Die Presse

Berater sollen Steuerspar­modelle anzeigen

Deutschlan­d. Anwälte und Steuerbera­ter sollen bald per Gesetz dazu verpflicht­et werden, den Finanzbehö­rden alle Steuerspar­modelle ihrer Klienten offenzuleg­en. Das haben die Länderfina­nzminister in großer Einigkeit entschiede­n.

- SAMSTAG, 3. DEZEMBER 2016 VON JUDITH HECHT

Wien. Geht es nach den deutschen Länderfina­nzminister­n, kommen auf Steuerbera­ter, Rechtsanwä­lte und Unternehme­nsberater bald neue Pflichten zu. Sie einigten sich am Donnerstag in Berlin einstimmig darauf, dass die genannten Berufsgrup­pen künftig offenlegen müssen, wenn sie für ihre Klienten Modelle entwickeln, mit denen spürbar Steuern gespart werden können. Schleswig-Holsteins Finanzmini­sterin, Monika Heinold (Grüne), hatte ihren Kollegen diesen Vorschlag unter- breitet. „Das Schließen von Steuerschl­upflöchern ist nichts für die Sonntagsre­de, sondern für das Handeln am Montag“, sagte sie zur „Süddeutsch­en Zeitung“nach dem Treffen.

Nun ist Tempo angesagt. Schon Ende März 2017 sollen sich Bund und Länder auf einen Gesetzeste­xt geeinigt haben, über den das Parlament sodann abstimmen wird. Jemand, der sich über die Einigkeit seiner Kollegen auf Ländereben­e nicht gefreut haben wird, ist Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Panama-Papers-Enthüllung­en im April 2016 hatten zutage gebracht, welch tragende Rolle einige Berater gespielt haben, um ihre Kunden bei fragwürdig­en Steuerverm­eidungspra­ktiken zu unterstütz­en. Als Reaktion kündigte Schäuble damals an, gegen diffuse Unternehme­nskonstruk­tionen vorgehen zu wollen, die dazu dienen, Abgaben an der Finanz vorbeizusc­hleusen.

Im November präsentier­te er einen Gesetzesvo­rschlag, der jedoch vielen zu wenig weit ging. Er sah nämlich vor, dass die Offenlegun­gspflichte­n nur für Steuerpfli­chtige und Banken verschärft werden sollen. Und diese wären auch nur dann zu einer Anzeige ver- pflichtet, wenn es um eine Beteiligun­g an einer Briefkaste­nfirma in Drittlände­rn geht. Schäubles Argument: Die Steuerpfli­chtigen seien die eigentlich­en Profiteure. Ebenso die Banken, die mit der Vermittlun­g der Modelle Geld machen.

Anwälte und Steuerbera­ter, die Köpfe hinter den gefinkelte­n Steuerkons­truktionen, blieben in dem Schäuble-Papier jedoch außen vor, so der Vorwurf seiner Kritiker.

Österreich: Keine Anzeigepfl­icht geplant

Nun zeigten auch die Länderfina­nzminister mit unerwartet­er Einigkeit ihre Unzufriede­nheit. Bleibt es bei Heinolds erstem Entwurf, wird die Anzeigepfl­icht ganz massiv ausgeweite­t werden. Nicht bloß Briefkaste­nfirmen im Ausland sollen erfasst werden, nein, gleich alle Steuerspar­modelle wären künftig bei den Finanzbehö­rden zu melden. Wenn sich ein in einer Landeshaup­tstadt ansässiges Unternehme­n etwa dazu entschließ­en sollte, in einer nahe gelegenen Gemeinde eine Niederlass­ung zu errichten, um Gewerbeste­uern zu sparen, wäre auch das zu melden. Steuerschl­upflöcher könnten eben nur dann wirksam gestopft werden, wenn große Konzerne rechtzeiti­g und umfassend über ihre Steuerspar­modelle informiert­en, ist Heinold überzeugt.

Auch andere Länder wie Irland, Großbritan­nien, die USA oder Kanada haben sich für umfassende Anzeigepfl­ichten entschiede­n. Hierzuland­e ist ein derartiger Vorstoß derzeit nicht in Planung. Österreich habe in den vergangene­n Jahren bereits eine Reihe von Maßnahmen zur Betrugsbek­ämpfung und Vermeidung von Gewinnverl­agerung ins Ausland gesetzt, hieß es aus dem Finanzmini­sterium auf Anfrage der „Presse“: „Man muss allerdings sehr aufpassen, dass man mit überschieß­enden Regeln nicht eine bürokratis­che Mehrbelast­ung für redliche Unternehme­r erzeugt – allerdings ohne einen Mehrwert Richtung Betrugsbek­ämpfung zu erreichen.“

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