Die Spur führt nach Russland
Es war wie ein Wunder, dass sich die Opec am Mittwoch doch auf eine Förderkürzung geeinigt hat. Offenbar dank Anrufen aus Moskau, wie der „Presse“in Regierungskreisen bestätigt wurde.
Wien/Moskau. Die bedeutsame Einigung der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) am Mittwoch in Wien, zum ersten Mal seit 2008 wieder die Förderung zu kürzen, hatte bis zum Schluss auf der Kippe gestanden. Und zwar unter anderem deshalb, weil Saudiarabien, der größte Opec-Förderstaat, unsicher war, wie sich die NichtMitgliedsstaaten verhalten würden, berichtete gestern die Agentur Bloomberg unter Verweis auf anonyme Quellen: Erst als der russische Energieminister, Alexandr Novak, um zwei Uhr in der Nacht, also wenige Stunden vor der entscheidenden Sitzung, dem saudischen Ölminister, Chalid al-Falih, am Telefon zugesichert habe, dass auch Russland die Förderung drosseln und nicht nur deckeln werde, sei der Durchbruch erzielt worden.
Unterzeichnung in Wien?
Die Information stimmt in ihren Grundzügen tatsächlich. Wie nämlich ein hoher russischer Regierungsbeamter, der mit der Angelegenheit vertraut ist, auf Anfrage der „Presse“bestätigte, habe Novak zwar nicht in der Nacht, aber am Vorabend mit Chalid al-Falih ein „wichtiges Telefongespräch“geführt – übrigens auch mit anderen Opec-Vertretern: „Russlands Posi- tion ist für Saudiarabien eine der wichtigsten gewesen“, so der Beamte: „Die Position war mit Präsident Putin akkordiert.“Im Büro von Novak wollte man die Angelegenheit auf Anfrage nicht kommentieren.
Dass auch Kremlchef Wladimir Putin eine Schlüsselrolle gespielt hat, berichtete am Donnerstag Reuters unter Verweis auf informierte Quellen: und zwar bei der Annäherung zwischen den Erzrivalen Saudiarabien und Iran. Laut Reuters habe der Iran am Mittwoch erst eingelenkt, als Putin seinen iranischen Amtskollegen, Hassan Rohani, angerufen hat. Dies würde darauf hindeuten, dass Putins Einfluss im Na- hen Osten tatsächlich gestiegen ist.
Die Opec hatte am Mittwoch beschlossen, die tägliche Förderung um 1,2 Mio. Barrel auf 32,5 Mio. Barrel zu reduzieren, wobei Saudiarabien fast die Hälfte dazu beiträgt. Russland, größter Ölproduzent außerhalb der Opec, sagte zu, täglich um 300.000 Barrel weniger zu fördern. Die Unterschrift dafür steht übrigens aus – und zwar seitens der Minister der Nicht-Opec-Staaten. Als Ort der Unterzeichnung am 9. oder 10. Dezember ist „Presse“Informationen zufolge auch Wien neben Moskau im Gespräch.
Kommt die Einigung für die Opec einer Reaktivierung ihrer Or- ganisation nach achtjähriger Untätigkeit gleich, so ist Moskaus Zusage, die Produktion gemeinsam mit der Opec zu drosseln, ein historischer Schritt. Nach dem Einbruch der Förderung durch das Ende der Sowjetunion hatte man sich ausschließlich auf die Produktionsausweitung verlegt, die derzeit einen postsowjetischen Rekord von täglich 11,21 Mio. Barrel markiert.
Zur Freiwilligkeit gezwungen
Sollten sich alle Unterzeichnerstaaten an die ab Jahreswechsel gültige Vereinbarung vom Mittwoch halten, werde der Ölpreis, der am Mittwoch auf über 50 Dollar hochgeschnellt war, die Marke von 60 Dollar je Barrel überwinden, so die Investmentbank Goldman Sachs.
Was die Opec betrifft, so hatten Einigungen im Laufe der Jahre immer wieder die Schwäche, dass sie nicht von allen Unterzeichnern eingehalten wurden. Inzwischen hat der über zweijährige Preisverfall den Produktionsländern aber derart zugesetzt, dass die Einhaltung der Vereinbarung wahrscheinlicher geworden ist.
Was Russland betrifft, so wird die Förderkürzung laut Novak gleichmäßig auf alle – auch private – Ölkonzerne verteilt. Ja, die Teilnahme sei zweifellos freiwillig, sagte er: Aber „ich denke, dass alle unsere Unternehmen daran teilnehmen“.