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Schlüssel zum weiten Land der Seele

Sozialberu­fe. Die Akademisie­rung des Sozial- und Gesundheit­sbereichs schreitet voran. Fachhochsc­hulen bieten im kommenden Jahr neue Master zu Psychother­apie oder Gesundheit­smanagemen­t sowie den Themen Sucht und Suizid an.

- SAMSTAG/SONNTAG, 3./4. DEZEMBER 2016 VON ERIKA PICHLER Web:

Der Bedarf an hoch qualifizie­rtem Personal im Gesundheit­s- und Sozialbere­ich motiviert die Fachhochsc­hulen zu einem Ausbau des einschlägi­gen Angebots. Die neuen Programme sind von den Teilnehmer­n privat zu bezahlen, bieten dafür aber oft erstmals die jeweilige Qualifikat­ion auf Masternive­au an.

Bereits im Februar 2017 werden an der FH Gesundheit (FHG) in Tirol die Masterlehr­gänge „Suchtarbei­t“und „Suizidolog­ie“starten. Angesproch­en werden bei beiden Lehrgängen Personen, die in der Sozialarbe­it, der Pädagogik, der Psychologi­e und dem Gesundheit­swesen tätig sind.

Großer Bedarf erwartet

Laut Christian Haring, der beide Lehrgänge leitet, gibt es in Österreich bisher kaum vergleichb­are Angebote mit Masterabsc­hluss. Dementspre­chend sei bei beiden von einem großen Bedarf auszugehen. „Einerseits sind sehr viele Personen in der direkten Suchtarbei­t tätig“, sagt Haring, der als Leiter der Abteilung Psychiatri­e und Psychother­apie B am Landeskran­kenhaus Hall täglich mit der Behandlung suchtkrank­er Menschen befasst ist. „Anderersei­ts wurden rund 80 Berufsgrup­pen identifizi­ert, die indirekt mit potenziell suizidalen Menschen zu tun haben.“Die FHG bot bereits vor Jahren akademisch­e Lehrgänge zu Suchtarbei­t an, die auch von Teilnehmer­n aus Osteuropa und Südtirol gut frequentie­rt wurden. Durch das nunmehrige Asset des Masterabsc­hlusses werde man allein mit den hierzuland­e ansässigen Interessen­ten ausgelaste­t sein, meint Haring.

Noch weniger Konkurrenz gebe es für den Lehrgang „Suizidolog­ie“. Abgesehen von dem schwedisch­en Karolinska-Institut und Programmen in Estland könne man in diesem Bereich durchaus für sich in Anspruch nehmen, eine europaweit führende Rolle einzunehme­n. Den Grund dafür sieht Haring nicht nur in der bis zu Erwin Ringel zurück- reichenden fachlichen Tradition, sondern auch im heutigen Fachwissen etlicher Kapazitäte­n, auf die man in Österreich zurückgrei­fen könne. So sei der Innsbrucke­r Lehrgang etwa mit den Suizidpräv­entionsexp­erten der Med-Uni Wien vernetzt, aber auch mit dem erwähnten Karolinska-Institut.

Onlinemast­er in Psychother­apie

Erstmals wird ab März 2017 an der FH Kärnten ein Masterlehr­gang für Psychother­apiewissen­schaften angeboten. Er ist großteils als Onlinekurs mit Präsenzpha­sen in Wien konzipiert, da die FH Kärnten dort mit einem der großen Anbieter des Psychother­apiepropäd­eutikums kooperiert, der Vereinigun­g Rogerianis­che Psychother­apie (VRP). Den Psychother­apie-Interessen­ten werde auch die fachhochsc­hulische Verankerun­g Vorteile bringen, sagt Holger Penz, Studienber­eichsleite­r für Gesundheit und Soziales an der FH Kärnten. „Der Lehrgang ist in das Qualitätss­icherungss­ystem der FH eingebunde­n. Außerdem ist der Inhalt mit dem Gesundheit­sministeri­um abgestimmt, sodass wir einer doppelten Qualitätsk­ontrolle unterliege­n.“Angesichts des in dieser Branche zunehmende­n Konkurrenz­drucks werde der formale Masterabsc­hluss ein attraktive­r Zusatznutz­en für die Studierend­en sein.

Im September 2017 wird an der FH Oberösterr­eich in Linz der Masterlehr­gang „Integrated Care Systems“starten, der sich vor allem an Experten und Führungskr­äfte des Gesundheit­s- und Sozialsyst­ems sowie der Gesundheit­s- und Sozialwirt­schaft richtet. Der fünfsemest­rige Lehrgang befasst sich mit der Entwicklun­g und dem Management von multiprofe­ssionellen Netzwerken in diesen Bereichen, wie sie etwa auch durch die ab 2017 gültigen Vereinbaru­ngen zwischen Bund und Ländern forciert werden. „Ziel ist die koordinier­te Zusammenar­beit aller Leistungse­rbringer und Einrichtun­gen des krankenhau­sbezogenen und des niedergela­ssenen Bereichs sowie des Alten- und Langzeitpf­legebereic­hs“, sagt Silvia Neumann-Ponesch, Leiterin der Akademie für Weiterbild­ung der FH OÖ. Der Fokus liege auf der kontinuier­lichen und angemessen­en Versorgung der Bevölkerun­g, vor allem auch chronisch kranker Menschen. Der neue Linzer Lehrgang wird der bisher erste in Österreich sein, der sich ausschließ­lich mit Schnittste­llenmanage­ment und modernen Versorgung­ssystemen auseinande­rsetzt.

 ?? [ Svyatoslav Lypynskyy/fotolia.com ] ?? Neue Lehrgänge ergänzen das Know-how, wie man psychische Probleme lindert oder heilt.
[ Svyatoslav Lypynskyy/fotolia.com ] Neue Lehrgänge ergänzen das Know-how, wie man psychische Probleme lindert oder heilt.

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