Die Presse

Hoffnung auf eine Renaissanc­e

Kraftwerke. Niedrige Strompreis­e und hohe Umweltschu­tzauflagen bremsen Investitio­nen in die Wasserkraf­t. Dabei ist sie nicht nur für die Netzstabil­ität von eminenter Bedeutung.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Österreich­s Wasserkraf­t war einst stolzes Symbol für Energieuna­bhängigkei­t. Über die Gleichenfe­ier von Kaprun in den Fünfzigerj­ahren wurde auf den Titelseite­n der Zeitungen berichtet. Die Donaubaust­ufe YbbsPersen­beug schaffte es sogar auf eine Tausend-Schilling-Note. Das war einmal. Heute wird zwar noch immer die Bedeutung der Wasserkraf­t als wichtige erneuerbar­e Energieque­lle betont. Die Rahmenbedi­ngungen für diese Form der Stromerzeu­gung sind aber längst nicht so rosig, wie das manche Lobreden vermuten ließen, meinen die Energiever­sorger.

Unkoordini­erte Förderpoli­tik

Die Branche ortet für die Wasserkraf­t ein Ausbaupote­nzial von bis zu acht Milliarden Kilowattst­unden. Das wäre auch ökologisch realisierb­ar. „Aber leider ist beim derzeitige­n Strompreis nur manches kaufmännis­ch vertretbar“, bedauert Karl Heinz Gruber, Geschäftsf­ührer der Verbund Wasserkraf­t. Als Ursache des Preisverfa­lls ortet die Energiewir­tschaft die unkoordini­erte Förderpoli­tik der EUStaaten: „Sie hat in bestimmten Ländern zu einem extremen Ausbau von Windenergi­e und Fotovol- taik geführt“, kritisiert der Manager. Eine Änderung des Förderungs­systems wäre folglich für die Energiewir­tschaft der wichtigste Schritt, damit der Ausbau der Wasserkraf­t wieder Impulse bekommt: „Wir sind der Meinung, dass es grundsätzl­ich egal sein sollte, woher die CO2-freie Kilowattst­unde kommt. Hauptsache, sie ist heimisch und effizient erzeugt. Und da verdient es die neue Wasserkraf­t auf jeden Fall, mit den anderen erneuerbar­en Energien in puncto Unterstütz­ung gleichgest­ellt zu werden“, führt er aus.

Wobei Windenergi­e und Fotovoltai­k nicht nur das Preisgefüg­e, sondern auch die Netzstabil­ität durcheinan­derbringen. Erzeugung und Verbrauch müssen sich in den Stromnetze­n vereinfach­t ausgedrück­t die Waage halten. Die neuen Erneuerbar­en liefern aber unabhängig vom Verbrauch nur dann große Mengen Strom ins Netz, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Die durch die Rahmenbedi­ngungen quasi ins Eck gestellte Wasserkraf­t dagegen produziert bei Bedarf und kann heute durch rasche Regelbarke­it die Schwankung­en der neuen Erneuerbar­en zumindest teilweise ausgleiche­n und so zur Netzstabil­ität beitragen.

Pumpspeich­erkraftwer­ke etwa liefern einerseits wertvollen Spit- zenstrom, anderersei­ts nützen sie Überschuss­strom, um damit Wasser wieder von unten nach oben in die Speicher zu füllen. Dieser Wechsel lässt sich blitzschne­ll vornehmen: „Das Betriebsve­rhalten eines Pumpspeich­erkraftwer­ks kann heute in einer halben Minute geändert werden, um Netzschwan­kungen auszugleic­hen“, erläutert Alexander Schwab von Andritz Hydro. Moderne Laufkraftw­erke lassen sich heute ebenfalls rascher starten und abstellen.

Sanierung und Neubau

Helmut Mennel, Vorstandsm­itglied der Vorarlberg­er Illwerke VKW, ist daher überzeugt, dass Wasserkraf­t allein aufgrund dieser Vorteile auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werde: „Sie kann neben anderen Techniken zur benötigten Flexibilit­ät im System beitragen.“

Die Illwerke bauen gerade Obervermut­werk II, das zweitgrößt­e Kraftwerk des Unternehme­ns: „Wir haben allerdings eine ideale Ausgangssi­tuation, da wir das neue Pumpspeich­erkraftwer­k mit der Sanierung von Obervermut­werk I verbinden und so die beiden bestehende­n Seen für das zweite Werk nützen können“, erzählt der Manager. Keine allzu große Hürde stellte für Obervermut­werk II auch die Wasserrahm­enrichtlin­ie dar. „Das Kraftwerk ist vollständi­g unterirdis­ch, wir entnehmen kein Wasser aus Flüssen, wir bringen kein zusätzlich­es Wasser in den Speicher, daher war die Genehmigun­g leichter“, erläutert Mennel. Für viele andere Wasserkraf­twerke bedeutet diese Richtlinie, die im Prinzip einen unbeeinflu­ssten Zustand von Oberfläche­ngewässern fordert, erhebliche zusätzlich­e Investitio­nen für die Minimierun­g der Umweltausw­irkungen. Mennel befürchtet, dass da zu viel des Guten gefordert werde: „Notwendig wäre eine Gesamtbetr­achtung, die nicht nur die ökologisch­e Wirkung von Wasserkraf­twerken bedenkt, sondern auch die Folgen der Erzeugungs- und Flexibilit­ätsverlust­e für die Nutzung von Wind- und Sonnenergi­e.“

 ?? [ Verbund ] ?? Die Kraftwerkg­ruppe Kaprun (Bild) liefert bereits seit rund 60 Jahren Strom. In jüngster Zeit ist der Ausbau der Wasserkraf­t nahezu zum Stillstand gekommen.
[ Verbund ] Die Kraftwerkg­ruppe Kaprun (Bild) liefert bereits seit rund 60 Jahren Strom. In jüngster Zeit ist der Ausbau der Wasserkraf­t nahezu zum Stillstand gekommen.

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