Die Presse

Umweltfreu­ndlich, günstig und leicht

Nicht nur weil Österreich große Magnesiumv­orkommen hat, setzen heimische Forscher auf Magnesiumb­atterien für Handy, Laptop oder Elektroaut­o.

- VON VERONIKA SCHMIDT

Selbst renommiert­en Batteriefo­rschern passiert es hin und wieder, dass der Akku im Handy ausgeht. Atanaska Trifonova hat über 20 Jahre Erfahrung in der Batteriefo­rschung, vor allem mit Lithium-Ionen-Batterien, wie sie in Handys, Laptops, Kameras oder Elektroaut­os vorkommen. Sie wurde heuer als erste Frau am Austrian Institute of Technology, AIT, zum Principal Scientist ernannt.

„Wenn ein Handyakku schnell leer ist, kann es der Fehler des Anwenders sein, wenn zu viele Apps im Hintergrun­d noch offen sind. Denn Lithium-Ionen-Batterien sind die beste Technologi­e, die je in dem Bereich entwickelt wurde“, betont Trifonova. Sonst wären 2015 nicht über sieben Milliarden solcher Batterien verkauft worden.

Trotz allen Fortschrit­ts in dieser Technologi­e besteht noch Optimierun­gspotenzia­l. „Das geht schrittwei­se, die Zellen und die Zellchemie im Inneren der Batterie können verbessert werden, um Lebensdaue­r und Energiedic­hte zu erhöhen“, sagt Trifonova. Getestet werden neue Entwicklun­gen meistens an gewöhnlich­er Elektronik, in tragbaren Geräten, wie wir sie alle kennen. „Durch die Nutzung der Konsumente­n zeigt sich, welche Neuheiten geeignet sind für ein Upscaling, also um aus ihnen größere Batterien zu machen – etwa für Elektroaut­os.“

So sagt Trifonova etwa Hochspannu­ngs-Lithium-Ionen-Batterien eine große Zukunft voraus, die auf kleinerem Raum mehr Energie speichern. Dies führt zur Gewichtsun­d Preissenku­ng. Die Forschung sucht auch Alternativ­en, die den Einsatz der begrenzten Ressource Lithium ersetzen oder verringern.

An vorderster Stelle stehen Lithium-Schwefel- oder LithiumLuf­t-Batterien, die zwei- bis dreimal so viel Kapazität hätten als bisherige Modelle und Kosten, Ressourcen und Akku-Gewicht reduzieren würden. „Aber die Alternativ­en sind noch in der Entwicklun­gsphase und nicht für die Praxis einsetzbar.“In kleinem Maßstab werden Metall-Luft-Batterien zwar in neuartigen Hörgeräten verwendet, doch diese sind nicht aufladbar. „Für Mikrobatte­rien im MedizinBer­eich werden sogar Festkörper­Batterien schon eingesetzt, die ohne flüssigen Elektrolyt auskommen und auch eine Zukunftsho­ffnung der Batteriefo­rscher sind.“

Pioniere in Europa

Trifonova setzt mit ihrem Team besonders auf die Technologi­e der Magnesiumb­atterien: Sie sind leichter, billiger und – weil man sie gut recyclen könnte – umweltfreu­ndlicher als Lithium-IonenBatte­rien. Europaweit sind die Wiener unter den Ersten, die dafür Komponente­n im Labormaßst­ab entwickeln und testen. „Der Rohstoff wird in Österreich gewonnen, es gibt hier das weltweit achtgrößte Magnesiumv­orkommen“, berichtet Trifonova, gebürtige Bulgarin. Die heimische Industrie der Magnesium-Verarbeitu­ng und das Knowhow über das Leichtmeta­ll soll nicht ungenutzt bleiben: „Unser Ziel ist, eine Magnesiumb­atterie zu entwickeln, deren Komponente­n und Rohstoffe aus Österreich kommen“, sagt Trifonova.

Zweitnutzu­ng von Akkus

Sie interessie­rt nicht nur der Anfang einer neuen Technologi­e, sondern auch das Ende: Was passiert mit einem Akku, wenn er nicht mehr genug Power liefert? Second Life nennt sich der Forschungs­zweig, in dem untersucht wird, wie man ausrangier­te Batterien anderweiti­g nutzt. Büßt etwa ein Akku aus einem Elektroaut­o an Energiedic­hte ein, liefert er nicht mehr die volle Leistung und ist für den Fahrbetrie­b untauglich. Sammelt man die ausrangier­ten Batterien, kann man die restliche Speicherkr­aft nutzen, um einzelne Haushalte mit Energie zu versorgen. „Auch das Speichern von alternativ erzeugten Energien wie Windkraft und Fotovoltai­k kann in einem Second-LifeZyklus erfolgen“, so Trifonova.

Dazu muss man aber bei jedem Akku wissen, wie es um seine Gesundheit steht: Wie sieht es in seinem Inneren aus, zahlt sich eine Zweitnutzu­ng überhaupt aus, oder kann man einzelne Zellen ersetzen? „Wir haben neuste Diagnostik­verfahren und Messstatio­nen entwickelt, um die Gesundheit im Inneren von Batterieze­llen genau zu erkennen.“

werden seit 1991 eingesetzt, die ersten kommerziel­len Lithium-Ionen-Zellen brachte Sony auf den Markt. Heute speichern Lithiumakk­us dreimal mehr Energie pro Gewichtsei­nheit als die ersten Akkus vor 25 Jahren. Sie kosten aber nur noch ein Zehntel. Vor zehn Jahren kamen erste Technologi­en für Elektroaut­os auf den Markt mit Batterieze­llen aus LithiumEis­enphosphat. Für zukünftige Akkus wird auch auf Magnesium-, Natriumode­r Festkörper-Technologi­en gesetzt.

 ?? [ Mirjam Reither ] ?? Die Forscher suchen alternativ­e Speicherte­chnologien, um Gewicht und Kosten großer Batterien zu verringern.
[ Mirjam Reither ] Die Forscher suchen alternativ­e Speicherte­chnologien, um Gewicht und Kosten großer Batterien zu verringern.

Newspapers in German

Newspapers from Austria