Hoffnung auf eine Renaissance
Kraftwerke. Niedrige Strompreise und hohe Umweltschutzauflagen bremsen Investitionen in die Wasserkraft. Dabei ist sie nicht nur für die Netzstabilität von eminenter Bedeutung.
Österreichs Wasserkraft war einst stolzes Symbol für Energieunabhängigkeit. Über die Gleichenfeier von Kaprun in den Fünfzigerjahren wurde auf den Titelseiten der Zeitungen berichtet. Die Donaubaustufe YbbsPersenbeug schaffte es sogar auf eine Tausend-Schilling-Note. Das war einmal. Heute wird zwar noch immer die Bedeutung der Wasserkraft als wichtige erneuerbare Energiequelle betont. Die Rahmenbedingungen für diese Form der Stromerzeugung sind aber längst nicht so rosig, wie das manche Lobreden vermuten ließen, meinen die Energieversorger.
Unkoordinierte Förderpolitik
Die Branche ortet für die Wasserkraft ein Ausbaupotenzial von bis zu acht Milliarden Kilowattstunden. Das wäre auch ökologisch realisierbar. „Aber leider ist beim derzeitigen Strompreis nur manches kaufmännisch vertretbar“, bedauert Karl Heinz Gruber, Geschäftsführer der Verbund Wasserkraft. Als Ursache des Preisverfalls ortet die Energiewirtschaft die unkoordinierte Förderpolitik der EUStaaten: „Sie hat in bestimmten Ländern zu einem extremen Ausbau von Windenergie und Fotovol- taik geführt“, kritisiert der Manager. Eine Änderung des Förderungssystems wäre folglich für die Energiewirtschaft der wichtigste Schritt, damit der Ausbau der Wasserkraft wieder Impulse bekommt: „Wir sind der Meinung, dass es grundsätzlich egal sein sollte, woher die CO2-freie Kilowattstunde kommt. Hauptsache, sie ist heimisch und effizient erzeugt. Und da verdient es die neue Wasserkraft auf jeden Fall, mit den anderen erneuerbaren Energien in puncto Unterstützung gleichgestellt zu werden“, führt er aus.
Wobei Windenergie und Fotovoltaik nicht nur das Preisgefüge, sondern auch die Netzstabilität durcheinanderbringen. Erzeugung und Verbrauch müssen sich in den Stromnetzen vereinfacht ausgedrückt die Waage halten. Die neuen Erneuerbaren liefern aber unabhängig vom Verbrauch nur dann große Mengen Strom ins Netz, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Die durch die Rahmenbedingungen quasi ins Eck gestellte Wasserkraft dagegen produziert bei Bedarf und kann heute durch rasche Regelbarkeit die Schwankungen der neuen Erneuerbaren zumindest teilweise ausgleichen und so zur Netzstabilität beitragen.
Pumpspeicherkraftwerke etwa liefern einerseits wertvollen Spit- zenstrom, andererseits nützen sie Überschussstrom, um damit Wasser wieder von unten nach oben in die Speicher zu füllen. Dieser Wechsel lässt sich blitzschnell vornehmen: „Das Betriebsverhalten eines Pumpspeicherkraftwerks kann heute in einer halben Minute geändert werden, um Netzschwankungen auszugleichen“, erläutert Alexander Schwab von Andritz Hydro. Moderne Laufkraftwerke lassen sich heute ebenfalls rascher starten und abstellen.
Sanierung und Neubau
Helmut Mennel, Vorstandsmitglied der Vorarlberger Illwerke VKW, ist daher überzeugt, dass Wasserkraft allein aufgrund dieser Vorteile auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werde: „Sie kann neben anderen Techniken zur benötigten Flexibilität im System beitragen.“
Die Illwerke bauen gerade Obervermutwerk II, das zweitgrößte Kraftwerk des Unternehmens: „Wir haben allerdings eine ideale Ausgangssituation, da wir das neue Pumpspeicherkraftwerk mit der Sanierung von Obervermutwerk I verbinden und so die beiden bestehenden Seen für das zweite Werk nützen können“, erzählt der Manager. Keine allzu große Hürde stellte für Obervermutwerk II auch die Wasserrahmenrichtlinie dar. „Das Kraftwerk ist vollständig unterirdisch, wir entnehmen kein Wasser aus Flüssen, wir bringen kein zusätzliches Wasser in den Speicher, daher war die Genehmigung leichter“, erläutert Mennel. Für viele andere Wasserkraftwerke bedeutet diese Richtlinie, die im Prinzip einen unbeeinflussten Zustand von Oberflächengewässern fordert, erhebliche zusätzliche Investitionen für die Minimierung der Umweltauswirkungen. Mennel befürchtet, dass da zu viel des Guten gefordert werde: „Notwendig wäre eine Gesamtbetrachtung, die nicht nur die ökologische Wirkung von Wasserkraftwerken bedenkt, sondern auch die Folgen der Erzeugungs- und Flexibilitätsverluste für die Nutzung von Wind- und Sonnenergie.“