russland das heutige Europa sieht: Die Europäer sollten in sich gehen, ob in dem einen oder anderen nicht doch mehr als ein Körnchen Wahrheit steckt.
Eine Meinungsbefragung unter Europäern mit anonymer „Stimmabgabe“(Wen fürchtet, wen hasst, wen liebt man [mehr]?) samt Nennen jeweiliger Nation(alität)en) erbrächte interessante Erkenntnisse.
Dr. Franz Rader, 1070 Wien