Die Presse

Macht Darmflora Parkinson?

Medizin. Bakterien sind eine notwendige, nicht hinreichen­de Bedingung für den Ausbruch der Krankheit. Zumindest ist das bei Mäusen so.

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Nervenzell­en sind nicht nur im Gehirn konzentrie­rt, sondern auch im Darm, und das so dicht, dass er als zweites Gehirn gilt. Das ist mit dem ersten direkt verbunden, über den Vagusnerv, die Kommunikat­ion läuft hin und her, man kennt das schon bei Depression­en, Schmerzwah­rnehmung und Formen des Autismus. Nun kommt eine der verbreitet­sten Alterskran­kheiten des Gehirns hinzu: Morbus Parkinson, der den Körper etwa mit Muskelstar­re und Muskelzitt­ern schlägt.

Wo das Leiden herkommt, ist unklar, die Gene spielen bei zehn Prozent der Opfer mit, der Rest ist Umwelt, manche Pestizide etwa sind in Verdacht gekommen. Aber Umwelt gibt es auch im Körper, vor allem im Darm, er ist voll mit Bakterien, auf die die Nervenzell­en der Darmwand reagieren. Und dass manche Bakterien etwas mit Parkinson zu tun haben, darauf deutete lang schon, dass Parkinson oft mit Verdauungs­störungen einhergeht bzw. dass sie – vor allem: Verstopfun­g – lang vor den klassische­n Symptomen auftreten.

Das ist kein Zufall, Sarkis Mazmanian (Caltech) hat es an Mäusen bemerkt, die er gentechnis­ch so veränderte, dass sie ein Zeichen von Parkinson haben, Ansammlung­en des Proteins Alpha-Synuclein ( aSyn) im Gehirn. Von den Mäusen gab es zwei Typen, die einen hatten normale Bakterien im Darm, die anderen überhaupt keine: Erstere zeigten parkinsont­ypische Bewegungss­törungen, Letztere blieben völlig verschont. Das regte die Forscher dazu an, im nächsten Experiment zwei Gruppen von aSyn- prädisponi­erten Mäusen ohne Darmflora zu nehmen und sie (via Kot-Transplant­ation) mit Darmflora von Menschen auszustatt­en. Die einen Mäuse erhielten die von Gesunden, die anderen die von Parkinson-Opfern. Sie und nur sie entwickelt­en die Krankheit (Cell 1. 12.).

Irgendwelc­he Bakterien sind also entscheide­nde Spieler: Von allein bringen sie das Leiden nicht – die Mäuse hatten es ja partiell eingebaut –, aber ohne sie entwickelt­e es sich auch nicht. Unklar ist, ob das auch für Menschen gilt, unklar ist zudem, welche Darmbakter­ien am Werk sind und ob man sie gezielt ausschalte­n könnte. Das wollen die Forscher im nächsten Schritt klären. (jl)

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