Universaldesign für die Selbstständigkeit
Seniorenwohnen. Barrierefrei und mit der Möglichkeit zur Betreuung – das sind die beiden Hauptkriterien an eine Wohnung im reiferen Alter. Doch auch die Umgebung spielt dabei eine große Rolle.
Was wünscht man sich beim Älterwerden? Welche Wohnung, welche Ausstattung passt wann? „Da es nicht den 70-Jährigen und die 60Jährige gibt, ist das kalendarische Alter als Bezugsgröße ungeeignet“, warnt Architektin Christine Feuerstein vor Pauschalisierungen. Alt und alt ist nicht dasselbe. Sie beschäftigt sich schon länger mit dem Thema Altern und weiß: „Es geht um die Beziehung zwischen Personen und Umwelt, zu der nicht nur der gebaute Raum, sondern auch das soziale Umfeld gehören.“Unterstützungsbedarf entsteht, wenn die Ressourcen einer Person nicht ausreichen, um ihre Lebenssituation zu bewältigen. Dazu ge- hört nicht nur die finanzielle Rücklage, sondern auch die Einbindung einer Person in ihr soziales Umfeld. Das zu bedenken wird in Zukunft immer wichtiger werden: Durch die abnehmenden Geburtenzahlen und die steigende Lebenserwartung altert die Bevölkerung: Standen 2014 18 Prozent der Bevölkerung im Pensionsalter, sollen es 2023 nach den Prognosen der Statistik Austria mehr als 20 und 2034 sogar mehr als 25 Prozent sein.
(Stil)sicher mit Rollator
Voraussetzung für ein unabhängiges Leben im Alter sind natürlich zeitgemäße Wohnungsstandards und eine barrierefreie Erschließung der Wohnung. Auch wenn man sich fit hält, nehmen die Beschränkungen des Bewegungsapparates im Alter zu. Da Wohnungen unterschiedlich ausgestattet sind, braucht es individuelle Veränderungen, um älteren Personen den Verbleib im vertrauten Wohnumfeld zu ermöglichen. Das kann etwa mit der Umgestaltung der Küche (Backrohr, Kühlschrank und Geschirrspüler in Greifhöhe) oder des Bades (Dusche ohne Randerhebung statt Badewanne) geschehen. Aber auch Lifte oder Handläufe verbessern die Lebensqualität.
Gefragt ist dabei im Idealfall ein Universaldesign, das Geräte, Umgebungen und Systeme – wie Stützen oder Handläufe – so gestaltet, dass sie für viele Menschen ohne weitere Anpassung nutzbar sind. Und das ohne aufzufallen. „Produkte sollten nicht in erster Linie für Ältere entwickelt werden, sondern für alle. Um Barrieren abzubauen, braucht es einen gesamtheitlichen empathischen Denkansatz“, sagt Christine Feuerstein und: „Sie müssen in ihrem alltäglichen Gebrauch generationenübergreifend für alle nicht nur praktisch, sondern auch attraktiv gestaltet sein“, so die Autorin des Ratgebers „Generationen Wohnen“. Darunter fällt die Gestaltung von Wohnräumen, Bauten, Parks oder alltäglicher Hilfen. Das nützt nicht nur der Generation 65plus, sondern erleichtert auch den Alltag mit Kinderwagen, Rollstuhl und Rollator.
Teilhabe mit Rückzugsort
Doch auch die Umgebung muss passen, damit man im Alter noch möglichst selbstständig wohnen kann. „Die Wahrung der Bewegungsfreiheit und Mobilität ist besonders wichtig“, sagt der Schweizer Architekt Alfred Paul. Er ist Teil des Büros Marazzi und Paul, das sich auf luxuriöse Seniorenresidenzen spezialisiert hat. Von 2015 bis 2016 entstand die Residenz Josefstadt mit 60 Appartements im „Das Hamerling“mitten im achten Bezirk.
„Das Konzept des Residenzwohnens will ein sorgloses Leben mitten in Wien ermöglichen“, so das Ziel. Klar, dass man hier „unnötige Treppen oder potenzielle Stolperfallen wie Teppiche oder Kan- ten nicht findet“, so Paul. Dafür werden die Mieter bei Bedarf unterstützt, je nach Wunsch und Gesundheit bietet das Service eine 24-Stunden-Betreuung inklusive Pflege oder Wohnen mit Halbpension und kulturellen Angeboten. Hinter der cremeweißen Fassade der Residenz Josefstadt verbirgt sich aber mehr als altersgerechtes Wohnen – es ist eingebaut in ein generationenübergreifendes Konzept. Neben den Seniorenwohnungen gibt es Ärztezentrum, Restaurant, Kindergarten, Miet- und Eigentumswohnungen. „Die Menschen haben das Umfeld eines kleinen Dorfes oder einer großen Großfamilie. Es gibt Kinder, junge Familien, Alleinstehende und eben Senioren. Alles in einem Gebäude“, sagt Paul. Sein Ziel ist es, eine Art Grätzel und Gegenpol zu üblichen Pensionistenheimen zu schaffen.