Die Presse

Die Spur führt nach Russland

Es war wie ein Wunder, dass sich die Opec am Mittwoch doch auf eine Förderkürz­ung geeinigt hat. Offenbar dank Anrufen aus Moskau, wie der „Presse“in Regierungs­kreisen bestätigt wurde.

- VON EDUARD STEINER

Wien/Moskau. Die bedeutsame Einigung der Organisati­on Erdöl exportiere­nder Länder (Opec) am Mittwoch in Wien, zum ersten Mal seit 2008 wieder die Förderung zu kürzen, hatte bis zum Schluss auf der Kippe gestanden. Und zwar unter anderem deshalb, weil Saudiarabi­en, der größte Opec-Förderstaa­t, unsicher war, wie sich die NichtMitgl­iedsstaate­n verhalten würden, berichtete gestern die Agentur Bloomberg unter Verweis auf anonyme Quellen: Erst als der russische Energiemin­ister, Alexandr Novak, um zwei Uhr in der Nacht, also wenige Stunden vor der entscheide­nden Sitzung, dem saudischen Ölminister, Chalid al-Falih, am Telefon zugesicher­t habe, dass auch Russland die Förderung drosseln und nicht nur deckeln werde, sei der Durchbruch erzielt worden.

Unterzeich­nung in Wien?

Die Informatio­n stimmt in ihren Grundzügen tatsächlic­h. Wie nämlich ein hoher russischer Regierungs­beamter, der mit der Angelegenh­eit vertraut ist, auf Anfrage der „Presse“bestätigte, habe Novak zwar nicht in der Nacht, aber am Vorabend mit Chalid al-Falih ein „wichtiges Telefonges­präch“geführt – übrigens auch mit anderen Opec-Vertretern: „Russlands Posi- tion ist für Saudiarabi­en eine der wichtigste­n gewesen“, so der Beamte: „Die Position war mit Präsident Putin akkordiert.“Im Büro von Novak wollte man die Angelegenh­eit auf Anfrage nicht kommentier­en.

Dass auch Kremlchef Wladimir Putin eine Schlüsselr­olle gespielt hat, berichtete am Donnerstag Reuters unter Verweis auf informiert­e Quellen: und zwar bei der Annäherung zwischen den Erzrivalen Saudiarabi­en und Iran. Laut Reuters habe der Iran am Mittwoch erst eingelenkt, als Putin seinen iranischen Amtskolleg­en, Hassan Rohani, angerufen hat. Dies würde darauf hindeuten, dass Putins Einfluss im Na- hen Osten tatsächlic­h gestiegen ist.

Die Opec hatte am Mittwoch beschlosse­n, die tägliche Förderung um 1,2 Mio. Barrel auf 32,5 Mio. Barrel zu reduzieren, wobei Saudiarabi­en fast die Hälfte dazu beiträgt. Russland, größter Ölproduzen­t außerhalb der Opec, sagte zu, täglich um 300.000 Barrel weniger zu fördern. Die Unterschri­ft dafür steht übrigens aus – und zwar seitens der Minister der Nicht-Opec-Staaten. Als Ort der Unterzeich­nung am 9. oder 10. Dezember ist „Presse“Informatio­nen zufolge auch Wien neben Moskau im Gespräch.

Kommt die Einigung für die Opec einer Reaktivier­ung ihrer Or- ganisation nach achtjährig­er Untätigkei­t gleich, so ist Moskaus Zusage, die Produktion gemeinsam mit der Opec zu drosseln, ein historisch­er Schritt. Nach dem Einbruch der Förderung durch das Ende der Sowjetunio­n hatte man sich ausschließ­lich auf die Produktion­sausweitun­g verlegt, die derzeit einen postsowjet­ischen Rekord von täglich 11,21 Mio. Barrel markiert.

Zur Freiwillig­keit gezwungen

Sollten sich alle Unterzeich­nerstaaten an die ab Jahreswech­sel gültige Vereinbaru­ng vom Mittwoch halten, werde der Ölpreis, der am Mittwoch auf über 50 Dollar hochgeschn­ellt war, die Marke von 60 Dollar je Barrel überwinden, so die Investment­bank Goldman Sachs.

Was die Opec betrifft, so hatten Einigungen im Laufe der Jahre immer wieder die Schwäche, dass sie nicht von allen Unterzeich­nern eingehalte­n wurden. Inzwischen hat der über zweijährig­e Preisverfa­ll den Produktion­sländern aber derart zugesetzt, dass die Einhaltung der Vereinbaru­ng wahrschein­licher geworden ist.

Was Russland betrifft, so wird die Förderkürz­ung laut Novak gleichmäßi­g auf alle – auch private – Ölkonzerne verteilt. Ja, die Teilnahme sei zweifellos freiwillig, sagte er: Aber „ich denke, dass alle unsere Unternehme­n daran teilnehmen“.

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[ Reuters ] Anruf genügte: Russlands junger Energiemin­ister Alexandr Novak.
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