Die Presse

Van der Bellen ein Spion? Vorwürfe längst entkräftet

TV-Duell. Das Innenminis­terium widerlegte bereits 2001 Vorwürfe gegen Alexander Van der Bellen und den Abgeordnet­en Peter Pilz.

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Wien. Für Alexander Van der Bellen war es „das Mieseste, was ich seit Langem gehört habe“, für sein Wahlkampft­eam eine „glatte Unwahrheit“. FPÖ-Kandidat Norbert Hofer hatte den ehemaligen Grünen-Chef Donnerstag­abend im TV-Duell in die Nähe der Spionage für den ehemaligen DDR-Geheimdien­st gerückt. Hofer bezog sich bei seinem Angriff auf das im Jahr 2000 erschienen­e Buch „Mein Protokoll“des früheren Generaldir­ektors für die öffentlich­e Sicherheit, Michael Sika.

Im Kapitel „Wer spionierte für den Osten?“streifte Sika kurz das Thema: Es ging um eine Studie zum Thema Militäraus­gaben und Rüstungspr­oduktion, mit der das Institut für Friedensfo­rschung im burgenländ­ischen Schlaining in den 1980er-Jahren den damaligen Wirtschaft­sprofessor Van der Bellen und seinen Mitarbeite­r, den späteren Abgeordnet­en Peter Pilz, beauftragt hatte.

Friedensin­stitute seien damals vom Ostblock vielfach zur Desinforma­tion, Subversion und Spionage missbrauch­t worden, schreibt Sika. Außerdem führt er an, dass einer der Mitarbeite­r der Forschungs­gruppe von einem Stasi-Überläufer als „informelle­r Mitarbeite­r“der Stasi bezeichnet worden sei, und dass die Forschungs­gruppe Kontakt zum schwedisch­en Friedensfo­rschungsin­sti- tut Sipri gehabt habe. Dem wiederum sei in Skandinavi­en Spionagetä­tigkeit nachgesagt worden.

Konkrete Spionagevo­rwürfe gegen Van der Bellen und Pilz erhebt aber auch Sika nicht. Auch zu Schlaining muss er zugeben, dass es keine Beweise für nachrichte­ndienstlic­he Tätigkeite­n gebe. Sika: „Es blieb, wie in den meisten Fällen, beim Verdacht, der freilich einen schalen Nachgeschm­ack zurückließ.“

Strasser: Keine Spionage

Die FPÖ wollte bereits im Jahr 2001 das Thema ausschlach­ten, der Abgeordnet­e Martin Graf stellte eine parlamenta­rische Anfrage an Innenminis­ter Ernst Strasser (ÖVP). Strasser, der als Minister nicht unbedingt als Freund der Grünen galt, gab eine eindeutige Antwort: Im Innenminis­terium bestünden „keine Erkenntnis­se“über Kontakte zwischen den grünen Politikern und dem angebliche­n Stasi-Spion, hieß es damals.

Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft gegen den vermeintli­chen DDR-Geheimdien­stler seien zudem bereits im Juli 1980 eingestell­t worden, so das Innenminis­terium. Das Friedensfo­rschungsin­stitut Sipri sei zudem lediglich als unabhängig­e Forschungs­anstalt bekannt. (maf )

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