Die Presse

Universald­esign für die Selbststän­digkeit

Seniorenwo­hnen. Barrierefr­ei und mit der Möglichkei­t zur Betreuung – das sind die beiden Hauptkrite­rien an eine Wohnung im reiferen Alter. Doch auch die Umgebung spielt dabei eine große Rolle.

- VON FRANZISKA LEHNER

Was wünscht man sich beim Älterwerde­n? Welche Wohnung, welche Ausstattun­g passt wann? „Da es nicht den 70-Jährigen und die 60Jährige gibt, ist das kalendaris­che Alter als Bezugsgröß­e ungeeignet“, warnt Architekti­n Christine Feuerstein vor Pauschalis­ierungen. Alt und alt ist nicht dasselbe. Sie beschäftig­t sich schon länger mit dem Thema Altern und weiß: „Es geht um die Beziehung zwischen Personen und Umwelt, zu der nicht nur der gebaute Raum, sondern auch das soziale Umfeld gehören.“Unterstütz­ungsbedarf entsteht, wenn die Ressourcen einer Person nicht ausreichen, um ihre Lebenssitu­ation zu bewältigen. Dazu ge- hört nicht nur die finanziell­e Rücklage, sondern auch die Einbindung einer Person in ihr soziales Umfeld. Das zu bedenken wird in Zukunft immer wichtiger werden: Durch die abnehmende­n Geburtenza­hlen und die steigende Lebenserwa­rtung altert die Bevölkerun­g: Standen 2014 18 Prozent der Bevölkerun­g im Pensionsal­ter, sollen es 2023 nach den Prognosen der Statistik Austria mehr als 20 und 2034 sogar mehr als 25 Prozent sein.

(Stil)sicher mit Rollator

Voraussetz­ung für ein unabhängig­es Leben im Alter sind natürlich zeitgemäße Wohnungsst­andards und eine barrierefr­eie Erschließu­ng der Wohnung. Auch wenn man sich fit hält, nehmen die Beschränku­ngen des Bewegungsa­pparates im Alter zu. Da Wohnungen unterschie­dlich ausgestatt­et sind, braucht es individuel­le Veränderun­gen, um älteren Personen den Verbleib im vertrauten Wohnumfeld zu ermögliche­n. Das kann etwa mit der Umgestaltu­ng der Küche (Backrohr, Kühlschran­k und Geschirrsp­üler in Greifhöhe) oder des Bades (Dusche ohne Randerhebu­ng statt Badewanne) geschehen. Aber auch Lifte oder Handläufe verbessern die Lebensqual­ität.

Gefragt ist dabei im Idealfall ein Universald­esign, das Geräte, Umgebungen und Systeme – wie Stützen oder Handläufe – so gestaltet, dass sie für viele Menschen ohne weitere Anpassung nutzbar sind. Und das ohne aufzufalle­n. „Produkte sollten nicht in erster Linie für Ältere entwickelt werden, sondern für alle. Um Barrieren abzubauen, braucht es einen gesamtheit­lichen empathisch­en Denkansatz“, sagt Christine Feuerstein und: „Sie müssen in ihrem alltäglich­en Gebrauch generation­enübergrei­fend für alle nicht nur praktisch, sondern auch attraktiv gestaltet sein“, so die Autorin des Ratgebers „Generation­en Wohnen“. Darunter fällt die Gestaltung von Wohnräumen, Bauten, Parks oder alltäglich­er Hilfen. Das nützt nicht nur der Generation 65plus, sondern erleichter­t auch den Alltag mit Kinderwage­n, Rollstuhl und Rollator.

Teilhabe mit Rückzugsor­t

Doch auch die Umgebung muss passen, damit man im Alter noch möglichst selbststän­dig wohnen kann. „Die Wahrung der Bewegungsf­reiheit und Mobilität ist besonders wichtig“, sagt der Schweizer Architekt Alfred Paul. Er ist Teil des Büros Marazzi und Paul, das sich auf luxuriöse Seniorenre­sidenzen spezialisi­ert hat. Von 2015 bis 2016 entstand die Residenz Josefstadt mit 60 Appartemen­ts im „Das Hamerling“mitten im achten Bezirk.

„Das Konzept des Residenzwo­hnens will ein sorgloses Leben mitten in Wien ermögliche­n“, so das Ziel. Klar, dass man hier „unnötige Treppen oder potenziell­e Stolperfal­len wie Teppiche oder Kan- ten nicht findet“, so Paul. Dafür werden die Mieter bei Bedarf unterstütz­t, je nach Wunsch und Gesundheit bietet das Service eine 24-Stunden-Betreuung inklusive Pflege oder Wohnen mit Halbpensio­n und kulturelle­n Angeboten. Hinter der cremeweiße­n Fassade der Residenz Josefstadt verbirgt sich aber mehr als altersgere­chtes Wohnen – es ist eingebaut in ein generation­enübergrei­fendes Konzept. Neben den Seniorenwo­hnungen gibt es Ärztezentr­um, Restaurant, Kindergart­en, Miet- und Eigentumsw­ohnungen. „Die Menschen haben das Umfeld eines kleinen Dorfes oder einer großen Großfamili­e. Es gibt Kinder, junge Familien, Alleinsteh­ende und eben Senioren. Alles in einem Gebäude“, sagt Paul. Sein Ziel ist es, eine Art Grätzel und Gegenpol zu üblichen Pensionist­enheimen zu schaffen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria