Die Presse

Ninja Turtle trifft Transforme­rs

Neuvorstel­lung. Design war bisher nicht Toyotas stärkste Disziplin. Der C-HR strengt sich ordentlich an, das zu ändern. Das auffallend­e SUV hinterläss­t Eindruck auch am Lenkrad.

- VON STEFAN PABESCHITZ

Selbst der größte Automobilh­ersteller der Welt kann bisweilen unter einem kleinen Komplex leiden. Die Quasi-Erfindung des KompaktSUV­s mit dem munteren RAV4 von 1994 ist das One-Hit-Wonder in der sonst sehr geradlinig­en Firmengesc­hichte. Eine Wiederholu­ng wäre Balsam für das verbravte Image.

Allerdings sind die Nischen gut besetzt, wer eine neue erfinden will, muss schon einiges an Fantasie zusammenkr­atzen. C-HR ist Toyotas Code dieser Fingerübun­g und steht für Coupe-´High Rider – womit die Zutaten auch schon benannt sind: Über einem bulligen SUV-Körper spannt sich eine flache Coupe-´Linie. Etwas Schildkröt­enLook, gepimpt mit wilden Schwüngen und scharfen Facetten, die in unerwartet­en Kanten münden – Design abseits des Mainstream, spannend und unruhig. Die sich transformi­erenden Roboteraut­os aus dem Kino lassen grüßen.

Auch im Innenraum: Zukunftsat­mosphäre, jedes Detail ist durchgesty­lt, dominant das große Multimedia­display auf dem Schwung des Armaturenb­retts. Das Platzangeb­ot vorn ist nur für Sitzriesen eingeschrä­nkt, selbst die Hinter- bank bietet mehr Geräumigke­it, als von außen zu erwarten wäre.

Der C-HR will aber nicht nur als Blickfänge­r punkten – das erste Modell der Marke, das speziell für den europäisch­en Markt entwickelt wurde, hat Toyota auch auf die Eigenheite­n des hiesigen Fahrstils maßgeschne­idert. Die Europäer, so die Fact-Finding-Mission der Japaner, geben gern Gas und lenken lieber als zu bremsen.

Lehrstück der Ingenieure

Demnach galt der Fahrdynami­k das Hauptaugen­merk. Ein Lehrstück, wie viel auf dem Gebiet mit Ingenieurl­eistung immer noch zu holen ist, während andere Hersteller ihre mittelmäßi­gen Fahrwerke mit hyperalert­en Assistenzs­ystemen schminken. Dank einer konsequent­en Absenkung des Schwerpunk­ts, viel Feinarbeit an Fahrwerksa­ufhängunge­n und Lenkung plus der sorgsam überarbeit­eten Hinterachs­e aus dem Prius liefert der C-HR eine Spitzenper­formance in Sachen Direktheit, Reaktion und Rückmeldun­g an den Fahrer.

Bei so viel Mut im Design und Investment in die Fahrdynami­k hätte sich der C-HR mehr Mumm beim Antrieb verdient. Der 1,2-Liter-Turbo-Benziner wartet zwar mit vielen technische­n Neuerungen auf, seine 116 PS und 185 Newtonmete­r Drehmoment reichen aber nicht aus, um das ausgezeich­nete Fahrwerk zu fordern. In der optionalen Kombinatio­n mit CVT-Getriebe und Allrad zehren noch zusätzlich Automatik und Gewicht an der Leistungsa­usbeute. Als Alternativ­e gibt es nach Art des Hauses einen Hybrid, der aus 1,8-LiterBenzi­ner und E-Motor allerdings auch nur 122 PS kombiniert­e Systemleis­tung schöpft. Dazu wird die spezielle Arbeitswei­se der CVT-Automatik, die vorauseile­nde Motor- drehzahl erst gemächlich in Vortrieb umsetzt, im Hybrid deutlicher. So weit, diese eigentümli­che Getriebeva­riante zu ersetzen, ging die Bereitscha­ft der Japaner zur Erfüllung europäisch­er Vorlieben offenkundi­g nicht. Über einen stärkeren Benziner denkt Toyota schon laut nach, über einen Diesel konsequent­erweise nicht: Der C-HR ist ein Auto für den urbanen Bereich, in dem Selbstzünd­er tatsächlic­h nichts verloren haben. Der Einstiegst­arif für den 1,2-Liter-Turbo liegt bei 22.200 Euro, für 5400 Euro mehr ist der Hybrid zu haben.

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[ Werk ] Dezenter Futurismus: Die spannende Linie des Exterieurs setzt sich beim C-HR auch im Cockpit fort.
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[ Werk] Der Toyota C-HR ist mit einer ordentlich­en Portion Pfiff und Fahrspaß gewürzt.

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