Demontage im Dezember
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Viel spricht dafür, dass Christian Kern und Sebastian Kurz angesichts guter Persönlichkeitswerte und der Möglichkeit, diese zu verlieren, bald wählen wollen. Aber in beiden Parteien gibt es massive Probleme, die für die Organisationen letal enden könnten: In der SPÖ zerfleischen sich zwei Flügel der Wiener Landespartei, die wegen ihrer Größe und Finanzstärke als Einzige noch ernst zu nehmen ist. Auf der einen Seite die Innenstadtbezirke unter der Führung von Renate Brauner und Sonja Wehsely, auf der anderen die großen Bezirke um Michael Ludwig einerseits und den Anhängern Werner Faymann andererseits. Gelingt Michael Häupl keine Einigung mittels großer Personalrochade, könnte das auch sein Ende besiegeln. Christian Kern weiß um die Problematik und verhält sich neutral wie die Schweiz. Zuletzt signalisierte er leichte Annäherung an die Unzufriedenen jenseits von Donau und Tangente und wagte den Entspannungskurs gegenüber Heinz-Christian Strache, indem er ihn ostentativ lobte. Was Kern angesichts der letzten TV-Debatte und einer möglichen Niederlage Van der Bellens wieder einholen könnte.
Überlegt es sich Kurz noch einmal?
Doch auch in der ÖVP läuft es alles andere als ruhig: Die Frage der Wahlempfehlung führte zum Schlagabtausch. Reinhold Mitterlehner lernte die Grenzen seiner Macht kennen, Reinhold Lopatka dachte nicht daran zurückzutreten. Ausgerechnet die Niederösterreicher unterstützen den Steirer öffentlich. Das klingt nicht so, als würde es im Fall einer Nationalratswahl davor eine harmonische Übergabe der Parteispitze von Mitterlehner zu Sebastian Kurz geben, zu groß könnten die offenen Rechnungen sein. Angesichts möglicher Chaostage könnte es sich Kurz noch einmal überlegen, ohne ihn droht der ÖVP ein Schicksal wie der Wiener ÖVP.
Und die kleinen Oppositionsparteien? Die Grünen mussten inhaltlich auf Tauchstation gehen, um einen Wahlerfolg Van der Bellens nicht zu gefährden. Die Neos erforschen sich und ihren Markenkern und glauben ihn mit Irmgard Griss zu finden. Nur die FPÖ kann entspannt sein, die Schlange beobachtet entzückt die vier hysterischen Kaninchen. So es an diesem Sonntag noch nichts wird – 2017 kommt bestimmt.