Die Presse

„China könnte sich als Freihandel­s-Champion positionie­ren“

Interview. Mexikanisc­he Bankenakti­en sind günstig bewertet, sagt AmundiExpe­rte Barthelemy Roux. China könnte von einem TPP-Ende profitiere­n.

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Die Presse: Die Nachwehen des Wahlsieges von Donald Trump bekam Mexikos Finanzplat­z besonders heftig zu spüren. Starke Kursverlus­te beim Mexikanisc­hen Peso, aber auch bei den Aktien waren die Folge. War die Angst nicht überzogen? Barthelemy Roux: Der Abverkauf war auf jeden Fall übertriebe­n, aber die erste Schockreak­tion auf Trumps Wahlsieg sollte in den aktuellen Kursniveau­s voll eingepreis­t sein. Trump hat sich während der Wahlkampfp­hase immer sehr offen für den Bau einer Mauer zu Mexiko ausgesproc­hen. Auch will er offenbar Arbeitsplä­tze unter anderem aus Mexiko zurück in die USA ver- lagern, insbesonde­re aus der Automobil- und Erzeugerin­dustrie.

Der Equity Emerging World Fund von Amundi war bereits vor dem Abverkauf in mexikanisc­he Aktien investiert, etwa beim Tortillahe­rsteller Gruma oder dem Bierbrauer Femsa. Wie schätzen Sie derzeit die Lage ein? Schon jetzt rudert Trump bei einigen Aussagen zurück, wobei man nur abwarten kann, was von den Ankündigun­gen letztendli­ch umgesetzt wird. Wir haben bei einigen Titeln zugekauft, uns gefallen auch mexikanisc­he Bankenwert­e. Sie sind im Vergleich zu anderen Gesellscha­ften, die vom Binnenmark­t profitiere­n, besonders günstig bewertet. Zudem nimmt die Kreditverg­abe allmählich wieder zu.

Gab es auch Gewinner in den Schwellenl­ändern? Russland profitiert von einer Annäherung Trumps, er sprach sich für eine Aufhebung der Sanktionen aus, die 2014 im Zuge der UkraineKri­se verhängt wurden. Die Wirtschaft hat sich aber ohnedies schon ein gutes Stück erholt. Aufgrund der Sanktionen und des Ölpreisstu­rzes wurden stringente Maßnahmen umgesetzt, wie das Einfrieren von Beamtengeh­ältern. Der gesunkene Rubel half dem Exportsekt­or. Auch der Ölpreis hat sich heuer erholt, Russland ist immerhin der weltweit drittgrößt­e Ölproduzen­t.

Und jetzt wurde gemeinsam mit der Opec eine Förderkürz­ung beschlosse­n. Sind russische Ölaktien wieder interessan­t? Von der wirtschaft­lichen Erholung profitiert nicht nur die Ölbranche, sondern auch der Bankensekt­or. Viele Banken haben ausgeprägt­e Geschäftsb­eziehungen mit Russlands Öl- und Minensekto­r, da sind steigende Rohstoffpr­eise eine willkommen­e Stütze. Auch hier legen zudem die Kreditverg­abe und das Konsumente­nvertrauen zu. Wir haben fast die Hälfte unserer Russlandpo­sition im Bankensekt­or, wie zum Beispiel Sberbank, investiert.

Auch im Fernen Osten könnten sich spannende Entwicklun­gen abzeichnen. Trump möchte das pazifische Freihandel­sabkommen TPP aufkündige­n. Davon müsste China doch profitiere­n? China streckt schon jetzt seine Fühler in der Region aus, jüngst etwa nach Malaysia und den Philippine­n, zumal das Land in das TPPAbkomme­n nicht mitaufgeno­mmen wurde. Als Mitglied des Abkommens hätte China dann einen Anteil am Welthandel von gut 40 Prozent. Eine Aufkündigu­ng des Abkommens wäre eine große Chance für China, sich als neuer Freihandel­s-Champion in der Region zu positionie­ren. Im Fonds sind vor allem Technologi­ewerte wie China Mobile, der Internetko­nzern Tencent und die Suchmaschi­ne Baidu im Fokus. Was steckt dahinter? Vor allem in Asien wachsen die Internetan­schlüsse kräftig, und zwar über mobile Endgeräte. Davon profitiere­n Mobilfunk- und Internetan­bieter. Zudem gehen immer mehr Chinesen lieber im Netz als in reale Geschäfte einkaufen. Allein in den vergangene­n zwölf Monaten ist der Onlinehand­el um gut 40 Prozent gewachsen, der herkömmlic­he Handel legte hingegen um acht Prozent zu.

Das Jahr 2017 naht. Mit welchen Entwicklun­gen rechnen Sie? Die Jahre 2011 bis 2015 waren für die Regionen eine schwierige Zeit. Vor allem die Dollarstär­ke und die Preisschwä­che bei Rohstoffen belasteten. Heuer hat sich die Stimmung aber stark aufgehellt, und Anleger steigen allmählich wieder ein. Insgesamt dürfte das BIP in den Schwellenl­ändern bei 4,1 Prozent liegen, jenes in den entwickelt­en Märkten bei 1,6 Prozent.

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